Ehrenamt

Darum mussten sich die Reichenbacher Geflügelzüchter auflösen

Nach 114 Jahren Vereinsgeschichte ist jetzt das Ende des Rassegeflügelzuchtvereins Reichenbach besiegelt.

Von 
Walter Koepff
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Reichenbach. Seine eigene Auflösung beschlossen hat der „Rassegeflügelzuchtverein Reichenbach 1911 und Umgebung“ in seiner wohl letzten Mitgliederversammlung im Vereinsheim in Reichenbachs Höllacker. Dieses Ende nach 114 Jahren wechselvollen Vereinslebens zeichnete sich schon bei einer Mitgliederversammlung im Dezember vergangenen Jahres ab.

Damals konnte nur ein neuer Vorstand gewählt werden, da den wenigen anwesenden Mitgliedern klar war, dass zur Abwicklung des Vereins ein funktionsfähiger Vorstand notwendig ist. Diesem gehörten neben dem Vorsitzenden René Degenhardt als zweiter Vorsitzender Ronald Müller, als Rechnerin Alexandra Haydu und als Schriftführer Peter Weber senior an. Beisitzer wurden Hans Metzger und Lucas Mink. Seither wurden die damals diskutierten Lösungsansätze zur Rettung des Traditionsvereins weiterverfolgt.

In der Jahreshauptversammlung im April dieses Jahres wurde deutlich, dass eine Lösung des Vereinsproblems wegen fehlender Geflügelzüchter und fehlendem Interesse der Mitglieder an ihrem Verein sehr gering sei. Aus den Reihen der wenigen anwesenden Vereinsmitglieder konnte kein neuer Vorstand gewählt werden. Daher wurde entsprechend dem Paragrafen 11 der Satzung beschlossen, den Verein aufzulösen. Dies sei bei einer extra dazu einberufenen Mitgliederversammlung möglich, wenn zwei Drittel der anwesenden, stimmberechtigten Mitglieder zustimmten. Das Vermögen gehe bei der Auflösung des Vereins an die Gemeinde, die dieses einem gemeinnützigen Zweck zuführen müsse.

Kerweverein hat Interesse, das Vereinsheim zu übernehmen

So hatte der Vorsitzende Degenhardt kürzlich mit dem Tagesordnungspunkt 10 „Antrag auf Auflösung des Vereins“ zu einer Mitgliederversammlung eingeladen. In seinem Bericht musste er feststellen, dass sich seit der vergangenen Versammlung kein Weg zur Rettung des Vereins aufgetan habe. So wie der Verein momentan dastehe, sei er nicht weiter zu halten. Es fehle an „Manpower“ und Interesse – von 40 Mitgliedern nahmen nur zehn an der Sitzung teil, wie Degenhardt bedauernd feststellte. Wie schon bei dem letzten Treffen angedeutet, habe der Reichenbacher Kerweverein Interesse, das Vereinsheim der Geflügelzüchter zu übernehmen.

Persönlich, so der Vorsitzende, tue es ihm sehr leid, nach so vielen Jahren Vereinsgeschichte jetzt die Auflösung des Vereins herbeiführen zu müssen. Insgesamt lasse überall die Geflügelzucht nach, sodass es wohl unmöglich sei, neue Aktivitäten in den Verein zu bringen.

Den langjährigen Vorgänger von René Degenhardt, Ehrenvorsitzender Helmut Fassinger (Vorsitzender von 1977 bis 2023), stimmte die Auflösung des Vereins nach 114 Jahren aktiver Tätigkeit traurig. Es sei sehr schlecht gewesen, dass keine jungen Leute gewonnen werden konnten. Der Verein sei sehr stolz auf sein Vereinsheim gewesen, sicher lange das Einzige bei Geflügelzuchtvereinen.

Vermögen soll gemeinnützigem Zweck zugeführt werden

Er kritisierte, dass in den vergangenen dreieinhalb Jahren nichts zur Rettung des Vereins getan worden sei. Dem widersprach der aktuelle Vorsitzende und verwies auf verschiedene Aktionen, wie zum Beispiel den Weihnachtsmarkt in Reichenbach, die erfolgreiche Vermietung des Vereinsheimes und die Kontakte zu anderen Vereinen hinsichtlich einer möglichen Fusion. Ferner gäbe es keine Geflügelzüchter mehr und keine Mitglieder, die Verantwortung übernehmen wollten. Die Rechnerin ergänzte, dass es den Verein eigentlich gar nicht mehr gäbe, da kein Bedarf mehr da sei. Frank Maus verwies auf die gesellschaftlichen Veränderungen, die zu Rückläufen bei den Geflügelzüchtern landauf, landab führten. Dieser Trend sei nicht aufzuhalten. Das gesellschaftliche Leben werde dadurch nicht sterben, sondern nur anders weitergehen. Die Abstimmung zur Auflösung des Vereins erfolgte schließlich einstimmig.

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Zuvor hatten noch die Regularien der Mitgliederversammlung stattgefunden. Nach der Verlesung des Protokolls der letzten Jahreshauptversammlung durch den langjährigen Schriftführer Peter Weber senior berichtete Rechnerin Alexandra Haydu über die Finanzbewegungen der vergangenen Wochen. Noch sei ein kleiner Betrag in der Kasse. Ihr bescheinigten die Kassenprüfer Helmut Metzger und Peter Weber junior eine einwandfreie Kassenführung.

Jetzt ist es Aufgabe des amtierenden Vorstandes, mit der Gemeinde Lautertal die Abwicklung des Vereins zu bewerkstelligen und das Vereinsvermögen einem gemeinnützigen Zweck zuzuführen.

Freier Autor Nach Anfängen bei der Schülerzeitung "Kurfürst" des Bensheimer Alten Kurfürstlichen Gymnasiums (AKG), Freier Mitarbeiter bei der Lindenfelser Wochenzeitung "Samstag", 1971 Wechsel zum Bergsträßer Anzeiger. Pressemäßig in Wort und Bild in Lautertal tätig.

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