Landtagswahl 2023

Birgit Heitland besuchte zwei Reichenbacher Firmen

CDU-Kandidatin Birgit Heitland besuchte die Firmen Destag und Avantgarde Acoustic

Von 
Thomas Tritsch
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Birgit Heitland ließ sich von Bildhauer Mikail Caliskan (Mitte) sowie Verkaufsleiter und Prokurist Nicolai Back (rechts) die moderne und kunstvolle Grabsteinproduktion bei Destag zeigen. © Thomas Zelinger

Lautertal. In ihrer Glanzzeit war die Deutsche Steinindustrie AG (Des-tag) in Reichenbach mit das größte Granitunternehmen der Welt. Als zukunftsorientiertes Unternehmen mit langer Biografie steht das Kürzel heute für moderne und kreative Grabdenkmäler aus Natursteinen von höchster Qualität. Die lokal verwurzelte Tradition des Steinmetzhandwerks lebt weiter, wenngleich der Nachwuchs rar geworden ist.

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Nach einer langen und dynamischen Geschichte vor dem Hintergrund des Abschwungs der Steinindustrie ging das Unternehmen 2010 eine enge Kooperation mit der Firma Just Naturstein ein. Durch die Zusammenarbeit konnte die Eigenproduktion an den beiden Standorten Reichenbach und im sächsischen Hartha – zwischen Leipzig und Dresden – gesichert werden. Während sich die Destag als Spezialist für Naturstein-Grabmale weiterentwickelt, ergänzt Just das Handelsspektrum um Bauprojekte im Innen- und Außenbereich. „Die Bindung zum Odenwald besteht weiter“, so Mirko Adam, Destag-Geschäftsführer und Prokurist bei Just Naturstein.

Grabsteine mit LED-Beleuchtung

Für Birgit Heitland eine gute Nachricht. Die CDU-Politikerin, die bei der Landtagswahl am 8. Oktober als Direktkandidatin im Wahlkreis 55 (Bergstraße II) antritt, machte auf ihrer regionalen Tour Station in Reichenbach. Dort besuchte sie zwei benachbarte Unternehmen, die einiges gemeinsam haben: Die Konzentration auf feinste Handwerkskunst, einen innovativen Geist und eine tiefe Leidenschaft für ihr jeweiliges Produkt. Für Heitland dennoch ein Kontrastprogramm: hier moderne Grabkultur, dort High-end-Lautsprecher für audiophile Connaisseure auf der ganzen Welt. Aber der Reihe nach.

Das Aufkommen alternativer und individualisierter Bestattungsformen hat die Dynamik innerhalb der Destag massiv beeinflusst. Arbeitstechniken wurden weiter verfeinert, modernste Maschinen ergänzen das Kunsthandwerk des Menschen, auf das man „die nächsten 30 Jahre auf keinen Fall verzichten kann“, wie es Nicolai Back betont. Der Steinmetz und Steinbildhauer ist Leiter für Vertrieb und Design. Von ihm stammen circa 70 Prozent der neuen Kreationen, von denen jedes Jahr über 100 den Weg in den Firmenkatalog finden. Back ist der Kreativkopf im Haus. Er kennt nicht nur die Trends, er setzt sie. Viele internationale Unternehmen blicken neugierig auf die alljährliche Hausmesse in Reichenbach, wo die frischen Designs präsentiert werden.

Aktuell en vogue sind kontrastreich gemixte Materialien – Marmor, Edelstahl, Glas und Aluminium – sowie auf der anderen Seite sehr puristische Grabmale, die dennoch eine gewisse Raffinesse offenbaren und die Persönlichkeit des oder der Verblichenen spiegeln. „Wir haben schon Grabsteine mit LED-Beleuchtung und Büsten hergestellt“, so Back. Es gibt kaum einen Wunsch, den die Manufaktur nicht erfüllen könnte.

Bis zu 3000 Grabanlagen pro Jahr werden von dem Unternehmen ausgestaltet. In der Fertigungshalle werden Steinblöcke, darunter nach wie vor Importe aus Indien und China, mit Diamantsägeblättern geschnitten und danach per Hand bis zum fertigen Produkt weiterverarbeitet. Der Herstellungsprozess ist so kunstvoll, dass die Firma die obere Etage der einstigen Sägehalle gerade in eine „gläserne Manufaktur“ umbaut, die bis zur nächsten Hausmesse im Februar fertiggestellt sein soll. Man erwartet rund 500 Kunden und Partner aus ganz Europa. Die Destag bucht bereits fleißig Hotelzimmer in der Region. Das nennt man regionale Wertschöpfung.

2021 wurden im Zuge einer Investitions- und Zukunftsoffensive zwei Millionen Euro für neue Maschinen und Umbauarbeiten ausgegeben. In Reichenbach arbeiten 60 Spezialisten, mit Sachsen sind es insgesamt rund 130 Kollegen. Bildhauer und Handschleifer, klassische Steinmetze und Künstler, die sich um die Feinarbeit kümmern.

Schwierige Nachwuchssuche

„Nibelungen-Steinwelten“ heißt die Marke, mit denen die Firma gegenüber der internationalen Konkurrenz punkten will. Man kann das Logo so verstehen, dass hier ein deutscher Ritter gegen einen asiatischen Drachen kämpft. Ein Synonym für den Markt der Steinindustrie. Im Hauptkatalog ist Reichenbach als zentraler Ort im „Nibelungenland“ markiert. Man kenne seine Wurzeln und bleibe bodenständig, so Einkaufsleiter Markus Mayer. Die Produktionsstruktur erlaube eine individuelle und hochwertige Fertigung von Grabdenkmälern aus der Tranche. Die absoluten Stärken sieht man im handwerklichen Bereich. Im Verbund mit Just Naturstein habe man die Möglichkeit, Kundenaufträge an zwei Standorten termingerecht zu koordinieren. Die Expertise liegt im Zusammenspiel von Rohblockverarbeitung, Rohplattenveredelung, hochtechnisierter CNC-Sägen und traditionellen Steinmetzhandwerk, fügt Nicolai Back hinzu: „Die CO2-Bilanz von Naturstein ist enorm niedrig!“ Ein uraltes Material, das modernsten ökologischen Ansprüchen genügt. Doch für die Bearbeitung braucht es Experten, die dünn gesät sind.

Avantgarde Acoustic entwickelt einzigartige Hornlautsprecher. Davon konnte sich auch Landtagskandidatin Birgit Heitland im Gespräch mit Geschäftsführer Ralf Steinhilber überzeugen. © Thomas Zelinger

Für Nicolai Back ist der Fachkräftenachwuchs eines der elementaren Probleme der Branche. Die schwierige Situation der Ausbildung im Steinmetzhandwerk ist nicht nur durch eine zurückgehende Zahl von Auszubildenden gekennzeichnet. Auch die Zahl der Unternehmen, die sich an der Ausbildung beteiligen, ist gering und sinkt weiter. Nur rund 13 Prozent aller Steinmetzbetriebe stehen für die gesamte Fachkräfteversorgung dieses Handwerks. Der Anteil der Betriebe, die die Ausbildung tragen, geht also weiter zurück.

Dabei handelt es sich um einen Beruf, der Zukunft hat und handwerkliche Tradition mit modernster digitaler Technologie verbindet, so Mirko Adam. Die Nachwuchssuche werde unter anderem dadurch erschwert, dass die Wege zu den Berufsschulen und der überbetrieblichen Ausbildung mittlerweile sehr lang geworden sind. Auszubildende aus der Region müssen auf entfernte Berufsschulen ausweichen. Die Innung des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks im Kreis Bergstraße weiß ein Lied davon zu singen. Birgit Heitland will das Thema intensiver verfolgen und die Situation im Blick behalten.

Lautsprecher als Zeitmaschine

Gleich nebenan öffneten sich ganz andere Perspektiven: nämlich akustische. Klangkultur in ihrer reinsten Form erlebten die Gäste bei Avantgarde Acoustic. Das Unternehmen entwickelt und baut einzigartige Hornlautsprecher mit überwältigender Klangqualität und ikonischer Optik. Die Klangskulpturen sind international höchstprämiert für ihre überragende Transparenz und Plastizität sowie das aufregende, zeitlose Design. Das Haus gilt als High-End-Manufaktur für musikbegeisterte und enthusiastische Perfektionisten. Avantgarde Acoustic fertigt Edeltöner und Verstärker der Spitzenklasse, die mit größter Hingabe und Sorgfalt im Odenwald entwickelt und in die ganze Welt ausgeliefert werden. Der Exportanteil rangiert bei rund 80 Prozent, wie Ralf Steinhilber mitteilte. Mit Holger Fromme und Wolfgang Rixen einer der Geschäftsführer. Neben den 20 Kollegen im Haus sind über den Globus verteilt viele freie Mitarbeiter beschäftigt. Alles Experten ihres Fachs.

Dass die Musikwiedergabe eine Lebendigkeit und Natürlichkeit erreicht, die ihresgleichen sucht, erlebte die Landtagskandidatin mit eigenen Ohren. Selten ist man dem Künstler so nah. Kundenbetreuer Armin Krauss spricht gar von einer Zeitmaschine, die längst verstorbene Musiker wieder zurück auf eine imaginäre Live-Bühne zaubern kann. Das unmittelbare Musikerlebnis ist der grundlegende Anspruch der Manufaktur, in deren Ausstellungsraum schon so mancher seinen Ohren nicht getraut hat.

Die Firma wurde 1991 nach mehrjähriger Tüftlerarbeit von Matthias Ruff (Entwicklung) und Holger Fromme gegründet – und hier schließt sich der Kreis zur Lautertaler Steinindustrie: er ist der Sohn des langjährigen Destag-Chefs Eckart Fromme, der das Unternehmen 14 Jahre lang als Betriebsleiter maßgeblich geprägt und modernisiert hatte. 1992 zog sich Fromme von der Vorstandsarbeit in den Aufsichtsrat zurück. Er verstarb 2009.

Als ältestes von fünf Geschwistern sollte der Junior eigentlich ins Granitunternehmen einsteigen. Noch mit dieser Perspektive absolvierte er eine Banklehre und ein BWL-Studium in Mannheim. Doch seine Begeisterung galt nicht dem Odenwälder Granit, sondern der Lautsprechertechnik. hat. Intensiv beschäftigt er sich mit dem Hornprinzip als Schallwandler, entwickelt erste Prototypen und baut ein kleines Unternehmen auf, dessen Name heute buchstäblich einen ausgezeichneten Klang genießt.

In mehr als 30 Jahren hat sich die Vision nicht verändert – nur an den Produkten wird immer weiter gefeilt. Regelmäßig gibt es technische Updates. In Reichenbach reihen sich die Innovation- und Design-Awards wie eine Perlenkette aneinander. 2023 für die Trio G3. Laut Ralf Steinhilber eines der außergewöhnlichsten Lautsprechersysteme der Welt. Made in Lautertal.

Freier Autor

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