Reichenbach. Zwar wird die Reichenbacher Feuerwehr immer wieder zu notwendigen Einsätzen gerufen. Jeglicher Übungsbetrieb und alle Vereinsaktivitäten ruhen jedoch derzeit. In einem Pressegespräch schilderte Wehrführer Peter Karn (Bild: Koepff) die Situation der Freiwilligen Feuerwehr Reichenbach während all der Einschränkungen durch Corona.
So war die Zahl die Einsätze für die rund 41 aktiven Feuerwehrleute im Jahr 2020 mit 72 Alarmierungen relativ hoch. Im folgenden Jahr waren es zehn weniger. Schwerpunktmäßig war man wieder im Felsenmeer, meist mit der Bergung von verunglückten Personen, beschäftigt. Ferner wurde die Wehr in den vergangenen beiden Jahren zu kleineren Bränden und technischen Hilfeleistungen gerufen.
Um Ansteckungen mit dem Coronavirus zu vermeiden, organisiert man die Einsatzkräfte in festen Teams, die immer zusammen ausrücken. Bei allen Einsätzen und Übungen, sofern diese überhaupt möglich sind, werden die jeweils gültigen Hygienemaßnahmen eingehalten. So müssen alle im Einsatz FFP2-Masken tragen und sich testen lassen. All das muss zudem dokumentiert werden.
Der Übungsbetrieb wurde zeitweise in Kleingruppen aufrechterhalten. Je nach Erlasslage des Landes Hessen mussten sowohl der Übungsbetrieb der Wehr als auch die Arbeit mit dem Feuerwehrnachwuchs zeitweise gänzlich eingestellt werden. Entsprechend der momentanen Situation befindet sich auch die Lehrgangsausbildung im Ruhestand. Ganz schmerzlich sei, so Wehrführer Karn, dass für neue Mitglieder nicht einmal ein Grundlehrgang angeboten werden könne. Dennoch freue man sich über jede Verstärkung der Wehr, ob aktiv oder passiv. Interessenten könnten sich auf der Homepage der Reichenbacher Wehr (ffw-lautertal-reichenbach.de) informieren. Dort kann auch eine Beitrittserklärung heruntergeladen werden.
Fortschritte am Gerätehaus
Dass die Reichenbacher Wehr unter Coronabedingungen keine Däumchen dreht, zeigen die Fortschritte im Ausbau der neuen Fahrzeugbox am Gerätehaus. Deren Fertigstellung erfolge überwiegend in Eigenarbeit. So wurde das Verputzen der Wände sowie das Fliesen des Sockels von Feuerwehrleuten erledigt. Bei der Elektroinstallation gab es Unterstützung von einer Lautertaler Fachfirma. Eine gebührende Einweihung der neuen Halle wird Corona bedingt wohl noch eine Weile auf sich warten lassen müssen.
Auch im Fuhrpark gibt es zwei Neuerungen bei der Reichenbacher Wehr. So kann man seit einiger Zeit einen allradgetriebenen VW Tiguan als Einsatzleitwagen (ELW) den übrigen Einsatzfahrzeugen zur Einsatzstelle vorauseilen sehen. Das per Dieselmotor angetriebene Allradfahrzeug wurde 2016 gebaut und 2020 zu einem Feuerwehreinsatzfahrzeug von einer Fachfirma und von Kräften der Reichenbacher Wehr in Eigenhilfe zu einem sogenannten Sonderfahrzeug umgebaut. Um das Fahrzeug flexibel zu nutzen, wurden die notwendigen Ausrüstungsgegenstände in Werkzeugboxen im Heck untergebracht. Damit konnte der bis dahin übergangsweise genutzte ELW auf Suzuki-Basis ausgemustert werden.
Das zweite „neue Pferd im Stall“ der ist ein Mannschaftstransportwagen (MTW), der wie das 17 Jahre alte Vorgängerfahrzeug durch den Reichenbacher Feuerwehrverein finanziert wurde. Die Neuanschaffung war durch einen nicht mehr wirtschaftlich reparierbaren Schaden des bisherigen MTW früher als geplant notwendig geworden, wodurch die Rücklagen des Vereins gänzlich aufgebraucht wurden. Auch dieses Fahrzeug ist wegen der häufigen Einsätze bei Matsch und Schnee im Felsenmeer allradgetrieben. Diese Anforderung an den MTW machte die Suche nach einem gebrauchten Fahrzeug äußerst schwierig, da, so Karn, der Markt an Allradfahrzeugen leergefegt sei.
Sorgen um die Jugendabteilung
Dank der intensiven Bemühungen seines Stellvertreters Jan Henrik Humpert gelang es dennoch, ein derartiges Auto zu ergattern. Bei dem Gefährt handelt es sich um einen VW T6 2.0 TDI 4motion Baujahr 2018, das von einer Brandschutztechnikfirma fertig ausgestattet worden war. Vor der Auslieferung an die Reichenbacher Wehr erfolgten noch einige Anpassungen am Innenausbau. Auch hier ist die Beladung im Heck überwiegend in flexiblen Werkzeugboxen untergebracht.
Neben der Einsatzabteilung gibt es bei der Reichenbacher Wehr rund 440 Fördermitglieder und zwölf Angehörige der Alters- und Ehrenabteilung. Alle zusammen gehören zum Feuerwehrverein, der sich nicht nur zur Aufgabe gemacht hat, neben der Gemeinde, die Einsatzabteilung finanziell zu unterstützen, sondern auch die Geselligkeit rund um die Feuerwehr zu pflegen. Das geschieht unter normalen Bedingungen etwa in Form von Kameradschaftsabenden, Ausflügen, Wanderungen, 1. Mai-Feiern, Grillfesten, Gaggel-Turnieren oder Besuchen bei der Partnerfeuerwehr in Reichenbach im Spessart. Fest verankert im dörflichen Leben sind die Frühschoppen zum Kerwemontag oder Tage der offenen Türen. All das ist, wie der Vorsitzende des Feuerwehrvereins, Fabian Eckstein (Bild: Koepff), bedauert, aus den bekannten Gründen komplett gestrichen, was nicht nur der Zusammenarbeit der Einsatzkräfte, sondern auch dem Zusammenhalt in der Feuerwehrfamilie abträglich ist. Darüber hinaus fallen die für die Arbeit der Wehr wichtigen Einnahmen weg.
In einer Online-Vorstandssitzung versuchte man, eine Jahreshauptversammlung des Reichenbacher Feuerwehrvereins unter den gültigen Hygienebedingungen zu organisieren. Der Rechenschaftsbericht des Vorstandes müsse möglichst bald den Mitgliedern vorgelegt und der Vorstand entlastet werden, so Eckstein.
Auch der Feuerwehrnachwuchs leidet unter Corona. Wie Jugendfeuerwehrwart Daniel Noller (Bild: Koepff) bilanzierte, konnte in den letzten zwei Jahren leider fast kein Jugendfeuerwehrdienst durchgeführt werden. Daher gebe es wenig zu berichten und mindestens bis in den Februar werde sich da wenig ändern. Online-Unterricht sei keine echte Alternative. Nur Theorie zu vermitteln sei nicht sein Ding. Feuerwehr sei ein Hobby, das man selbst erleben, „anfassen“ müsse und nicht nur theoretisch abgehandelt werden sollte, so Noller, der seit 2016 das Amt des Jugendfeuerwehrwartes mit viel Engagement ausübt. Ihm zur Seite stehen sein Stellvertreter Mirko Cieslak sowie das Betreuerteam mit Katrin Moritz, Lukas Külper, Wolfgang Meckel und Tobias Moritz. Von den momentan zwölf Jugendlichen in der Jugendfeuerwehr, denkt Noller, werde man leider drei bis vier verlieren, da sich die Interessen in der langen Pause stark geändert haben können.
Noller macht sich große Sorgen um den Fortbestand der Jugendfeuerwehr. Wenn es nicht bald andere Lösung gebe, als ständig den Betrieb einzustellen, dann müsse man sich um die Jugendarbeit keine Gedanken mehr machen, denn dann habe man nämlich keine mehr.
Wer sich über die Kinder- oder Jugendfeuerwehr informieren möchte, der könne dies unter lautertal.de tun. Noller weist noch auf die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme per E-Mail unter JF-Reichenbach@web.de hin. Auch auf facebook ist die Jugendfeuerwehr Reichenbach vertreten.
Feuerwehr appelliert an Radfahrer
Mit einer Notiz auf ihrer Internetseite mahnt die Reichenbacher Feuerwehr mehr Rücksicht von Fahrradfahrern an. „Wenn ein Einsatzfahrzeug hinter euch herfährt, wie heute die Feuerwehr mit Martinshorn und Blaulicht, dann macht doch bitte Platz“, heißt es in dem Aufruf.
Die Feuerwehrleute bitten die Radler, sich nicht die Ohren zuzuhalten und nicht nebeneinander herzufahren. Es gehe nicht darum, jemanden zu ärgern: „Wir wären ja sehr gern an euch einfach vorbeigefahren, aber um die Kurve können wir leider auch nicht gucken.“
Die Bitte der freiwilligen Helfer lautet: „Einfach kurz stehen bleiben oder neben ranfahren. Nicht nur die Feuerwehr wird es euch im Ernstfall danken.“ red/koe
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