Lautertal. Die erste Begegnung blieb unvergessen: Der junge evangelische Pfarrer trifft auf eines seiner jungen Gemeindemitglieder. Und dieses weiß schnell, dass der Pfarrer ihn und seine Meinung ernst nimmt, ihn nicht als „Besserwisser“ in vermeintliche Geheimnisse des Glaubens einweisen will.
Schüler und Pfarrer verstehen sich dann zwei Jahre lang ausgesprochen gut in der evangelischen Diasporagemeinde im Münsterland, in Mesum, das zur Kirchengemeinde Emsdetten gehört. Herbert Loock, heute wohnhaft in Mönchengladbach, war von seinem Pastor Erwin Fahlbusch so beeindruckt, dass er ihm Jahrzehnte später eine über hundert Seiten starke Biografie widmete. Mit ihr wollte er den Lebenslauf des Menschen, Pfarrers und Wissenschaftlers beschreiben.
Herbert Loock ist graduierter Betriebswirt und Diplom-Kaufmann. Er lehrte an der Fresenius-Hochschule in Düsseldorf und an der Hochschule Emden-Leer und war als Unternehmensberater tätig. Unterstützt haben ihn bei dem Werk mit dem Titel „Vom katholischen Täufling zum Hochschullehrer für evangelische Theologie“ auch Familienangehörige, Freunde, Arbeitskollegen und Bekannte aus Bensheim, Heppenheim und Lautertal.
Anspruchsvolle Predigten
Erwin Fahlbusch wurde 1926 in Frankfurt geboren. Sein Vater ist römisch-katholisch, seine Mutter evangelischen Glaubens. Erwin wird katholisch getauft und auch gefirmt, durch den Einfluss der Mutter aber sozialisiert und 1940 konfirmiert. „Mit der Stärke eines plötzlich hereinbrechenden Orkans“ verspürte er danach die Berufung zum Theologen, zum Boten Gottes.
Nach Studium und Promotion arbeitet Fahlbusch für sechs Jahre als Redaktionssekretär für das Evangelische Kirchenlexikon in Göttingen. Ab 1960 wirkt er als Synodalvikar in Mesum. Schon damals wurde in der Kirchengemeinde deutlich, dass Fahlbuschs Predigten „sehr anspruchsvoll und manchmal für uns nicht zu verstehen seien“. Dies setzte sich auch in einer Pfarrstelle in Bochum fort.
Fahlbusch selbst war unzufrieden mit der Entwicklung. Seine theologische Meinung wich immer mehr von der allgemeinen kirchlichen Auffassung ab. Doch gerade daran ist das Konfessionskundliche Institut des Evangelischen Bundes interessiert, und Fahlbusch wechselt 1964 nach Bensheim. Dort ist er bis zu seiner Pensionierung am 31. Mai 1991 als Wissenschaftlicher Referent tätig. Zuständig ist er für den Bereich Catholica und beschäftigt sich mit den Fragen der römisch-katholischen Kirche und der römisch-katholischen Theologie.
Auch hier werden „seine brillanten Bibelkenntnisse“ deutlich und die hohe Qualität seiner wissenschaftlichen Arbeit. Sein Taufverständnis, die Veröffentlichungen über die Kirchenkunde der Gegenwart, das Evangelische Kirchenlexikon mit internationalen Theologen bleibt das theologische Erbe Fahlbuschs und besitzt noch heute eine hohe Bedeutung für die theologische Diskussion.
Nur eine Rolle
Nach Lehraufträgen in Prag, Löwen und Frankfurt nimmt Fahlbusch auch Aufgaben an den Theologischen Akademien in Budapest und Debrecen wahr. Dort wollen die Studierenden mit ihm nicht nur über theologische Inhalte sprechen, „sondern auch über den Menschen Erwin Fahlbusch“, wie der Biograf zu berichten weiß.
Dadurch werde ihm unerwartet ein Spiegel vorgehalten und „er erkannte, dass er seit geraumer Zeit nur noch eine Rolle spielt“. Die Erkenntnis löste Apathie, psychosomatische Krankheiten und wochenlange Arbeitsunfähigkeit aus. Deshalb beschließt Fahlbusch kurz vor seiner Verrentung, das „Rollenspiel“ aufzugeben, seine kommunalpolitische Tätigkeit in Lautertal zu beenden und die Arbeit im Institut auf ein Minimum zu begrenzen. Er zieht nach Frankfurt, später nach Montouliers in Frankreich.
Dort schreibt er Manuskripte, Veröffentlichungen, ein Essay und hält Vorträge. 2007 stirbt Dr. Erwin Fahlbusch und wird in Montouliers begraben. In Lautertal findet eine Trauerveranstaltung auf dem Friedhof in Beedenkirchen statt. Zu Fahlbuschs Gedenken ist dort eine Grabplatte angebracht.
Professor Erwin Fahlbusch
Professor Erwin Fahlbusch war seit 1952 mit Ruth Achinger verheiratet. Mit ihr hat er acht Kinder. Die Familie lebte in Beedenkirchen, wo sie sich ein Haus baute.
Im März 1972 kandidierte er erfolgreich auf der Liste der Bürgervereinigung Lautertal (BVL) für das Gemeindeparlament, bei den Nachwahlen im Herbst dann erfolgreich für die SPD.
1977 wird Fahlbusch zum Vorsitzenden der Gemeindevertretung gewählt. Diese Funktion füllte er auch von 1985 bis 1987 aus.
Besonders verdient machte er sich um die Verschwisterung mit den Partnergemeinden Radlett und Jarnac. he
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lautertal_artikel,-lautertal-pfarrer-und-politiker-erwin-fahlbusch-_arid,1251426.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html
[2] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim.html
[3] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lautertal.html