Lautertal. Am kommenden Mittwoch werden sich die Fraktionen der Gemeindevertretung mit dem Gemeindevorstand erstmals treffen, um zu beraten, wie es mit den Finanzen weitergehen soll. Die Beratungen stehen vor dem Hintergrund sinkender Einnahmen, vor allem aber steigender Ausgaben und größerer Investitionen in den kommenden Jahren.
Während alle Fraktionen ihre Bereitschaft bekundet haben, an dem Treffen hinter verschlossenen Türen teilzunehmen, machte die SPD deutlich, dass dabei nichts entschieden werden könne. Dies müsse transparent in einer öffentlichen Sitzung geschehen.
In der abschließenden Haushaltsberatung in der Gemeindevertretung wurde zudem deutlich, dass von einem gemeinsamen Handeln noch nicht die Rede sein kann. Dies soll aber am Ende der neuen Beratungen herauskommen. In der Etatdebatte ging es zwar weniger rau zu als in vergangenen Jahren. Dennoch konnten sich die Gemeindevertreter nicht zu einheitlichen Beschlüssen zusammenfinden. Bei der Endabstimmung über den Etat 2025 enthielten sich SPD und Grüne. Das Investitionsprogramm lehnten die Grünen ab. Zuvor waren sie mit zwei Anträgen an der Mehrheit von CDU und LBL gescheitert. So wurde sowohl eine Anhebung der Gewerbesteuer auf 420 Prozent abgelehnt wie auch ein Sperrvermerk für die 155.000 Euro, die im Haushalt für den Bau eines Wetterschutzes auf dem Friedhof in Knoden vorgesehen sind.
Wieder Debatte um die Wetterschutzhalle in Knoden
Dabei kann sich auch die Bürgerliste eine „Anpassung“ der Gewerbesteuer vorstellen, wie Silvia Bellmann sagte. Sie wies gleichzeitig darauf hin, dass die Unternehmen bereits einen „wertvollen Beitrag“ leisteten. Die Erhöhung der Grundsteuer B bereits im Dezember verteidigte Bellmann hingegen. Lautertal sei dabei maßvoll vorgegangen. Andernorts seien die Sätze aus der alten Berechnung einfach übernommen worden. Bellmann schloss aber weitere Erhöhungen nicht aus.
Um die drohenden Kostensteigerungen abzumildern, sei mehr Digitalisierung ebenso nötig wie mehr kommunale Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“. Bellmann forderte aber Veränderungen in der Verwaltung zur Effizienzsteigerung und einen anderen „Führungsstil“. Das Bauamt müsse gestärkt werden wegen der bevorstehenden Bauprojekte und der Notwendigkeit, über Neubaugebiete und neue Gewerbeflächen weitere Steuern zu generieren.
Statt an dem Bau der Wetterschutzhalle in Knoden herumzumäkeln, müsse es für die Friedhöfe ein modernes Management geben, um die Kosten zu senken. Auch bei den Kindergärten erwartet Bellmann Einsparungen durch mehr Transparenz bei den Kosten vonseiten der Evangelischen Kirche. Zudem könne man die Trägerschaft der Kindergärten neu ausschreiben.
Tobias Pöselt (SPD) hielt von letzterem wenig. „Es gibt keinen Wettbewerb bei den Kindergärten.“ Die Gemeinde könne froh sein, dass sie einen Träger habe und die Arbeit nicht selbst machen müsse. Bei den Friedhöfen habe die Gemeinde das Problem, dass es zu viele Flächen und Einrichtungen gebe, die unterhalten werden müssten. Das lasse sich nicht durch den Kauf eines Computerprogramms ändern.
Das Bauamt personell zu verstärken, werde Geld kosten. Für die bisher angebotene Entlohnung werde sich niemand finden.
Schuldenstand bald wieder bei 15 Millionen Euro?
Pöselt wies darauf hin, dass der Schuldenstand der Gemeinde demnächst 15 Millionen Euro erreichen werde. 2012 seien es schon einmal 18 Millionen gewesen, bevor die Summe auch wegen der Hilfe des Landes Hessen auf acht Millionen gesunken sei. Seitdem sich die Entwicklung verschlechtere, sei die LBL „viel leiser geworden. Sie sind an Ihre Grenzen gelangt.“ Es zeige sich, dass die Bürgerliste nun vor den gleichen Problemen stehe wie früher SPD und Grüne.
Die „groß versprochene Konsolidierung“ drohe zu scheitern, auch wegen des „Fehlers“, 2022 die Grundsteuer zu senken, so Pöselt. Die im Dezember von CDU und LBL beschlossene neuerliche Anhebung der Steuer sei nun nicht ausreichend, der Hebesatz werde vermutlich bald über 1000 Punkte steigen müssen.
Pöselt forderte eine „ehrliche Kommunikation“ gegenüber den Ortsbeiräten. Die Priorität müsse auf den Pflichtaufgaben liegen, darunter der Bau des Kindergartens in Elmshausen. Für eine Wetterschutzhalle in Knoden sei kein Geld da. Zumal ein solches Projekt dazu führen werde, dass die Friedhofsgebühren weiter angehoben werden müssten.
Hartmut Krämer (CDU) verwies darauf, dass die Grundsteuer-Erhöhung im Dezember den Fehlbedarf für dieses Jahr um 200.000 Euro verringere. Zudem sei es so möglich, dass weitere Steuererhöhungen geringer ausfallen könnten.
Krämer schlug vor, eine Zehn-Jahres-Planung für die Investitionen einzuführen. Die Projekte müssten auf mehr Zeit verteilt werden, damit die Gemeinde sie stemmen könne. Da Lautertal im Jahr etwa eine Million Euro erwirtschaften müsse, um auf der sicheren Seite zu sein, müssten die Einnahmen steigen. Dazu sei zum Beispiel mehr Wohnraum nötig, um mehr Steuerzahler zu haben.
Lautertal müsse einen „großen Investitionsstau“ bewältigen. Daher würden die Schulden noch deutlich weiter ansteigen. Andererseits müsse die Gemeinde sich um ihre Liegenschaften kümmern, sonst werde es noch teurer.
Lindenfels als Vorbild gelobt
Krämer forderte die anderen Fraktionen zur Zusammenarbeit und zu Kompromissen auf. Der Blick zurück sei nicht hilfreich, um die Probleme anzugehen. „Es gibt keinen Platz für politische Spielchen.“
Die Kritik der Grünen in dieser Zeitung, LBL und CDU setzten „Wunschprojekte“ durch, wies Krämer zurück. Es handele sich um „notwendige Investitionen“. Was die Kosten für die fünf Friedhöfe angeht, riet er zum Blick über die Grenze: Die Gemeinde Modautal habe weniger Einwohner als Lautertal. Sie schaffe es aber, zehn Friedhöfe zu unterhalten.
Olaf Harjes (Grüne) forderte „konkrete Vorschläge“ zur Sanierung des Haushalts. Die LBL habe sich „mutlos und ideenlos“ präsentiert und zwar viele Ideen auf den Tisch gelegt, aber wenige konkrete Punkte dazu. In der Beratung des Haushalts 2025 sei „nicht ansatzweise“ Geld gespart worden. Das sei in Lindenfels anders, wo die Stadtverordneten aus dem Etat für dieses Jahr über eineinhalb Millionen Euro gestrichen hätten. Und auch in Bensheim werde im Vergleich viel mehr auf den Prüfstand gestellt.
Im Investitionsplan hätten Ausgaben von Höhe von rund 500.000 Euro gestrichen werden können, sagte Harjes. Stattdessen seien lediglich Ausgaben für den Kindergarten-Neubau auf die Folgejahre verschoben worden. LBL und CDU reagierten zu langsam. So sei die Erhöhung der Friedhofsgebühren fünf Jahre lang hinausgeschoben worden. Das habe Lautertal 500.000 Euro gekostet. Bis zu 80.000 Euro müsse Lautertal pro Jahr dafür bezahlen, dass die LBL eine gut funktionierende Zusammenarbeit mit der Stadt Bensheim bei der Ordnungspolizei zerstört habe.
Dass der Wetterschutz für den Friedhof in Knoden immer noch als notwendig angesehen werde, habe „Symbolcharakter“ für die Arbeit von CDU und LBL. Dabei sei rund 400 Meter vom Friedhof entfernt das Dorfgemeinschaftshaus in Schannenbach gelegen, wo die Trauerfeiern abgehalten werden könnten. Das sei auch nicht weiter als der Weg von der evangelischen Kirche in Reichenbach auf den neuen Friedhof. Harjes kritisierte auch, dass vor zwei Jahren die Initiative des SPD-Gemeindevertreters Albrecht Kaffenberger nicht aufgenommen wurde, die Halle mit den Bürgern in Eigenhilfe zu bauen.
Kritik an den Kosten für die XXL-Bank
Dass die Grundsteuer schon im Dezember erhöht worden sei, habe dazu beigetragen, im Finanzausschuss nicht nach Einsparungen zu suchen. Der „Schnellschuss“ sei erfolgt, „um weiter Investitionen im Gießkannenverfahren zu ermöglichen“, kritisierte Harjes.
Peter Rohlfs kritisierte die Ausgaben für die vom Jugendrat geplante XXL-Bank an der Hutzelstraße. Der Ausbau der Straße sei als nicht wichtig angesehen worden. Jetzt aber solle für viel Geld dort eine Holzbank aufgestellt werden, „die unsere Leute nicht brauchen“.
Frank Maus sagte, die Haushaltsrede von Silvia Bellmann biete „Chancen“, über die ab der kommenden Woche gesprochen werden müssten. Insgesamt sei die LBL aber ideenlos. Die Bürgerliste habe zwar die gute Entwicklung der vergangenen Jahre für sich reklamiert, neue Impulse setze sie aber nicht.
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