Einhausen. Zum Weltfrauentag gab es auch in der Ortsmitte Einhausens eine Aktion. Michaela Wiegand, Fraktionsmitglied der SPD und Susanne Boor, seit 2021 stellvertretende Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Einhausen, organisierten einen Info-Stand zum Thema. Ihr Ziel war es, zu informieren und in den Dialog mit anderen Frauen und Männern zu treten.
Jedoch handelte es sich hierbei nicht um eine politische Aktion der SPD, wie beide betonten. Zwei Punkte wurden im Rahmen des Weltfrauentags dabei explizit angesprochen und standen ganz oben auf der Agenda: Equal Pay und Equal Care. Gleiche Bezahlung von Männern und Frauen für gleiche Arbeit ist eine bereits lange bekannte Forderung. Noch erhalten in Deutschland Frauen für den gleichen Job durchschnittlich 18 Prozent weniger Gehalt als Männer, war aber zu erfahren. Die Forderung nach Equal Care ist bislang weniger bekannt. Blickt man aber auf die Arbeitsteilung von Männern und Frauen im Haushalt, zeichnet sich eine deutliche Unverhältnismäßigkeit zu Lasten der Frau in der Aufgabenverteilung ab.
Vollzeitjob daheim
„Es geht nicht darum, dass die Aufgaben 50:50 verteilt werden“, sagt Michaela Wiegand. „Es geht darum, dass Sorgearbeit und Erwerbsarbeit gleichwertig gesehen werden.“ Das Sorgen um Familie und Haushalt sei ein Vollzeitjob. Daher sollten die Modelle Sorge- und Erwerbsarbeit gleich angesehen werden. „Man muss sich einfach mal bewusst machen, was man den ganzen Tag über an Aufgaben in der Sorgearbeit übernimmt, die als selbstverständlich angesehen werden. Nicht nur an Hausarbeiten. Auch sich um neue Kleidung kümmern, einkaufen, Einschlaf- und Aufwachbegleitung, Arzttermine vereinbaren, Vereinsteilnahme der Kinder organisieren gehören dazu. Das summiert sich ordentlich, wird aber als selbstverständlich angesehen“ so Susanne Boor.
Daher sollte der Infostand den Austausch zwischen Frauen anregen, die sich gegenseitig dabei helfen ihren Alltag zu regeln und gleichzeitig Ideen aufbringen, wie die gleiche Anerkennung erreicht werden kann. Um sich bewusst zu machen, wie viele Arbeiten des alltäglichen Lebens in Partnerschaften aufgeteilt werden, hatten die Organisatorinnen einen Fragebogen ausgelegt. Auf diesem standen Arbeiten aus Kategorien wie Haushalt, Kita/Schule, Gesundheit und Körperpflege, Geburtstage und Feste, Fuhrpark und Freizeit. Der Bogen sollte aufzeigen, wie die Arbeiten zuhause verteilt sind und soll bewusst machen, wie groß der Arbeitsanteil tatsächlich ist.
Partner hat oft keine Ahnung
Nach dem Ausfüllen kann mit dem Partner verglichen werden und es lassen sich gerechtere Aufteilungen besprechen. „Häufig ist dem männlichen Partner nicht bewusst, wie groß der Anteil der von der Frau zu bewältigenden Aufgaben tatsächlich ist. Da helfen solche Aktionen, um das Gespräch darüber in Gang zu bringen. Zudem geben wir die Gelegenheit, mit anderen Frauen ins Gespräch zu kommen, um zu zeigen, dass man nicht allein ist und um den Mut aufzubauen, darüber zu reden und sich klar dafür einzusetzen, dass eine Neuverteilung und Anerkennung stattfinden muss“, so Wiegand über die Aktion.
Aufgaben müssten sich gerechter aufteilen lassen und es sei endlich an der Zeit, stereotype Rollenbilder aufzulösen. Die Idee für die Aktion kam bei Betrachtung der lokalpolitischen Lage Einhausens. „Es sind einfach viel zu wenig Frauen aktiv“, stellten sie fest. In der 30-köpfigen Gemeindevertretung finden sich elf Frauen, unter den Beigeordneten des Gemeindevorstandes findet sich eine Frau, im neunköpfigen SPD-Ortsvereinsvorstand ebenfalls genau eine Frau „Das sind einfach zu wenige.“
Boor sieht zwar das Interesse bei vielen, bekommt jedoch häufig die gleiche Antwort: Ich habe keine Zeit. „Vor allem wegen der Kinder, sei keine Zeit da, um noch politisch aktiv zu werden. Wie machen das die Männer, die auch Kinder haben und politisch aktiv sind?“ Sie selbst hat ebenfalls zwei Kinder, ist berufstätig und findet dennoch die Zeit, um sich politisch einzubringen. „Es muss ja nicht direkt eine riesige Stelle mit einem Berg an Verantwortung und Zeitaufwand sein. Auch Hilfe bei kleinen Aktionen oder das Übernehmen eines Aspektes können einen Unterschied machen“, sagt sie. Es ginge vor allem darum, dass sich die Arbeit im lokalpolitischen Kreis aufteilt.
„Mit Frauen an diesen Stellen, kommen automatisch auch neue Blickwinkel in kommunalpolitische Entscheidungen.“ Bei der Aktion gehe es um das Aufzeigen der Ungleichheit, welche nicht nur Kinderbetreuung und Haushalt, sondern auch Pflegeaspekte einschließt. Boor: „Sind diese Dinge sichtbar gemacht und es findet ein Dialog statt, dann lassen sich auch Lösungswege finden.“
Digitalisierung hilft
In der Pandemie hätten sich erste Lösungsansätze gezeigt. Die digitale Teilnahme an politischen Sitzungen zum Beispiel. Auf diesem Weg würde Zeit eingespart und der Einbau der politischen Arbeit in den Alltag fiele leichter. Digitalisierung ermögliche auch auf den Smartphones der Partner geteilte Einkaufs- oder To-Do-Listen und sorge so für eine bessere Aufgabenverteilung.
Die ungleiche Bezahlung zwischen Mann und Frau, sei nicht so leicht anzugehen. „Wir müssen das Problem sichtbar machen, wir müssen über Geld sprechen, den Mut aufbringen darüber zu sprechen.“ Susanne Boor findet, dass so ein Bewusstsein für die Höhe von Gehältern und das Verständnis für Gehaltsverhandlungen wachsen würde. „Wichtig ist, dass wir Frauen uns solidarisieren und gemeinsam etwas ändern wollen.“ fw
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