Gadernheim. Vorbeugen ist besser als heilen – das trifft auch auf ein Projekt zur Gewaltprävention, „Prävention im Team“ (PiT), zu. Seit 2018/2019 gibt es dieses ebenfalls an der Mittelpunktschule (MPS). Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, an dem die MPS mit zwei Lehrkräften, aktuell Jessica Deubert und Florian Braun, der Polizei mit Martin Runzheimer und der Jugendförderung im Lautertal mit Aster Walter beteiligt sind. Ferner hat Günther Wolf im Rahmen der Teilhabeassistenz das Programm begleitet.
Die Projekttage gliedern sich in die Schwerpunkte „Kennenlernen“, „Regeln“, „Gefühle“ und „Gewalt“, danach geht es mit Formen und Wahrnehmung von Gewalt weiter. Es folgen zwei Tage, die sich mit dem Konflikteinstieg und -ausstieg befassen und am letzten Projekttag steht das Thema angemessenes Helferverhalten im Fokus.
Am ersten der fünf Termine standen nun für die zwei 7. Klassen eher die theoretischen Punkte im Vordergrund, unter anderem die Regeln wie „Keine Beleidigung“, Konzentration, Umgang mit anderen, das Bauchgefühl und die Kommunikation mit dem Gegenüber.
Polizist Martin Runzheimer berichtete aus Berufsalltag
Die Schüler bekamen anfangs die Aufgabe, verschiedene Gefühlszustände in „positiv“, „neutral“ und „negativ“ einzuordnen. Positiv besetzt waren unter anderem „fröhlich“, „dankbar“, „begeistert“ und „stark“. Negativ besetzt waren „zornig“, „mürrisch“, „zitternd“, „wütend“ und „Schmerz“.
Aktiv gefragt waren die Schüler auch beim Emoji-Spiel. Hier ging es darum, dass die Schüler anhand eines gezogenen Emojis per Mimik den anderen in der Klasse signalisieren sollten, in welchem Zustand sie sich emotional befinden.
„Jeder nimmt Gefühle ganz anders wahr“, erklärte Lehrerin Jessica Deubert. Gefühle haben auch mit dem berühmten Bauchgefühl viel zu tun, so Kriminalhauptkommissar Martin Runzheimer von der Polizeistation Bensheim, der im weiteren Verlauf aus dem Nähkästchen plauderte und als Polizist von so mancher teils durchaus brisanten Situation erzählte und damit über sein wichtiges Bauchgefühl in seinem Beruf.
„Wer von euch hat dieses Bauchgefühl schon einmal hautnah erlebt?“, fragte er in die Runde und einige konnten spontan ziemlich genau Situationen dazu schildern. Ein Bauchgefühl habe jede und jeder, so Runzheimer. „Damit können wir eine Situation besser einschätzen“, erläuterte der Kriminalhauptkommissar. Das sei auch ganz wichtig für die Menschen, denn das Bauchgefühl signalisiere, ob es eine Gefahr gebe oder eher nicht. Das Bauchgefühl sei damit ein wichtiger Schutzmechanismus. Man konnte quasi die Stecknadel im Raum fallen hören, als der Polizist von seinem Berufsalltag erzählte und davon, als das Bauchgefühl für ihn und seine Kollegen schon oft eine wichtige Rolle gespielt hat.
Schüler spielen in fünf Tagen viele Alltagssituationen durch
Richtig praktisch wurde es nochmals, als es hieß „vor die Wand zu laufen“. Hierbei bekam die Klasse in kleinen Gruppen die Aufgabe, mit geschlossenen Augen von A nach B und damit in Richtung Wand zu laufen. Wann würde jeder für sich entscheiden zu stoppen? Das war mehr als spannend und die Ergebnisse sehr unterschiedlich, je nach ganz persönlicher Wahrnehmung. Auch diese Übung wurde direkt danach in der Gruppe besprochen.
Eine recht alltägliche Situation spielten Deubert und Runzheimer vor. Eine junge Frau schaut gebannt auf ihr Handy und rempelt deswegen eine andere Person in der Fußgängerzone an. Hier kam richtig Leben in die Gruppe, denn viele konnten sich in die vorgespielte Situation und die entstehende Eskalation gut hineinversetzen. Auch hier besprachen Deubert und Runzheimer die Situation unmittelbar im Nachgang. Die Schüler berichteten über ihre Eindrücke und wie sie die Situation aus ihrer Sicht wahrgenommen hatten. Besprochen wurden in diesem Zusammenhang auch die möglichen weiteren Eskalationen, die sich daraus ergeben könnten.
Die Schüler werden in fünf Tagen im Rahmen des PiT-Programms Schritt für Schritt fit gemacht für Alltagssituationen und wie sie am besten darauf reagieren können. Dabei geht es auch um Möglichkeiten, wie man Eskalationen schon vorher aus dem Weg gehen kann.
Eingeplant sind dazu fünf Termine an der MPS, von der ersten bis sechsten Stunde eines Schultags. Die MPS ist seit 2018 mit dabei und „voll begeistert“, was das Ergebnis betrifft, so die Lehrkräfte. Ein Tagesprogramm gibt es auch an Grundschulen unter dem Titel „Sicher ohne Gewalt“. Der nächste Termin an der MPS ist Mitte Februar.
„Ja, das hat wirklich etwas gebracht‘“, freut sich Runzheimer immer wieder über die Resonanz auf Schülerseite. Genau diese Rückmeldungen bekommen natürlich auch die aus der Schule und Gemeinde Beteiligten und Unterstützenden. Alles in allem ist das eine von den Schülern bemerkenswerte Wertschätzung für das Gelernte und eine Bestätigung, dass die fünf Tage am Ende wirklich viel Spaß gemacht und viel gebracht haben.
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