Steinschlag: Wiederholung des Vorfalls scheint ausgeschlossen

Der Felsen von der Burg bleibt im Kurgarten

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Lindenfels. Schlagartig ist Lindenfels wieder in die Stein-Zeit gerutscht. Nach dem erosionsbedingten Ausflug eines rund 25 Tonnen schweren Granitblocks am frühen Mittwochmorgen ist auch vielen Einheimischen ein Stein vom Herzen gefallen. Pures Glück, dass der Koloss nur zwei Mauern niedergewalzt hat und im Kurgarten niemand von dem Steinschlag verletzt wurde.

Jetzt ist die Perle des Odenwalds um eine touristische Attraktion reicher. Fest steht: Der Solitär bleibt liegen und wird, entsprechend beschildert, als Erinnerung dienen. Gestern hat in Lindenfels bereits der Stein-Tourismus eingesetzt.

Wie Bürgermeister Oliver Hoeppner berichtete, kamen Neugierige zum Teil von weit her, um einen Blick auf das Monstrum zu werfen. "Hätten wir Eintritt verlangt, würde unser Haushalt bald besser aussehen", nimmt der Rathauschef die Sache mit Humor, wenngleich er über den glimpflichen Ausgang der Angelegenheit erleichtert ist: "Es hätte viel schlimmer kommen können."

Dass der Stein in aller Herrgottsfrühe und bei Schmuddelwetter auf die Reise ging, war für die Lindenfelser Glück im Unglück. Hoeppner geht davon aus, dass sich der Kaventsmann durch die nasse Witterung gelöst hat. Im Kurgarten machte die Feuchte den Boden wiederum weich genug, um den Brocken auszubremsen. Sonst hätte er den Pavillon durchschlagen und wäre vermutlich erst auf der dahinterliegenden Wiese zum Stehen gekommen. Vor weiteren Überraschungen hat Hoeppner keine Angst: "Es gibt keine weiteren großen Felsen im vorderen Bereich des Burghangs."

Noch am Mittwoch habe er gemeinsam mit Mitarbeitern des Landes Hessen - dem Eigentümer der Burganlage - das Areal begutachtet und auf Gefahren untersucht. Doch sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass sich gleich zwei Brocken nach ihrer jahrhundertelangen Ruhe ins Tal begeben.

Der Weg, den der Brocken zurückgelegt hat, ist zwar kurz, aber besitztechnisch kniffelig: Eigentümer der Burg und des vorderen Areals ist das Land Hessen. Bei seinem Weg hinab hat der Stein einen städtischen Weg beschädigt, eine landeseigene Mauer sowie eine weitere Mauer im Besitz der katholischen Kirche zertrümmert. Die Stelle, an der sich der Fels gelöst hat, gehört ebenfalls der Kirche, während sein jetziger Aufenthaltsort Grund und Boden der Stadt Lindenfels ist.

"Wir werden die Sache in der kommenden Woche bei einem Gespräch diskutieren und eine Lösung finden", so Oliver Hoeppner. Bis dahin bleibt das Areal abgesichert. Schaulustige können sich dem Brocken bis auf wenige Meter nähern. Gestern wurden die Barken und Flatterbänder aber von etlichen Stein-Guckern überschritten. Der Bürgermeister bittet daher die Besucher, sich nur auf dem erlaubten Areal zu bewegen. Gegen das Anschauen hat er nichts. Im Gegenteil.

Neben den Lautertalern mit ihrem Felsenmeer hat jetzt auch Lindenfels seine eigene geologische Sehenswürdigkeit. Es wird allerdings einige Tage dauern, bis der Weg zur Burg wieder begehbar ist. So lange müssen Besucher die alternativen Zugänge benutzen.

Oliver Hoeppner hat eine Theorie: Am oberen Burgweg gibt es zwei Felsformationen, die als "schlafende Riesen" bekannt sind. Die beiden Giganten sollen sich der Sage nach bei Reichenbach mit Steinbrocken beworfen haben. "Vielleicht wollten die am Mittwoch einfach mal Murmeln spielen." tr

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