Einhausen. Ende März hatte der SPD-Ortsverein Einhausen unter dem Motto „Frauen im Austausch“ zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion ins Clubhaus des Tennisclubs Einhausen eingeladen. Es sei die dritte Aktion der Partei im sogenannten Frauenmärz nach dem Infostand am Weltfrauentag unter den Platanen und einem feministischen Bücherregal in gemeinsamer Aktion mit der Bücherei gewesen, berichtet Vorsitzende Susanne Boor.
Das Veranstaltungsformat „Frauen im Austausch sei eine Idee der SPD-Mitglieder Michaela Wiegand, Miriam Glück und Susanne Boor und eines der neuen Formate, die die SPD in diesem Jahr etablieren möchte.
Im Fokus der Veranstaltung stand das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wie steht es um die Themen Gleichberechtigung, Gleichstellung, gleiche Aufteilung der Sorgearbeit zwischen Frau und Mann und gleiche Bezahlung? Dazu hatten die Veranstalterinnen zwei Unternehmerinnen eingeladen, die berichteten, wie sie in ihren jeweiligen Rollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stemmen.
Susanne Boor zeigte sich erfreut über 18 Frauen, die zur ersten Veranstaltung erschienen waren. Der Austausch sei wichtig, um den Themen mehr Sichtbarkeit zu verleihen – auch über die Aktionstage wie den Equal Care Day, den Equal Pay Day und den Internationalen Frauentag am 8. März hinweg.
Moderiert wurde das Format von Michaela Wiegand, die selbst Mutter zweier erwachsener Kinder ist und die Diskussion mit dem Statement eröffnete: „Gleichstellung ist eine grundlegende Voraussetzung für eine gerechte Gesellschaft.“ Trotz großer Fortschritte in vielen Bereichen bestünden noch deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Bezug auf Lohn, berufliche Chancen und die Verteilung von Sorgearbeit.
Was aber können Lösungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein? Darum sollte es an dem Abend gehen. Die beiden Gäste, die Unternehmerinnen Natalie Reckeweg, 40 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, und Laura Bayer, 33 Jahre, verheiratet, drei Kinder, kennen sich damit aus. Natalie Reckeweg ist Unternehmerin in der dritten Generation. Damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelinge, beschäftige sie eine Kinderfrau, die sich um die Kinder kümmere, während sie ihrer beruflichen Rolle nachgehe, berichtete sie. Laura Bayer stand nach einem Todesfall in der Familie vor der Entscheidung, den Familienbetrieb im Handwerk zu übernehmen. Sie entschied sich dafür und damit für die Verantwortung für mehr als 20 Beschäftigte.
Sich die Rollen zu teilen fördert gegenseitige Wertschätzung
Im Austausch wurde aber auch schnell klar, dass es meist immer noch die Frau in der Familie ist, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf lebt und den Großteil der Elternzeit übernimmt. Welche anderen Möglichkeiten es gibt, sollte erörtert werden. Eine Teilnehmerin berichtete, dass sie sich die Elternzeit mit ihrem Mann aufteilt – beide wechseln ihre jeweilige Rolle innerhalb der Familie komplett. Während die Frau ihrer Erwerbstätigkeit nachgeht, kümmert sich der Mann um den Nachwuchs – mit allen Aufgaben, die für ein funktionierendes Familienleben zu erledigen sind. Das schaffe Transparenz und Sichtbarkeit, fördere das Verständnis und wirke sich positiv auf die Wertschätzung für das Geleistete des anderen aus.
Teilzeit ist mit klugem Plan auch „auf dem Bau“ möglich
Was Natalie Reckeweg als Arbeitgeberin feststellt, ist die größere Tendenz zur Teilzeit bei Frauen nach ihrer Elternzeit. Dabei bietet sie gerne die Aufstockung an und fördert ihre Mitarbeiterinnen dahingehend. Zum Beispiel ermöglicht sie ihnen größere Flexibilität durch Arbeit im Homeoffice. Laura Bayer berichtete vom Wunsch eines Mitarbeiters, seine Stunden zu reduzieren. Sie sei zunächst skeptisch gewesen, wie es „auf dem Bau“ in Teilzeit funktionieren soll, wenn ein ganzes Team morgens um 8 Uhr vom Hof fährt und nicht vor 16 Uhr zurückkommt. Dann ließ sie sich aber schnell überzeugen, denn der Mann hatte einen guten Plan: drei Wochen Vollzeit, eine Woche abwesend. Das sei eine fortschrittliche Variante, die auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf abziele und gut planbar sei, ein wesentlicher Pluspunkt aus Arbeitgebersicht.
Einen weiteren Impuls setzte eine Teilnehmerin, die im Vertrieb tätig ist und nach der Familienphase wieder voll einsteigen wollte. Sie schilderte, dass es ihr die Unterstützung einer selbst angestellten Tagesmutter und Haushaltshilfe ermögliche, das Organisatorische auszulagern und die damit gewonnene Zeit sinnvoll mit ihren Kindern zu verbringen. Eine Besucherin erwiderte, das sei eine gute Möglichkeit, schwierig umzusetzen aber für Frauen, die im Schichtdienst arbeiten.
Immer seltener haben Familien die Großeltern in greifbarer Nähe. Mit-Veranstalterin Miriam Glück sagte dazu: „Meine Erfahrung ist, dass es für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr wichtig ist, ein Netzwerk aus anderen Familien und Freunden aufzubauen, so dass man sich gegenseitig unterstützen kann.“ Einer Besucherin fiel dazu das oft zitierte afrikanische Sprichwort ein: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen.“
Betreuung mit Freunden teilen und Arbeitgebern Lösungen aufzeigen
Fazit der fast zweistündigen Diskussion sind folgende Tipps, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich zu machen: Hilfe aus dem Freundeskreis annehmen, wenn es um die gegenseitige Betreuung der Kinder geht. Sich umfassend Gedanken machen und mit dem Partner sprechen, wie man die Familienphase gestalten möchte. Für sich einstehen und den Partner in die Pflicht nehmen. Mit dem Arbeitgeber sprechen und Lösungsvorschläge aufzeigen. Dabei zu berücksichtigen ist: Den einzig wahren Weg gibt es nicht. Jede Familie ist individuell und muss den für sich richtigen Weg finden.
Einig waren sich die drei Kommunalpolitikerinnen der SPD am Ende, dass es viele weitere Themen für das neue Format gibt. red/jak/ml
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