Stammtisch

Ehemaliger Landrat Matthias Wilkes befürwortet die Bürgermeisterkandidatur von Christian Lannert

Von 
Jeanette Spielmann
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Ungewöhnlicher Sitzungsort: Im Döner-Imbiss in Elmshausen tauschte sich der frühere Landrat Matthias Wilkes (stehend) mit Bürgermeisterkandidat Christian Lannert (Dritter von links) und Lautertaler Bürgern zu den Themen Schule, Nahverkehr, Gewerbe und interkommunale Zusammenarbeit aus. © Thomas Zelinger

Elmshausen. Der Countdown läuft. In wenigen Tagen entscheiden die Lautertaler Bürgerinnen und Bürger, wer in den kommenden sechs Jahren im Reichenbacher Rathaus das Sagen hat. Wird es der amtierende Verwaltungschef Andreas Heun sein, der 2017 den damaligen Bürgermeister Jürgen Kaltwasser ablöste, oder entscheiden sich die Wähler für einen Wechsel und geben dem Herausforderer Christian Lannert die meisten Stimmen?

Die Entscheidung wird am Sonntag kommender Woche (4.) fallen, nachdem um 18 Uhr die Wahllokale geschlossen haben und die Stimmen ausgezählt sind.

Lannert ist zuversichtlich, denn nach den von ihm absolvierten Haustürgesprächen hat er viel freundliche und positive Reaktionen mitgenommen. „Nur einmal wurde mir die Tür vor der Nase zugeknallt“, erinnert er sich beim Stammtisch mit dem früheren Landrat Matthias Wilkes und Vertretern der Lautertaler LBL und CDU, die den Bürgermeisterkandidaten bei der Wahl unterstützen.

Höchste Grundschuldichte im Kreis

„Lannert wäre in der Geschichte Lautertals der erste Bürgermeister, der nicht aus der Verwaltung kommt“, stellte Wilkes fest und sieht hier Parallelen zu seiner eigenen Kandidatur für das Amt des Bergsträßer Landrats vor 20 Jahren. Auch er kam nicht aus der Verwaltung, war aber – wie auch Lannert – kommunalpolitisch engagiert. „Ich kann die Herausforderung nachempfinden“, so Wilkes, denn große Chancen wurden ihm damals nicht eingeräumt. Dennoch wurde er bei mehreren Mitbewerbern im ersten Wahlgang mit knapp 60 Prozent der Stimmen gewählt und leistete zwölf Jahre lang einen „Fulltime-Job“, bei dem es ihm nicht um eine politische Karriere ging, sondern um die Menschen und die Sache.

Diese Haltung sieht Wilkes auch bei Lannert. „Raus aus der Enge des parteipolitischen Denkens und stattdessen die Sache in den Mittelpunkt stehen“ ist für den Ex-Landrat eine wichtige Voraussetzung, um die Herausforderungen der heutigen Zeit meistern zu können. Mit dem Quereinsteiger Lannert sei das auch eine Chance für Lautertal, denn es lohne sich, „alte Zöpfe abzuschneiden“.

Die Menschen seien meist viel weiter als die Politik, weiß Wilkes aus eigener Erfahrung in seinen zwei Amtsperioden als Bergsträßer Landrat. Weg von der Parteibuch-Wirtschaft ist sein Credo und das ermögliche dann auch eine andere Sicht auf die Dinge, sprach Wilkes beispielsweise das Thema Schulen an. Mit drei Grundschul-Standorten habe Lautertal gemessen an der Bevölkerungszahl die höchste Grundschuldichte im Kreis und könne sich zu Recht als „Dorf der Schulen“ bezeichnen. Das werde aber nicht beachtet, da in Hessen – anders als in den meisten Bundesländern – der Kreis die Trägerschaft der Schulen habe. Aber Schulen seien für Kommunen ein wichtiger Standortfaktor, insbesondere bei kleinen Grundschulen wie in Lautertal, die ein bisschen „Bullerbü“ vermittelten.

Wenig Autobahnlärm, gutes Klima

Ein weiteres Thema sei der Nahverkehr. Den wenigsten sei bekannt, dass die Buslinie 665 von Bensheim nach Erbach die meistfrequentierte Buslinie im Kreis sei. Von Elmshausen sei man in elf Minuten am Ritterplatz in Bensheim (ohne Baustellen) für den Besuch der weiterführenden Schulen. Lautertal habe viele Möglichkeiten, sich als attraktiven Wohnort zu entwickeln, doch stattdessen liegen Baugebiete brach, weil man zu sehr auf Gewerbe als Steuerzahler schaue.

Doch für Gemeinden wie Lautertal sei die Einkommensteuer die wichtigere Einnahmequelle, erinnerte Wilkes an den Weggang von Ciba Geigy, was in Lautertal als „Weltuntergang“ gesehen wurde. Das dem nicht so war, sei auch der kleinteiligen Entwicklung des Gewerbegebiets zu verdanken, in dessen Zuge auch der Lebensmittelhändler Jakobi groß geworden sei. Es sei nicht gut, sich von einem oder wenigen großen Gewerbebetrieben abhängig zu machen.

Es gehe darum, die Vorzüge des Wohnstandorts hervorzuheben, die auch er ganz bewusst seit vielen Jahren zu schätzen wisse. Es gebe weder Autobahn- noch Eisenbahnlärm, ebenso seien die Nähe zur Natur, das auch im Sommer erträglichere Klima und die gute Anbindung Trümpfe, die aber nicht ausgespielt würden. Stattdessen sei man als Kommune mit der höchsten Grundsteuer bekannt. Auch wenn dieses Superlativ inzwischen nicht mehr zutreffe, müsse hier noch einiges geschehen, denn Lautertal habe einen hohen Anteil an Bürgerinnen und Bürgern mit Wohneigentum.

Die andere Sicht auf Dinge

Auch sollte nach Auffassung von Wilkes die interkommunale Zusammenarbeit aktiver gestaltet werden, sieht er in der Bildung von größeren Verwaltungseinheiten viele Synergieeffekte und große Chancen für kleine Kommunen im ländlichen Raum.

In Christian Lannert sieht der Ex-Landrat einen Bürgermeisterkandidaten, der für innovative Themen und die andere Sicht auf die Dinge stehe. Das zeigte sich beim Stammtischgespräch auch bei der Wahl das Standorts. Denn einen Döner-Imbiss zum Sitzungsort auszuwählen, ist eher ungewöhnlich, macht aber auch die Verbundenheit zu den Gewerbetreibenden am Ort deutlich, deren Dienstleistung man zu schätzen weiß.

Wie den Redebeiträgen von Peter Rohlfs, Vorsitzender der Lautertaler Bürgerliste, und dem CDU-Vorsitzenden Carsten Stephan zu entnehmen war, beklagen beide vor allem das Defizit in der Kommunikation mit der Rathausspitze. Wenn man nicht miteinander rede, führe das zu Missverständnissen und Misstrauen, so Rohlfs. Im Hinblick auf das ehrenamtliche Engagement der Kommunalpolitiker meinte der LBL-Vorsitzende abschließend: „Wenn es nur einen gibt, der bezahlt wird, dann soll es auch der Richtige sein.“

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