Heimatgeschichte

Martin Lipka war der erste Fernfahrer aus Reichenbach

Martin Lipka arbeitete einst für die Firmen Destag in Reichenbach und Bonin in Beedenkirchen.

Von 
Walter Koepff
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Martin Lipka, hier vor 1956, hat unter anderem Randsteine aus Odenwälder Granit bis nach Pirmasens transportiert. Auch für örtliche Landwirte soll er Fuhren übernommen haben. © Walter Koepff

Reichenbach. Wohl einer der ersten Reichenbacher Lkw-Fahrer dürfte dieser etwas müde in die Kamera blickende junge Mann sein. Das Foto zeigt Martin Lipka etwa im Jahr 1922 am Steuer eventuell eines Fahrzeugs der Firma DAAG – Deutsche Last-Automobilfabrik AG aus Ratingen bei Düsseldorf. Das Bild aus dem Besitz von Hildegard Wolf, geb. Lipka, ist in der Neuauflage des Reichenbacher Heimatbuches und in einem Kalender eines Geldinstituts veröffentlicht worden. Leider ist nicht viel über Martin Lipka und seine sicher abenteuerlichen Touren mit einem der ersten Lastwagen in Reichenbach zu erfahren. Geboren wurde er am 29. Januar 1889 in Polen und starb am 18. Oktober 1965.

Mit Steinen beladenes Fahrzeug vom Borstein hinuntergefahren

Nach einer Ausbildung bei dem Industrieunternehmen Mannesmann in Düsseldorf arbeitete er als Fahrer bei der Destag in Reichenbach. Er soll der Einzige gewesen sein, der sich traute, das mit Steinen beladene Fahrzeug vom Borstein hinunterzufahren. Bis ins Dorf soll man damals die quietschenden (Leder?)-Bremsen gehört haben. Wenn das Quietschen aufhörte, war man froh, dass er unten angekommen war. Auch für die Firma Bonin in Beedenkirchen fuhr Lipka schwere Lasten mit dem vollgummibereiften Fahrzeug. Randsteine aus Odenwälder Granit transportierte er bis nach Pirmasens. Auch für örtliche Landwirte soll er Fuhren übernommen haben. Dabei habe er lieber Naturalien als Geld zur Entlohnung genommen.

Den älteren Reichenbachern wird sicher noch in Erinnerung sein, wie Martin Lipka mit einem schweren Langhauber der Firma Mercedes Benz (Typ L 6600) in den End-50er-Jahren samstags seinen Lastzug in den Hof seines Anwesens gegenüber des ehemaligen Konsums an der Nibelungenstraße abstellte. Dazu wurde der Anhänger an die „Schnauze“ des Motorwagens gekoppelt und so rückwärts in den engen Hof rangiert. Der Zugwagen musste daneben ebenfalls rückwärts eingeparkt werden. Heute würden solche Manöver lange Autoschlangen verursachen.

Tanklastwagen diente der Feuerwehr als Übungsobjekt

Sohn Heinrich übernahm das Fuhrunternehmen Anfang der 1960er-Jahre mit einem heckgetriebenen Mercedes-Lastzug (Typ LP 334) und später auch einem Büssing-Lastzug (Typ LU 5/10), beides Frontlenker mit Unterflurmotoren, die ebenfalls an Sonntagen nebeneinander in dem engen Hof parkten. Mit den Fahrzeugen wurden unter anderem Pappen der Firma Tempel für Schreibmaschinenkoffern oder Schuheinlagen transportiert.

Auch ein Tanklastwagen gehörte einst zum Fuhrpark. Dieser diente der Feuerwehr bei einer Demonstrationsübung 1967 als Übungsobjekt auf dem Reichenbacher Marktplatz. Wann das Reichenbacher Transportunternehmen seinen Betrieb gänzlich einstellte, konnte leider nicht genau festgestellt werden.

Mit diesen beiden Fahrzeugen, einem heckgetriebenen Mercedes-Lastzug und einem Büssing-Lastzug, wurden unter anderem Pappen der Firma Tempel für Schuheinlagen oder Schreibmaschinenkoffern transportiert. Beide Fahrzeuge standen immer nebeneinander im engen Hof von Martin Lipka. © Walter Koepff
Dieses Bild, das in der Neuauflage des Reichenbacher Heimatbuchs erschienen ist, zeigt Martin Lipka etwa im Jahr 1922 am Steuer eventuell eines Fahrzeugs der Firma DAAG. © Walter Koepff

Freier Autor Nach Anfängen bei der Schülerzeitung "Kurfürst" des Bensheimer Alten Kurfürstlichen Gymnasiums (AKG), Freier Mitarbeiter bei der Lindenfelser Wochenzeitung "Samstag", 1971 Wechsel zum Bergsträßer Anzeiger. Pressemäßig in Wort und Bild in Lautertal tätig.

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