Bürgermeisterwahl - Herausforderer Olaf Gries scheitert mit seinem Versuch, Amtsinhaber Jürgen Kaltwasser aus dem Amt zu drängen

Knapp vorbei ist auch daneben

Von 
Thorsten Matzner
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Sieger und Verlierer: Olaf Gries (rechts) gratuliert am Sonntagabend im Lautertaler Rathaus Bürgermeister Jürgen Kaltwasser zu seiner Wiederwahl.

© Lotz

Lautertal. Es war eine lange Wahlnacht im Lautertaler Rathaus. Erst kurz vor Mitternacht wusste Bürgermeister Jürgen Kaltwasser (SPD), dass er seinen Job behalten kann. Schon vorher hatte Wahlleiterin Silke Acquaro mit einem Ergebnis nicht vor 24 Uhr gerechnet - und so kam es dann (fast) auch.

Eine Tendenz war allerdings schon früher absehbar. Wobei die ersten Zahlen für Kaltwassers Herausforderer Olaf Gries durchaus Hoffnungen verhießen. Denn in den Höhengemeinden - traditionell eher der CDU zugewandt - konnte Gries punkten: Mit 57,3 Prozent "gewann" er die Wahl dort sogar.

Große Bezirke an Kaltwasser

Die großen Wahlbezirke gingen dann aber überwiegend an Kaltwasser. Sogar Gadernheim und Raidelbach votierten mit 63,7 Prozent deutlich für den Amtsinhaber. Das war eher nicht zu erwarten, denn die beiden Orte sind durchaus keine sichere Bank für die SPD, wie die Ortsbeiratswahlen in den vergangenen Jahren immer wieder zeigten.

Eine unangenehme Überraschung für den Bürgermeister waren die Ergebnisse in Beedenkirchen und Elmshausen. In Beedenkirchen erhielt Jürgen Kaltwasser wie Olaf Gries genau 215 Stimmen. In Elmshausen lag er mit 295 Stimmen nur um eine vorne.

Kaltwasser sagte gestern auch freimütig, er habe das so nicht erwartet. Gerade in Elmshausen habe die Gemeinde in den vergangenen Jahren viel getan, werde viel investiert - auch künftig im Rahmen der Dorferneuerung. Hier habe er sich mehr Zuspruch erhofft. In Beedenkirchen sah der Verwaltungschef die seit Jahren geplante Sanierung der Friedhofshalle als einen Grund. Das Projekt will einfach nicht vorankommen, was kurz vor der Wahl bei einem Ortstermin wieder thematisiert wurde.

Miese Stimmung auf dem Friedhof

Diese Beobachtung bestätigte auch Olaf Gries. Der CDU-Politiker, der als unabhängiger Kandidat angetreten war, sagte, bei dem Termin auf dem Friedhof habe eine ungute Stimmung geherrscht. Woran sein gutes Abschneiden in Elmshausen lag, konnte er aber auch nicht erklären. Es freue ihn aber natürlich, dass er in diesem Ortsteil so gut angekommen sei.

Gries ist mit seinem Ergebnis insgesamt durchaus zufrieden. Er sei gegen einen Amtsinhaber angetreten, das sei "eine schwierige Sache". Da seien die 44,1 Prozent respektabel.

Wahlentscheidende Themen sah Gries nicht. Er habe bewusst darauf verzichtet, Kontrapunkte bei den Sachthemen zu setzen - auch bei der Windkraft, obwohl sich hier ein Anti-Wahlkampf angeboten hätte. Es habe sich unter dem Strich gezeigt, dass diese großen Themen - wie auch die Wasserversorgung - die Bürger auch gar nicht so sehr aufregten, wie etwa die Randfrage, wie lange nachts die Straßenbeleuchtung angeschaltet sein sollte.

Dauerstreit im Parlament

Er hoffe, er habe ein wenig Bewegung in die Lautertaler Kommunalpolitik gebracht, sagte Gries weiter. Das Verhältnis zwischen den Parteien in der Gemeinde sei sehr schwierig. "So geht man als ehrenamtliche Politiker nicht miteinander um", sagte Gries mit Blick auf den Dauerstreit zwischen dem rot-grünen Lager und CDU und UBL in der Lautertaler Gemeindevertretung.

Ob sich Gries' Hoffnung erfüllen wird, dass das Wahlergebnis zu einem Umdenken führt, war gestern noch nicht absehbar. Da die Gemeindevertretung nicht zur Wahl stand, wird sich zumindest an den Verhältnissen dort nicht automatisch etwas ändern. Die Probe aufs Exempel gibt es vielleicht schon in wenigen Tagen, denn die CDU hat eine Sondersitzung zum Thema Windkraft beantragt, die in der kommenden Woche stattfinden könnte.

Bürgermeister Kaltwasser sagte gestern offen, er habe sein Ziel bei der Wahl nicht erreicht. Beim BA-Wahlforum hatte er 60 Prozent als Wunsch-Wahlergebnis genannt. Nun wurden es "nur" 55,9 Prozent. Für den Wahlausgang ist das allerdings nicht entscheidend.

Kaltwasser bekräftigte auch, er werde sich nun wie angekündigt um die Umsetzung der Haushaltssanierung kümmern. Das Rettungsschirm-Konzept könnte seiner Meinung nach ebenfalls negativ auf sein Ergebnis durchgeschlagen haben. "Da macht man sich nicht unbedingt Freunde damit." Es seien immerhin große Bevölkerungsgruppen von neuen Belastungen betroffen, darunter die Eltern und die Gastronomen.

Gries will sich zu Wort melden

Kaltwasser kehrte gestern als alter und neuer Chef ins Rathaus zurück, während Olaf Gries schon wieder an seinem Arbeitsplatz bei einer Bausparkasse in Heppenheim anzutreffen war. Der wiederum will sich auch künftig nicht aus der Lautertaler Politik heraushalten. Er werde seine Erfahrungen aus den 1800 Hausbesuchen im Rahmen des Wahlkampfes weitergeben, sagte Gries. Und schloss nicht aus, sich ab und an zu politischen Themen in der Gemeinde zu Wort zu melden - insbesondere wenn es solche aus dem Wahlkampf sind.

Amtseinführung im Dezember

Die vierte - und definitiv letzte - Amtszeit von Jürgen Kaltwasser beginnt am 18. Januar. Es werde dazu "keine Showveranstaltung" geben, kündigte der Verwaltungschef an. Eine Amtseinführung im großen Stil sei nur nach der ersten Wahl sinnvoll. Daher sei geplant, die Urkunde im Rahmen der letzten Sitzung der Gemeindevertretung in diesem Jahr zu übergeben. Anschließend wird ohnehin gefeiert: beim Parlamentarischen Abend.

Ein Signal an Rot-Grün

Alle Achtung, Herr Gries! Der Wahlausgang in Lautertal am Sonntag ist durchaus ein Erfolg für den Herausforderer. Aus dem Stand 44 Prozent der Stimmen zu holen gegen einen "alten Hasen" wie Jürgen Kaltwasser, das ist schon etwas.

Für den Einzug ins Rathaus hat es nicht gereicht, aber die Zeit war auch knapp. Nur gut 60 Tage hatte der CDU-Mann aus Bickenbach, um die Lautertaler für sich zu gewinnen. Das Wahlergebnis ist ein Signal an den Bürgermeister und die ihn tragenden Fraktionen. Die Bürger nehmen längst nicht alles hin, was ihnen als "alternativlos" verkauft wird. Jürgen Kaltwasser ist - so gesehen - nicht Angela Merkel.

Entschieden wurde die Wahl nicht über die großen Themen. Die Windkraft-Debatte plätschert vor sich hin, auch wenn die CDU stets aufs Neue versucht, die Bürger gegen die Baupläne aufzubringen. Olaf Gries hat sich dafür nicht einspannen lassen. Auch er würde Windkraftanlagen zulassen, wenngleich auch nicht an den Stellen, an denen sie für SPD und GLL akzeptabel sind.

Gries hätte das Thema für sich nutzen und sich als letztes Bollwerk vor dem Rotorenbau darstellen können. Er hat gut daran getan, das zu lassen. Schon deshalb, weil bis zur Amtseinführung im Januar schon alles eingetütet sein kann. Und weil SPD und GLL weiterhin in der Gemeindevertretung eine Mehrheit haben - und sie gerade bei diesem Thema nutzen werden.

Vielleicht aber hilft der Warnschuss an die Regierungsmehrheit dabei, die neu erstandenen Lautertaler Verhältnisse schnell wieder zu begraben. Dann hätten alle Bürger bei dieser Wahl gewonnen.

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