Bauvorhaben - Heute Sondersitzung aller drei Fachausschüsse / Protest jetzt auch aus der Geschwister-Scholl-Straße gegen eine zentrale Unterkunft für Asylsuchende

Weitere Anlieger wehren sich gegen Flüchtlingsheim vor der Haustür

Von 
Nina Schmelzing
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In Einhausen leben die Flüchtlinge in Wohncontainern. Die Plätze dort sind allerdings bereits fast alle schon belegt.

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Einhausen. Heute Abend kommen die Mitglieder der drei Einhäuser Fachausschüsse zu einer Sondersitzung zusammen. Für die Beratung von Bau-, Finanz- sowie dem Kultur- und Umweltausschuss gibt es nur ein einziges Thema. Dieses allerdings sorgt derzeit für viel Gesprächsstoff: die künftige Unterbringung weiterer Flüchtlinge. In der öffentlichen Sitzung, die um 20 Uhr im Bürgerhaus beginnt, wird über einen Neubau zu reden sein, und zwar über den einer Sammelunterkunft für rund 50 Flüchtlinge.

Zweite Unterschriftenliste

Vom Gemeindevorstand wird empfohlen, dieses Gebäude hinter dem Parkplatz am Friedhof-Nord zu errichten. Dass sie ein solches Haus nicht in ihrer Nachbarschaft sehen möchten, haben allerdings Anlieger der Martin-Niemöller-Straße vor ein paar Tagen klar gemacht. Ein Brief von Frank Mucha mit der Auflistung zahlreicher Einwände gegen das Vorhaben ging im Rathaus ein. Mehr als 20 Einhäuser setzten ihre Unterschrift darunter. Und diese Anwohner sind nicht die einzigen, die das Projekt dort ablehnen. Jetzt gibt es jedenfalls einen zweiten offenen Brief besorgter Einhäuser.

Natascha und Jürgen Johannes aus der Geschwister-Scholl-Straße haben ihn verfasst. Weitere zwölf Einhäuser haben ihn unterschrieben. Der Bau einer zentralen Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sei weder am Friedhof-Nord noch an einem anderen Standort eine gute Idee, erklären die Bürger in dem Schreiben. Probleme seien "vorprogrammiert". Sie befürchten, dass am Rande des Neubaugebiets ein "sozialer Brennpunkt" entstehen könnte (siehe Bericht unten).

Dass die Gemeinde verpflichtet ist, weitere Asylsuchende aufzunehmen, wissen Natascha und Jürgen Johannes. Sie plädieren allerdings für dezentrale Unterbringungen und begründen das mit guten Erfahrungen: "Zu unserem Freundeskreis zählen unter anderem ehemalige Flüchtlinge aus Afghanistan, Iran und Kurdistan, die es gerade deshalb so gut geschafft haben, in der deutschen Gesellschaft anzukommen und als wertvolles Mitglied akzeptiert zu werden, weil sie in Wohnungen mitten in der einheimischen Bevölkerung leben und früh Kontakt zu Deutschen finden konnten."

Nur ein einziger Bürger vermietet

Wo aber sind diese dezentralen Möglichkeiten ein Einhausen? Problem der Gemeinde ist es gerade, dass es keine Wohnungen als Alternative zur Sammelunterkunft gibt, in denen Flüchtlinge unterkommen könnten. Oft, sehr oft, hatte Bürgermeister Helmut Glanzner in den vergangenen Monaten Bürger gebeten, freien Wohnraum zu melden, damit dieser vom Kreis für Flüchtlinge angemietet werden könnte. Die Appelle blieben aber ohne Erfolg. Nur ein einziger Einhäuser hat sich bislang dazu bereiterklärt, sein Haus als Quartier für Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen.

Seit vergangenen Freitag weiß Glanzner zudem, dass in Einhausen bereits bis Ende März mit weiteren 26 Flüchtlingen zu rechnen ist. In den Containern auf dem Parkplatz an der Sporthalle - dort lebt die Gruppe der bislang 14 Einhäuser Flüchtlinge - ist jedoch kaum noch freier Platz vorhanden. Und passende gemeindliche Immobilien, in die Asylsuchende zügig einziehen könnten, hat Einhausen nicht.

Die Anwohner kritisieren, sie hätten erst aus der Zeitung von den Bauplänen erfahren. Dem Vorwurf, in die Planung nicht einbezogen worden zu sein, begegnet Glanzner allerdings mit dem Hinweis auf das Verfahren. Anwohner beteiligen zu wollen, noch bevor die Gemeindevertreter überhaupt eine Empfehlung für einen Standort abgegeben haben, sei kaum möglich. Zuerst seien die gemeindlichen Gremien an der Reihe. Heute - lange, bevor Baurecht geschaffen ist - beraten erst einmal die Ausschüsse, anschließend geht ihre Empfehlung in die ebenfalls öffentlich tagende Gemeindevertretung. Vorgesehen ist sie für den 27. Januar.

Glanzner legt Wert auf die Feststellung, dass die Gemeinde nicht untätig war. Er habe keinesfalls nur gewartet, ob sich Vermieter im Rathaus melden. Im Gegenteil sei er mit Mitarbeitern auf viele Bürger zugegangen und habe sie nicht nur einmal auf Leerstände angesprochen. "Egal, wo wir in der Vergangenheit angefragt haben, wurden Gründe gesucht, warum gerade an dieser Stelle, in diesem Haus keine Unterbringungsmöglichkeit besteht", hatte Glanzner jedoch schon in seiner Neujahrs-Rede bedauert.

Die von Anwohnern ebenfalls geäußerte Befürchtung, es könnte vorschnell eine Entscheidung getroffen werden, teilt Glanzner nicht. Zwar sind es nur wenige Wochen bis zum März. Über den Neubau werde aber mit Sensibilität und Augenmaß beraten - und nicht unter falschem Zeitdruck. "Ich gehe davon aus, dass es heute noch keine Entscheidung geben wird", erklärte Glanzner mit Blick auf die Diskussionen im Vorfeld gestern auf BA-Nachfrage.

Möglich ist, dass eine weitere Beratungsrunde bis Anfang März folgt. Dass es für die Unterkunftsfrage bald zumindest eine Zwischenlösung geben sollte, ist aber klar. Ein "Patentrezept" gebe es aber noch nicht, so Glanzner.

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