Einhausen. „Eine solche Chance kann man sich nicht entgehen lassen“, sagt Katrin Hildenbrand. Zum Oktober wird die Einhäuser Pfarrerin nach Genf umziehen. Zusammen mit ihrem Mann Christian Ferber, der vertretungsweise als Pfarrer in Einhausen tätig war und im Anschluss die Evangelische Gemeinde Schwanheim übernommen hat, wird sie in der französischen Schweiz eine Auslandspfarrstelle in der deutschsprachigen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde antreten. Auf üblicherweise sechs, mit Verlängerung maximal neun Jahre ist diese Aufgabe ausgelegt. „Ich konnte mir schon immer gut vorstellen, beruflich mal ins Ausland zu wechseln“, sagt Katrin Hildenbrand. Und die Pfarrstelle in Genf passte für das Ehepaar bestens. „Wir sind beide frankophil. Mein Mann ist ein begeisterter Skifahrer“, sagt sie.
An der schweizer Stadt schätzt sie die weltoffene Ausrichtung. Genf beheimatet neben New York City weltweit die meisten internationalen Organisationen: die UNO natürlich, und – aus christlicher Sicht bedeutend – den Ökumenischen Rat der Kirchen und den Lutherischen Weltbund.
Unter 20 Bewerbern durchgesetzt
Die beiden Bergsträßer waren längst nicht die einzigen evangelischen Geistlichen, die sich für die spannende Aufgabe interessierten. Das scheint nicht verwunderlich, gehört Genf doch seit Jahren zu den zehn Städten mit der weltweit höchsten Lebensqualität. Rund 20 Bewerber habe es auf die von der Evangelischen Kirche in Deutschland ausgeschriebene Auslandsstelle gegeben. Der Zusage sei ein langer Auswahlprozess vorausgegangen. Letztlich hatte sich die schweizer Kirchengemeinde aber für das promovierte Pfarrerehepaar entschieden.
Katrin Hildenbrand betont, dass ihr Wechsel keinesfalls als eine Entscheidung gegen Einhausen zu verstehen ist. „Ich wäre auch gerne hiergeblieben.“ Seit Juni 2015 ist sie – unterbrochen von einer Elternzeit nach der Geburt ihrer Tochter – für die Protestanten in der Weschnitzgemeinde zuständig. „Das war meine erste richtige Pfarrstelle. Zuvor hatte ich studiert und meine Doktorarbeit geschrieben“, sagt die 40-Jährige, die in Darmstadt geboren wurde, dann aber viele Jahre nicht mehr in Hessen gelebt hatte. Bei Amtsantritt sah sie sich vor sechs Jahren gleich einer riesigen Herausforderung gegenübergestellt. „Im Februar hatte ich die Zusage bekommen. Im März ist die Kirche abgebrannt“, erinnert sie sich. Als Anfängerin ein solches Projekt stemmen zu müssen, sei nicht einfach gewesen. Als weitere Schwerpunkte ihrer Tätigkeit in den vergangenen Jahren führt die scheidende Pfarrerin unter anderem die Erneuerung der Arbeit mit Kindern und Familien und die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit an. „Einhausen war für mich eine schöne erste Pfarrgemeinde“, sagt sie. Sie schätze die kurzen Wege im Ort. Vom evangelischen Kindergarten bis zum Seniorenkreis biete man für alle Altersgruppen etwas. Die Menschen seien über Generationen hinweg der Kirchengemeinde verbunden. „Da kennt man die ganze Familie. Das ist hier einfach toll und das lasse ich mit einem weinendem Auge zurück“, sagt Katrin Hildenbrand.
In der Großstadt und gerade im Ausland werde ihre Arbeit sicherlich etwas anders aussehen. Allein schon, weil in der Schweiz die Gläubigen nicht automatisch der örtlichen Kirchengemeinde angehören. Eine Erfassung über das Einwohnermeldeamt und eine Kirchensteuer gibt es dort nicht. „Da muss man die Gemeindemitglieder immer wieder aufs Neue aktiv gewinnen“, erläutert die Pfarrerin. Das Jahresbudget der Gemeinde in Höhe von 300 000 Franken müssen die evangelischen Christen dort selbst finanzieren.
Die Zahl ihrer „Schäfchen“ wird trotz des Wechsels in die Großstadt ebenfalls deutlich sinken. Gehören in Einhausen rund 1500 Gläubige der evangelischen Gemeinde an, so sind es in der deutschsprachigen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Genf gerade mal 500. Als Kirche dient ein altes Palais in der Altstadt von Genf, das sich die deutschsprachigen und die englischsprachigen Protestanten teilen.
Verabschiedung am 19. September
Der Einhäuser Kirchengemeinde wird Katrin Hildenbrand noch bis zum 19. September erhalten bleiben. An diesem Tag wird es eine offizielle Verabschiedung geben. Vorher steht für sie jedoch in den Ferien noch ein Sommerurlaub und ein weiterer Sprachkurs im Jahresplan. „Von Mitte August bis Mitte September werde ich dann noch mal im Dienst sein“, erläutert sie. Für den 17. Oktober ist für sie und ihren Mann dann bereits der Einführungsgottesdienst in Genf vorgesehen.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/einhausen_artikel,-einhausen-wechsel-nach-genf-ist-einmalige-chance-_arid,1811312.html