Reichenbach. Es war ein Gottesdienst ganz nach dem Geschmack von Seelsorger Tilman Pape – mit viel Gospel-Musik, noch dazu gesungen von Menschen, mit denen er die Leidenschaft für das ostafrikanische Land Tansania teilt, nämlich vom Rimbacher Gospel-Chor unter der Leitung von Konrad Dudszus. Am Ende hielt es die Gemeinde nicht mehr auf den Bänken, sondern sie ließ sich von Solist Elisha Mbukwa dazu animieren, mitzusingen und zu tanzen.
Trotz aller Fröhlichkeit markierte der Gottesdienst in der evangelischen Kirche Reichenbach aber auch den Zeitpunkt eines Abschieds, nämlich den von Tilman Pape als Pfarrer für Ökumene und Mission des Evangelischen Dekanats Bergstraße. Pfarrer Stephan Arras, Propst der Propstei Starkenburg, war gekommen, um Tilman Pape zu „entpflichten“: Mit Wirkung zum 1. Januar ist Pape nun Pfarrer im Ruhestand.
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Propst Arras würdigte seinen Kollegen als „Türschwellenexperten“ und meinte das „keineswegs nur spaßig“: So, wie der Silvesterabend die „Türschwelle“ zwischen dem zu Ende gehenden Jahr mit allen seinen Höhen und Tiefen und dem neuen Jahr mit seinen unbekannten Herausforderungen darstelle, gebe es auch im Leben eines Menschen immer wieder solche Schwellensituationen. Das private wie dienstliche Leben von Tilman Pape weise viele solcher Momente auf, die er habe meistern müssen. Der Seelsorger habe sich zudem als „Türschwellenexperte“ in der Begleitung von Menschen erwiesen, die an solchen Schwellen stehen.
Der Silvesterabend als Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung sei von Tilman Pape nicht zufällig gewählt worden. Propst Arras sprach Tilman Pape zum Abschied den Bibelvers „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ (1. Mose 32,37) aus der Jakobsgeschichte zu.
Pape ließ in seiner Predigt über das Bibelwort „Alles hat seine Zeit“ (Prediger 3) seine Zuhörer sowohl an ganz persönlichen Krisen und Glücksmomenten teilhaben, wie er auch auch aktuelle Höhen und Tiefen benannte, die die Menschheit beschäftigen.
„So ist unser Leben: schön und schwer, wunderbar und furchtbar.“ Wenngleich alles seine Zeit habe, rege sich in ihm auch Widerstand gegen diese Feststellung: Mit Blick auf das Böse in der Welt – „in der Ukraine ermorden Christen Christen“ – „möchte ich nicht, dass alles seine Zeit hat.“ Gott indessen wolle er für das Böse in der Welt nicht haftbar machen: „Er gab uns die Zeit – und die Freiheit, sie zu gestalten.“ Seinen Zuhörern wünschte Pape Momente, „in denen Sie die Zeit vergessen und ein Stück Ewigkeit spüren“.
Im Evangelischen Dekanat Bergstraße wird Tilman Pape von seinen Kollegen genauso vermisst werden wie von seinen Mitstreitern des christlich-islamischen Dialogs, den er als Pfarrer für Ökumene und Mission in den vergangenen Jahren genauso ausgebaut hat wie die Partnerschaft mit den Christen in Tansania.
Theologiestudium in Bethel und Heidelberg
Dekan Arno Kreh würdigte seinen scheidenden Kollegen als „zugewandten und zuverlässigen Ansprechpartner“. Eine ausführlichere Würdigung hatte er bereits bei einer Abschiedsfeier mit vielen Weggefährten Mitte Dezember im Heppenheimer Haus der Kirche gegeben.
Als Pfarrer für Ökumene und Mission hatte Tilman Pape 2012 seinen Dienst als Nachfolger von Renatus Keller angetreten, der als Pfarrer nach Lorsch gewechselt war. Der heute 63-jährige Vater von zwei Kindern und Großvater eines Enkels wurde in Berlin geboren, lebte jedoch ab seinem achten Lebensjahr durch einen beruflichen Wechsel seines Vaters in Langen. Nach einem Theologiestudium in Bethel und Heidelberg sowie seinem Vikariat in Groß-Rohrheim hatte er ein Praktikum im Religionspädagogischen Amt in Darmstadt absolviert und war Pfarrer in Bessungen, Egelsbach, Hirschhorn und Seeheim.
Als Pfarrer für Ökumene und Mission hatte Pape kein fertiges und ausgetüfteltes Programm in petto, sondern er kam als guter Beobachter und Zuhörer mit Menschen anderen Glaubens genauso wie mit Konfessionslosen ins Gespräch. „Ich will Menschen kennenlernen, die auf einem anderen Weg Gott suchen. Das geht nur im gleichberechtigten Dialog“, betonte Pape bei seinem Dienstantritt im Haus der Kirche – und so handelte er auch.
Zum interreligiösen und interkonfessionellen Dialog gab es für Pape keine Alternative. Den Dialog auf Augenhöhe suchte er auch in der Partnerschaft des Dekanats Bergstraße mit der Moravian Church in Süd-Tansania. red
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