Kultursommer-Abend - Lyriklesung mit Heidrun Scheyhing und Wolfgang Wolfgarten / „Bilderbogen“ von Hans de Raadt

Zum Germania-Jubiläum gab’s Gedichte über Sänger und Chöre

Von 
Dieter Helmling
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Klemens Diehl-Blust (stehend) begrüßte die Gäste beim Kultursommer sowie Heidrun Scheyhing und Wolfgang Wolfgarten vom Leseschwarm. © Bild Helmlig

LORSCH. Der Kultursommer-Abend beim Männergesangverein (MGV) Germania 1898 im vereinseigenen Sängerheim war ein weiterer kleiner Meilenstein im Veranstaltungsprogramm anlässlich des 120-jährigen Bestehens des Vereins.

Das zahlreich erschienene Publikum wurde gleich zu Beginn mit Gedichten – vorgetragen von Heidrun Scheyhing und Wolfgang Wolfgarten vom Leseschwarm – gut unterhalten. Hans de Raadt trug als Bildarchivar der Stadt Lorsch mit seinem Bilderbogen – einer Gegenüberstellung fotografischer Zeitdokumente und dazu passend Infos und Anekdoten – zum Gelingen des Germania Kulturabends bei. Im bestuhlten Probenraum des MGV Germania begrüßte Vereinsvorsitzender Klemens Diehl-Blust seine Kultursommer-Gäste und die drei abendlichen Akteure. „Frau Scheyhing war früher meine Kunstlehrerin. Sie prognostizierte mir schon damals, dass ich von meiner Kunst einmal nicht leben kann“, meinte der Germania Chef und hatte die Lacher auf seiner Seite.

Wegen der Kürze des Programms waren nur zwei der insgesamt sechs Leseschwärmer dabei. „Das Ganze ist natürlich mit dem Kulturamt abgestimmt“, sagt Walter Wolfgarten, der seine rezitierten Gedichte von ernst, schön, pathetisch und humorig bis hin zu ironisch und sarkastisch charakterisierte.

Alle Gedichte handelten von Sängern und Chören. Das war natürlich kein Zufall, sondern mit Bedacht extra für diesen Germania-Kultursommer-Abend ausgewählt. Das Ziel war ein ausgewogener Mix und eine zeitliche Beschränkung auf 30 Minuten.

Heidrun Scheyhing und Walter Wolfgarten sind zwei Gründungsmitglieder des Lorscher Leseschwarms, der seit 2012 besteht. Der Leseschwarm hatte unlängst seinen 30. Auftritt. Walter Wolfgarten singt seit 42 Jahren beim MGV Germania aktiv im zweitem Bass. Manchmal singt er inbrünstig leidenschaftlich für zwei Bässe. Gäbe es im Klangbild von Männerchören einen dritten Bass, wäre Walter Wolfgarten dort angesiedelt. Das sorgt für viel Akzeptanz.

Mit Goethes „Auf ihr Brüder“ und „Schläft ein Lied in allen Dingen“ von Joseph von Eichendorf fanden die beiden Rezitatoren Zugang zu ihrer interessierten Zuhörerschaft, die anfangs noch verhalten applaudierte. Das Gedicht „Der blinde Sänger“ von Arthur Lutze (charakterisiert mit Ernst) trieb Walter Wolfgarten bei seinem Vortrag die ersten „Schweißtränen“ ins Gesicht. Nicht nur bei „Der Dirigent“, einem ironischen Gedicht von Tilo Gernert, das die Arbeitsweise eines Chorleiters aufzeigt und wie „Die Chorprobe“ abläuft, in einer etwas gekürzten Fassung, trieb die Fantasie eines jeden Zuhörers außergewöhnliche Blüten. Nach Heinz Erhardts Gedicht „Zum Schluss“ und „Der Männergesangverein“ gab es als Draufgabe ein paar humorvolle Anmerkungen über das Singen von Walter Wolfgarten.

Auch Auftritte des Bildarchivars Hans de Raadt mit seinem „Bilderbogen“ sind sehr beliebt. Nach der Pause zog er bei der Germania im Rahmen des Kultursommerabends sein Register mit einer Kurzfassung eines älteren Lorscher Bilderbogens – einem Rundgang durch Lorsch. Gezeigt wurden Stadtansichten von früher und heute.

Fotorundgang durch Lorsch

So beispielsweise Marktplatz und Bahnhofstraße im Wandel der Zeit. Ein historisches Motiv wird dabei immer einem mehr oder weniger aktuellen Bild gegenübergestellt. „So können Fotos von der Hirschstraße aus in Richtung Süden über ein damals freies Feld heute gar nicht mehr gemacht werden, weil alles mit Häusern zugebaut ist“, erläuterte Hans de Raadt.

Die Gemarkung von der Hirschstraße bis zur südlichen Friedenstraße hieß früher im Neuen Garten. „Nicht zu verwechseln mit der Straße Im Neuen Garten von heute, das war früher der Schanzebuckel“ klärte Raadt auf. Als Überraschung zeigte er zum Abschluss alte Fotos vom Vereinsleben der Germania. „Durch Zufall hat mir Seppel Hartmann drei Monate vor seinem Tod Fotos gegeben und mir geholfen, die Namen der Personen darauf zu recherchieren“. Der Bilderbogen kam insgesamt sehr gut an.

Wie man Lyrik und Poesie gut vorträgt

Herr Wolfgarten, wo liegt der Schlüssel zu gelungen vorgetragener Poesie und Lyrik?

Walter Wolfgarten: Der Schlüssel liegt meiner Einschätzung in der sinngemäßen Betonung, der Rhythmik und – soweit angebracht – in Mimik und Gestik. Natürlich auch in den passend gesetzten Pausen.

Nach zahlreichen Auftritten: Macht es noch Spaß vor Publikum aufzutreten?

Wolfgarten: Ja, Tendenz immer noch steigend. Solange das anhält, mach’ ich auch weiter.

„Musiker der Poesie“, gefällt ihnen die Bezeichnung für den Leseschwarm?

Wolfgarten: Nein. Bitte keine neue Umschreibung des gut eingeführten Markenzeichens Leseschwarm.

Wird die Interaktion mit dem Publikum auch mal langweilig?

Wolfgarten: Nein, nie! ted

Open-Air-Konzert

Am Samstag, 8. September, gehört das ehemalige Straßenbaudepot im südlichen Teil von Lorsch der Germania. Ab 16 Uhr gibt es ein Open Air Konzert mit 14 verschiedenen Chören aus der Region.

Unter anderem treten auf: die Blue Notes aus Heidelberg, Spirits of Music (Mannheim), MGV Liederkranz aus Viernheim, der Gospelchor Voices aus Lorsch und TaktFest vom Gastgeberverein MGV Germania 1898 Lorsch.

Abends gib es dann noch weitere Live-Musik. ted

Freier Autor

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