Einhausen. Der Himmel strahlt in seinem schönsten Blau, die Sonne brennt, aber in der klaren Luft kündigt sich schon der Herbst an, der in knapp einem Monat laut Kalender offiziell beginnt.
Und auch bei den Familien Münsterteicher und Boor/Glück, die sich einen 100-Quadratmeter großen Mietgarten der Gemeinde Einhausen teilen, herrscht ein bisschen Erntedank-Atmosphäre. Ihnen ist bewusst, dass mit dem September und dem Oktober die beiden letzten Monate der diesjährigen Saison bevorstehen, bevor es Anfang April wieder von Neuem losgeht mit dem Pflanzen, Gießen und Ernten.
Die beiden Familien kennen sich über den Kindergarten Weschnitzwichtel, den ihre Kinder besuchen, und gehören zu den „Pionieren“ des neuen, von der CDU-Fraktion in der Gemeindevertretung angestoßenen Mietgarten-Projekts. Dieses kam in Kooperation mit Landwirt Werner Knaup zustande, der auf seinem Grundstück in der verlängerten Jahnstraße die Parzellen anlegte, den Hobbygärtnern Wasser, Gartengeräte und ein Dixi-Klo zur Verfügung stellt und sie ab und zu mit fachkundigem Rat betreut. „Die Kartoffeln liegen nicht tief genug – so wird das nichts“, habe er zum Beispiel über den Gartenzaun gerufen, erzählt Torsten Boor. „Für uns war das dann ein Ansporn: Wir kriegens doch hin“, schmunzelt er. Zumal die Opas von ihm und Toni Münsterteicher selbst Landwirte waren, denen die beiden Männer als Kinder sehr gern über die Schulter geschaut haben: Torstens Opa hatte einen kleinen Mischbetrieb mit Viehzucht im Hunsrück, Tonis Großvater einen Hof im Schwarzwald.
Zehn Kilo Kartoffeln geerntet und Karotten eingefroren und -gekocht
Der grüne Daumen scheint sich vererbt zu haben und die Einhäuser sandige Erde den Pflanzen gut zu bekommen, denn: Die Ernte war reich. So reich, dass Nicole Münsterteicher Sätze sagt wie: „Wir essen gerade viel Gemüse“, „So viel Salat habe ich noch nie gegessen“ und „Irgendwann ist auch mal gut mit Salat und Zucchini“. Anfang Juli haben die beiden Familien zehn Kilo Kartoffeln geerntet, sie haben im Frühjahr 80 Erdbeerpflanzen gesetzt, die noch immer kleine Früchte tragen, und ein Karotten-Beet angelegt, dessen Ertrag nicht nur gegessen, sondern auch eingefroren und eingekocht wurde, um es später zu Chutneys zu verarbeiten, berichtet Münsterteicher. Dazu wachsen im Garten Gurken, Tomaten und Zucchini, die bis zu 50 Zentimeter groß werden. An Kräutern kann die Gärtner-Gemeinschaft Dill, Petersilie, Schnittlauch und Kapuzinerkresse in rauen Mengen ernten. „Die Himbeeren verlassen nicht das Feld – die werden direkt hier gegessen“, verrät die 35-Jährige.
Der Knoblauch und die Zwiebeln sind bereits fertig geerntet: „Ich habe zwei Knollen zum Trocknen im Carport hängen“, sagt sie. Frischer Knoblauch sei im Vergleich zum getrockneten aus dem Supermarkt ungewohnt scharf. Torsten Boor hat ihn beispielsweise in Feta-Päckchen verwendet. Sein Sohn sei wegen des intensiv-leckeren Geruchs aus seinem Kinderzimmer gekommen, als sie im Ofen lagen.
Stolz ist Boor besonders auf die Physalis, die gerade an großen Büschen reif werden und fruchtig-frisch schmecken. Sie seien in der Adventszeit als Dekoration beliebt und daher im Supermarkt teuer.
Die beiden Familien haben den überschüssigen Ertrag an Verwandte und Freunde verschenkt. Für das nächste Jahr planen sie aber, eine dritte Familie aus ihrem Bekanntenkreis mit ins Boot zu holen. „Wer etwas davon hat, soll auch etwas dafür tun“, bringt es Nicola Münsterteicher auf den Punkt.
„Einmal gießen bedeutet 15 mal zum Wasserbehälter laufen“
Denn auch, wenn die Familien sich die Gartenarbeit teilen: Zeit und Kraft erfordert sie allemal. Vor allem, weil es derzeit noch keinen Anschluss für Wasserschläuche gibt. Werner Knaup hat auf dem Gelände vier 800-Liter-Behälter aufgestellt. Aus diesen schöpfen die Mieter der Gärten mit ihren Gießkannen das Wasser. „Für einmal gießen brauche ich 30 Gießkannen, das bedeutet 15 mal laufen“, verdeutlicht Münsterteicher. Das stehende Wasser ziehe zudem abends Mücken an. „Wenn es sehr heiß ist, gießen wir morgens und abends. Wenn es regnet, auch mal vier Tage gar nicht. Eine Familie schaut an geraden, die andere an ungeraden Tagen vorbei.
An den Wochenenden, wenn die Kinder dabei sind, wird dann auch mal ein Sonnenschirm aufgespannt und ein Bierchen herausgeholt, um auf den gemeinsamen Ernte-Erfolg anzustoßen – mit einer Hand voll Himbeeren frisch vom Strauch.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/einhausen_artikel,-einhausen-geteiltes-gartenglueck-und-reiche-ernte-im-neuen-einhaeuser-hobbygarten-_arid,2236776.html