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„Mit Kindern offen sprechen, erklären und Regeln aufstellen“

Medienschutzberater Ulli Walther war zu Gast in der Schule an der Weschnitz / Eltern für Gefahren der Handy-Nutzung sensibilisiert

Von 
Christa Flasche
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Ulli Walther ist Lehrer und Vater. Durch diese persönliche Perspektive konnte er den Eltern der Dritt- und Viertklässler das Fachwissen praktisch vermitteln. © Christa Flasche

Einhausen. Das Thema hatte es in sich: Die Eltern des Jahrgangs drei und vier waren zu einem Vortrag mit dem Titel „Mein Kind und sein Smartphone“ eingeladen – ein Schnellkurs zur Medienerziehung. Schon früh bekommen Kinder in der Regel ein Smartphone, doch den Eltern ist die Tragweite oft nicht bewusst. Referent Ulli Walther, selbst Lehrer und Vater, hatte viele Beispiele aus der Praxis zur Hand: von Whats App über Tik Tok und Snapchat bis hin zu dubiosen Spielen, Abzocke und gefährlichen Mutproben, bei denen Kinder und Jugendliche mit ihrer Gesundheit und dem Leben spielen.

Walther sprach auch die strafrechtlichen Inhalte bei der Nutzung von Medien an. Sicher machen sich die meisten Eltern nicht viele Gedanken über die Wirkmechanismen und Auswirkungen der Lieblingsapps ihrer Kinder – doch genau diese Frage müsse man sich stellen.

Walther brachte die Dinge knackig auf den Punkt. Es war ein Vortrag, bei dem es um Kinder- und Jugend-Medienschutz aus Schul-, Eltern- und Experten-Perspektive ging. Der Referent warb für Verständnis und für die konstruktive Auseinandersetzung mit den eigenen Kindern und dafür, dass man als Eltern durchaus Regeln aufstellen und die auch unbedingt immer wieder evaluieren sollte. Im Klartext: Man müsse seine Kinder durchaus kontrollieren. „Das kann man sehr gut, indem man mit den Kindern offen darüber spricht, Dinge konkret durchgeht und ihnen dazu die entsprechenden Erklärungen liefert“, warb er für das Miteinander. Eltern sollten ebenso untereinander den Kontakt pflegen, um sich auszutauschen und gemeinsame Strategien festzulegen. In Irland gebe es eine Kommune, in der sich Eltern darauf verständigt haben, dass kein Kind dieser Gemeinde vor seinem zwölften Lebensjahr ein Handy bekommt. Fazit: Selbst das geht und es geht gut, wenn man es als Gemeinschaft will und an der Durchsetzung festhält.

Viele Eltern machten sich nicht klar, dass sie für das, was ihre Kinder tun, auch haften, verdeutlichte er. Ermittelnde Stellen fragten durchaus, auf wen das Handy laufe und wer den Vertrag bezahle.

Neben den allgemeinen Risiken der Handynutzung durch Kinder machte der Lehrer einen Streifzug durch den gesundheitlichen Part. Nutzen Kinder Handys zu oft, komme es zur Reizüberflutung. Daraus resultierten unter anderem Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, auch ADHS werde damit in Verbindung gebracht. Bei Nutzern, die sehr häufig auf einen Bildschirm schauen, seien in Studien sogar negative Auswirkungen auf das Gehirn festgestellt worden. Dabei erwähnte Walther speziell die Nutzung von Tik Tok. Die gesteigerte und unsachgemäße Nutzung von Medien lasse zudem die Hemmschwelle fallen, wenn es um Respekt und Wertschätzung gegenüber anderen Personen gehe, so Walter. Das habe maßgeblich mit der Anonymität zu tun und damit, dass man die Reaktionen des Gegenübers wie Gestik, Mimik und anderes nicht sehen kann, wenn man eine Nachricht abschickt, erläuterte er. Für die von negativen Botschaften Betroffenen sei das alles andere als akzeptabel und zu verarbeiten. „Eltern versuchen heute, ihre Kinder zu sehr zu beschützen“, meint der Referent. Doch kurioserweise laufe in Verbindung mit den sozialen Medien etwas ganz anderes. Dort seien Eltern weit weniger in Sorge um ihre Kinder. Man konnte wahrnehmen, dass diese Feststellung den Eltern im Saal durchaus zu denken gab. In diesem brisanten Punkt, so Walther, würden sich die Eltern viel zu stark auf die Vernunft ihrer Kinder verlassen.

Der Referent warb für das Miteinander und für Regeln zwischen Eltern und Kindern, das könne man durchaus verlangen. „Mit meinen Kindern habe ich damit kein Problem“, berichtete er aus seiner Perspektive als Vater. „Oft werden Konflikte im realen Leben heute nicht mehr trainiert“, führte er weiter aus. Auch diese Konflikte müssten Kinder wie auch Erwachsene lernen auszuhalten.

In Bezug auf sogenannte Influencer erläuterte Walther, dass gerade diese eine hohe Glaubwürdigkeit bei jungen Leuten genießen. Doch genau deshalb entstünden in manchen Fällen bizarre Situationen. Etwa, dass bereits Teenager zu Anti- Faltencremes greifen oder an gefährlichen Mutproben teilnehmen.

Für die Eltern hatte er viele Tipps und Anregungen parat und stand am Ende noch für Fragen zur Verfügung.

Zur Person: Ulli Walther

Der Referent ist als Oberstudienrat gerade Klassenleiter einer fünften Klasse an einer weiterführenden Schule. Er ist schulischer Medienschutzberater und Fortbilder zum Thema Kinder- und Jugendmedienschutz an der hessischen Lehrkräfteakademie sowie unter anderem freier Referent für das Darmstädter Institut für Medienpädagogik und Kommunikation Hessen. cf

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