Felsenmeer

Naturschutzbund fordert mehr Schutz für den Wald am Felsenmeer

Von 
Konrad Bülow
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Der Zustand des Felsbergwaldes ist nicht gut. Mitglieder des Naturschutzbundes Seeheim-Jugenheim fordern ein Umdenken bei der Bewirtschaftung. © Albe

Reichenbach. Als Frank Schwabe noch ein Kind war, gehörte es für ihn und seine Altersgenossen untrennbar zum Alltag, im Wald zu herumzutollen und zu spielen. Heute ist der Balkhäuser ein Mann mittleren Alters – und nach wie vor oft in der Natur unterwegs. Aber etwas hat sich verändert. „Der Wald sieht mittlerweile ganz anders aus als früher“, stellt Schwabe fest. Das Kronendach sei längst nicht mehr so dicht wie zur Jugendzeit. Und seit einigen Jahren prägten trockener Boden und kranke Bäume immer stärker das Bild.

Yvonne Albe besucht ebenfalls regelmäßig den Wald am Felsberg, wenn auch erst seit ein paar Jahren. Doch auch sie hat in dieser kurzen Zeit beobachtet, wie sich der Zustand des Waldgebiets immer mehr verschlechtert. Immer wieder sehe sie Bäume, die offensichtlich bei Forstarbeiten beschädigt wurden. Beim Pressetermin zeigt sie eine große Fläche, auf der zahlreiche Kiefern gefällt wurden. „Weiter Richtung Parkplatz Römersteine wurden Fichten gefällt“, sagt sie.

Lücken schädigen das Ökosystem

Albe und Schwabe engagieren sich im Naturschutzbund (Nabu) Seeheim-Jugenheim. Fehler bei der Forstbewirtschaftung sehen sie als den Grund dafür, dass sich das Bild des Waldes zum Negativen wandelt. „Wenn wir unsere Wälder erhalten wollen, dann müssen wissenschaftliche Erkenntnisse endlich in die forstwirtschaftlichen Methoden integriert werden“, fordert Albe.

Wenn durch die Entnahme von Bäumen Lücken im Wald geschlagen werden, werde das Ökosystem weiter geschwächt. Die Bäume schützten sich gegenseitig vor Wind und Sonne. Würden sie gefällt, dann falle dieser Schutz für die Artgenossen weg: „Es wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, bei der weitere Bäume durch Trockenheit geschädigt werden und absterben. Durch den Klimawandel werden immer mehr Bäume sterben. Wenn die Forstbetriebe alle Bäume fällen, die Schäden zeigen, dann wird nicht mehr viel Wald übrig bleiben. Hier muss ein Umdenken stattfinden.“

Gerade in Buchenwäldern sei ein geschlossenes Kronendach, wie es am Felsberg teilweise nicht mehr vorhanden ist, wichtig. Das zeigten wissenschaftliche Studien. Ansonsten werde der Boden zu sehr erhitzt, was die Pflanzen am Waldboden und die Bäume in der Nähe in Mitleidenschaft ziehe. Auch der Einsatz schwerer Forstfahrzeuge beschädige den Boden, so dass es neue Bäume schwer hätten.

Forstamt weist Kritik zurück

Besonders ärgert die Naturschützer, dass die Forstarbeiten in einem Flora-Fauna-Habitat erfolgen, das eigentlich besonders geschützt werden müsste. „Kein Schutz für ein Naturschutzgebiet“, ist die Überschrift eines achtseitigen Textes, in dem die Nabu-Aktivisten ihre Kritik zusammenfassen.

Dass es dem Wald vor Ort schlecht geht, sagt auch Ralf Schepp, Leiter des zuständigen Forstamts in Lampertheim. Die Vorwürfe gegen seine Behörde weist er aber zurück. „Langanhaltende Trocken- und Wärmephasen in Kombination mit einer Vielzahl von Schadorganismen haben den Wäldern in Hessen in den vergangenen drei Jahren stark zugesetzt.

Insbesondere die in Hessen am stärksten vertretenen Baumarten Buche und Fichte leiden unter der aktuellen Situation“, schreibt Schepp in seiner Antwort auf eine Anfrage dieser Zeitung. Vor allem die Buchen zeigten nun, wie sehr sie unter der Dürre gelitten hätten und stürben ganz oder teilweise mit rasantem Fortschritt ab.

Bei den Eingriffen der Forstarbeiter gehe es in dieser Situation um die sogenannte Verkehrssicherung – also darum, Spaziergänger vor fallenden Ästen oder ganzen Bäumen zu schützen. „Der Wald am Felsberg wird sehr oft von Spaziergängern und spielenden Kindern aus der Region aufgesucht“, gibt der Forstamtsleiter zu bedenken. „Die Sicherheit der Waldbesucher hat unbedingt Vorrang.“

„Schäden nicht zu vermeiden“

Im Bewirtschaftungsplan für diesen Wald werde berücksichtigt, dass es sich bei dem Bereich um ein FFH-Gebiet handelt, versichert Schepp am Telefon. Deshalb sei für Forstarbeiten auch keine gesonderte Verträglichkeitsprüfung nötig. Die Vorgabe sei, dass sich der Zustand des Waldes dort nicht verschlechtern darf.

Auch, dass der Wald PEFC-zertifiziert ist, würdige das Forstamt. Die Forstmaschinen seien nur auf bestimmten Fahrspuren unterwegs, sogenannten Rückegassen, die weniger als zehn Prozent des Bodens ausmachen dürften. Dennoch komme es vor, dass bei den Forstarbeiten Bäume in der Umgebung beschädigt werden. „Das lässt sich nicht vermeiden. Wir versuchen aber, es zu minimieren“, sagt Schepp. Der sich regende Unmut der Bevölkerung sei grundsätzlich verständlich. Das Forstamt werbe aber um Verständnis für die Maßnahmen.

Der Schutz von Spaziergängern ist auch den Aktivisten vom Naturschutzbund wichtig. Ihrer Ansicht nach sollte aber der Wald selbst Priorität genießen – zumal das Betreten des Waldes auf eigenen Gefahr erfolge. Sie verweisen auf Gerichtsurteile, die dies bestätigt hätten. Schilder, mit denen vor waldtypischen Gefahren gewarnt wird, halten sie für sinnvoller als die Fällung von Bäumen.

Viele Hobbyfotografen, die sonst gerne in diesem Gebiet auf die Jagd nach Bildmotiven gehen, unterstützen die Initiative des Nabu Seeheim-Jugenheim. Rückendeckung erhalten Albe und Schwabe auch vom Nabu und dem BUND Bergstraße.

Petition geplant

Auch die Nabu-Gruppe Beedenkirchen unterstützt das Ansinnen. „Was dort geschieht, hat mit Waldpflege nichts mehr zu tun. Es ist eine unverantwortliche Zerstörung unserer Umwelt, dazu noch in einem eigentlich geschützten Gebiet“, schreibt deren Leiter Ulrich Rieckher. Die Naturschützer wollten nun durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit auf die Probleme im Felsberg-Wald aufmerksam machen, kündigte Frank Schwabe an. Wie Albe ergänzt, wollten die Aktivisten demnächst auch eine Petition starten, in der sie die Einstellung jeglicher forstwirtschaftlicher Nutzung im Naturschutzgebiet fordern.

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