Reise

Auch in Kanada gibt es ein Felsenmeer

Das Beedenkirchener Ehepaar Bärbel und Joachim Bartl hat den Gros Morne National Park in Neufundland besucht, der für seine beeindruckende Landschaft und außergewöhnliche Geologie bekannt ist.

Von 
Walter Koepff
Lesedauer: 
Eine unwirkliche, karge, rötlich-orangefarbene Landschaft der Tablelands mit einem Stein im ursprünglichen Grünton präsentiert sich den Besuchern des Felsenmeeres auf Neufundland. Hier kann man in die Frühzeit der Erdgeschichte eintauchen. © Walter Koepff

Neufundland/Beedenkirchen. Nicht schlecht staunten die reisefreudigen Beedenkirchener Bärbel und Joachim Bartl, als sie bei ihrer diesjährigen Kanada-Exkursion an Neufundlands Westküste im „Discovery Centre“ des „Gros Morne National Park“ auf einem Informationsbildschirm das deutsche Wort „Felsenmeer“ (im Video als „German word for Sea of Rocks“ erklärt) entdeckten. Das weckte natürlich das Interesse des ehemaligen Geschäftsführers des Reichenbacher Felsenmeer-Informationszentrums, zumal in der Ausstellung darauf hingewiesen wurde, dass der Gros Morne National Park nicht nur für seine beeindruckende Landschaft bekannt ist, sondern auch für seine außergewöhnliche Geologie. Der über 1.800 Quadratkilometer große Park wurde 1973 gegründet und 1987 zum Unesco-Welterbe erklärt.

Ausführlich informiert die Ausstellung über die Geologie zum Thema „Die Geschichte im Stein“ mit vielen verschiedenen visuellen und interaktiven Demonstrationen. Damit wird dem Besucher in vereinfachten, aber anschaulichen Erklärungen nicht nur die Entstehung der Appalachen, sondern insbesondere die geologischen Besonderheiten der „Tablelands“, die man nur wenige Kilometern entfernt besuchen kann, vermittelt.

Eisenanteil im Gestein oxidiert, sodass der Stein „rostet“

Da erfährt man, dass vor 500 Millionen Jahren urzeitliche Kontinente kollidierten und so die Appalachen-Gebirgskette und der Superkontinent namens Pangäa entstanden. Dabei wurden Teile der mittleren Erdschicht, des Erdmantels, nach oben geschoben. Weitere 400 Millionen Jahre waren nötig, um durch Erosion das freizulegen, was man heute sehen kann, im Gegensatz zum Odenwälder Felsenmeer eine unwirkliche, karge, orangefarbene Landschaft. Gletscherbewegungen aus jüngster Zeit haben dann spektakuläre Regionen geschaffen, wie man sie heute an der Westküste von Neufundland findet: flaches Küstentiefland, Hochplateaus mit steilen Wasserfällen, Fjorden und vielen unberührten Seen.

Das Gestein, das im Bereich der Tablelands einst zutage trat, wird Peridotit genannt und ist ein Silikatgestein mit einem hohen Anteil an Eisen und Magnesium. Eigentlich ist das Gestein ursprünglich grünlich. Da es aber an der Oberfläche mit Luftsauerstoff zusammenkommt, oxidiert der Eisenanteil im Gestein. Gewissermaßen „rostet“ der Stein, wodurch die rötlich-orange Färbung zustande kommt. Durch den hohen Metallgehalt des Gesteins und die daraus resultierende Giftigkeit können auf ihm keine Pflanzen wachsen. Nur dort, wo sich im Laufe der Jahre durch Wind verdriftete Materialien in Nischen angesammelt haben, gedeihen einige wenige an die Trockenheit des Bodens angepasste Pflanzen.

Wie Bartl weiter berichtet, kann man eine Wanderung in den Tablelands zwischen den einzelnen Berghängen auf einem Pfad bis zu einem kleinen Wasserfall unternehmen, um noch intensiver die eigentliche „Mondlandschaft“, das Felsenmeer, zu erleben. Dort findet man keinen Bewuchs mehr und in diesem Bereich sind die Steine noch mehr erodiert. Höher hinauf führt allerdings kein Pfad mehr. Auch gibt es keine Wegmarkierungen bis zum Gipfel der Tablelands. Man müsste über steiles, loses Geröll klettern. Eine Anmeldung dafür ist bei den Park-Rangern zwingend erforderlich. Dort oben liegt noch Gestein, das während der letzten Eiszeit nicht mehr abgetragen wurde, jedoch derzeit durch Verwitterung stetig aufgebrochen wird.

Erdmantelgestein ist normalerweise nicht sichtbar

So neugierig geworden fuhren die Bartls in ihrem Wohnmobil auf der Straße NL-431, auch bekannt als „Bonne Bay Route“, weiter, wo sie nach wenigen Kilometern die Tablelands erreichten. Dies war nun der geologisch einmalige Ort, den sie besuchen wollten. Schon der erste Eindruck war äußerst interessant, denn direkt links neben der Straße liegen die Tablelands. Hier gibt es, wie im Infozentrum erläutert, fast keine Vegetation und man sieht keine bewaldeten Berge, nur eine rötlich-orange gefärbte Steinwüste. Im starken Kontrast dazu erstreckt sich auf der rechten Seite bis zu den Felsen der Küste und dem anschließenden Meer eine üppig-grüne Landschaft mit Wiesen und Teichen.

Anfänglich dachten Geologen, dass die Tablelands Überreste von vulkanischer Aktivität der Erde wären. Dann fanden sie jedoch Steine, die nicht dem Alter des anderen Gesteins entsprachen, die also schon vorher dagewesen sein mussten. Daraus folgerten sie, dass es sich bei den Tablelands um Original-Erdmantelgestein handelte. Das erinnerte die Bartls an ihren Erdkundeunterricht in der Schule. Da hatten sie gelernt, dass die Erde aus einem Erdkern, einem Erdmantel und einer Erdkruste besteht, die zwischen zehn und 30 Kilometer dick ist. Gesteine aus dem Erdmantel trifft man auf der Erdoberfläche normalerweise nicht an. So erklärt sich die Einmaligkeit dieses kanadischen „Felsenmeeres“.

Kontraste taten sich den Odenwälder Reisenden bei ihrer Fahrt zu dem „Felsenmeer“ in den Tablelands auf. Links wüstenhaft, karge Bergrücken und rechts bewaldete, grüne Hänge. © Walter Koepff
Die Video-Information im Discovery Center des „Gros-Morne-National-Park“ mit dem deutschen Wort „Felsenmeer“ weckte das Interesse der Beedenkirchener Kanadareisenden Bärbel und Joachim Bartl. © Walter Koepff
Der „Gros-Morne-National-Park“ wurde 1973 gegründet und ist seit 1987 Unesco-Welterbe. © Walter Koepff

Freier Autor Nach Anfängen bei der Schülerzeitung "Kurfürst" des Bensheimer Alten Kurfürstlichen Gymnasiums (AKG), Freier Mitarbeiter bei der Lindenfelser Wochenzeitung "Samstag", 1971 Wechsel zum Bergsträßer Anzeiger. Pressemäßig in Wort und Bild in Lautertal tätig.

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke