Freudiges Wiedersehen

Freundschaft zwischen Einhäusern und Amerikanern hält seit über 50 Jahren

Der ehemalige US-Soldat und Musiker Walt Nail war zu Besuch in Einhausen, wo er einst sogar einige Monate bei Karin und Gerhard Gärtner gewohnt hatte.  

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Norbert Weinbach
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Beim Heckenfest tauschten (v.l.)Andreas Schumacher, Andrea Mizera, Gerhard Gärtner vom Musikcorps Einhausen und Walter Nail, ehemaliger Musiker der 76. US Army Band in Worms, Geschenke aus. © WEINBACH

Einhausen. Wenn ein Amerikaner zu Besuch nach Einhausen kommt, ist das eigentlich nichts Ungewöhnliches, vor allem weil die Weschnitzgemeinde seit 2003 mit der amerikanischen Stadt Shoreview in Minnesota eine Partnerschaftsverbindung hat. Wenn der Besucher aber Walt(er) Nail heißt, dann ist das insofern etwas Besonderes, weil er seit mehr als 50 Jahren nach Einhausen kommt und diese Einhäuser Partnerschaft in seinen früheren Kontakten mit dem Musikcorps und seinem Einhäuser Freund Gerhard Gärtner – damals gemeinsam mit Adi Schumacher Chef des Musikcorps – seinen Ursprung hat.

Nail pflegt viele Freundschaften mit den Mitgliedern des Musikcorps der Freiwilligen Feuerwehr. Insbesondere früher mit dem inzwischen verstorbenen Adi Schumacher und vor allem bis heute noch mit Gerhard Gärtner.

Walt Nail ist auch befreundet mit der ehemaligen Chefin des Musikcorps Andrea Mizera und ihrem Nachfolger Andreas Schumacher und es gibt regelmäßige Treffen – meist in Einhausen, von Zeit zu Zeit auch in den Vereinigten Staaten. Zu Beginn der 70er Jahre war Walt (eigentlich Walter) Nail als junger US-Soldat in Worms stationiert und spielte bei der 76. US Army Band. In Kürze wird er 82 Jahre alt.

Er ist Witwer, war verheiratet mit einer Deutschen, lebt in Augusta, hat zwei Söhne, fünf Enkel und vier Urenkel. Sein erster Besuch in Einhausen war 1970 als eine Army Band aus Kaiserslautern in Einhausen ein Konzert gab. Erste Kontakte wurden geknüpft. Eine richtige Freundschaft entstand jedoch im Jahr 1973, als er mit seiner Wormser Band in Einhausen auftrat. Er selbst spielte Posaune und Tenorhorn. Da die Menschen in Einhausen „warm und freundlich waren“, wie er selbst in einer kurzen Biografie geschrieben hatte, „entstanden viele professionelle Freundschaften“.

Picknicks und Neujahrsfeiern

Von Herbst 1973 bis 1975, dem Jahr als die 76. Army Band aufgelöst wurde, gab es jährlich fünf Treffen zwischen der Band und den Mitgliedern des Musikcorps der Freiwilligen Feuerwehr Einhausen. Es wurden Picknicks veranstaltet, eine Ernte-Dank-Feier, eine Neujahrsparty und einige andere Aktivitäten.

Nachdem die meisten US-Bandmitglieder 1975 nach Berlin versetzt worden waren, wurde der Kontakt mit dem Musikcorps weiterhin gepflegt, bis die 298th US Army Band Berlin in den späten 90er-Jahren deaktiviert wurde. Die gemeinsamen Konzerte in der Mehrzweckhalle waren über Jahre „Highlights“ im Einhäuser Veranstaltungskalender. Im Anschluss wurde die Freundschaft mit dem 7. Army Chorus bis 2004 weiter aufrecht gehalten, erzählte jetzt Walt Nail, der recht gut deutsch spricht.

Im Laufe der Jahre hätten sich zahlreiche persönliche Freundschaften entwickelt. Walt Nail hatte nach dem Umzug der Wormser Band neun Monate in einer amerikanischen Firma in Bensheim gearbeitet und bei der Familie Gerhard und Karin Gärtner gewohnt. Diese Freundschaft hat jetzt mehr als 50 Jahre gehalten und es besteht weiterhin ein reger Austausch.

Gerhard Gärtner meinte, dass Freundschaft keine Einbahnstraße sei, nur dann könne sie funktionieren.

Geschenkübergabe nach einem Konzert des Musikcorps Einhausen in der US-Militärbasis Fort Gordon bei Augusta (Georgia) im Jahr 1983: Unser Bild zeigt Gastgeber Walter Nail (l.) sowie die Musikcorps-Chefs Adi Schumacher (2.v.r.) und Gerhard Gärtner (r.). © Andrea Mizera

Aus den jahrelangen Besuchen der 298th US Army Band Berlin entstanden weitere Freundschaften in Einhausen, die ihre Kreise zog. US-Orchestermitlieder Cheryl Wason und Carla Gerding, die Frau von Musiker John, hatten amerikanische Schüler und Erwachsene nach Deutschland begleitet und regelmäßig Einhausen besucht. Dick Saddler, Tom Easley, Dave Ratliff und Walt Nail waren aus allen Ecken der Staaten gekommen, um das Musikcorps bei seiner ersten US-Tournee 1978 in Washington D.C. zu treffen und zu betreuen, als es drei Wochen in den USA weilte und sogar bei der berühmten Steuben-Parade mitmarschierte und Einhausen musikalisch vertrat. Gerhard Gärtner versicherte, dass dieser Auftritt wohl das Größte gewesen sei, was die Musiker zur damaligen Zeit erlebt hatten.

Als das Musikcorps 1983 wieder in die USA flog, waren Walt Nail in Augusta und Tom Easley in Silverhill im südlichen Alabama die Gastgeber. Zur 30-Jahr-Feier Deutsch-Amerikanische Freundschaft hatte das Musikcorps im Jahr 2000 die Mitglieder der Musikband ARMM (Association Retaired Musicens Military) nach Einhausen eingeladen. Es war eine Musikgruppe, die Walt Nail gegründet hatte. Eine Woche lang wurde in Einhausen gefeiert, mit Sektempfang, Festlichkeiten und Ausflügen in den Schwarzwald und in die Pfalz.

Es gab gegenseitige Besuche in den USA und in Deutschland. Vor allem Karin und Gerhard Gärtner, deren eine Tochter in den USA lebt, besuchten Walt und Bea Nail in den Vereinigten Staaten und die Nails kamen hin und wieder nach Einhausen. Unter anderem reiste auch Tom Easley mit seiner Bluegrass Band zweimal nach Deutschland und hier nach Einhausen.

40 Jahre Freundschaft wurde im Jahr 2010 in Spring Branch (südliches Alabama) gefeiert. Damals reiste eine kleine Gruppe des Einhäuser Musikcorps mit den Drahtziehern der Freundschaft, Karin und Gerhard Gärtner, in die Heimat von Tom und Judy Easley, wo das Musikcorps bereits bei zwei seiner Tourneen, letztmals 1998, zu Gast war.

Die 50-jährige Freundschaft sollte im Jahr 2020, zurückgehend auf den ersten Auftritt 1970 der Band aus Kaiserslautern, eigentlich in Spring Branch gefeiert werden. Die Corona-Pandemie machte dem Plan jedoch einen Strich durch die Rechnung.

„Wir sind Familie“

In seinen Erinnerungen hatte Walt Nail im Jahr 2020 geschrieben: „Lasst uns noch einmal zusammenkommen in Spring Branch, um 50 wunderbare Jahre einer seltenen und herzlichen Freundschaft zu feiern zwischen Menschen von zwei Kontinenten und zwei verschiedenen Kulturen. Es ist mein besonderes Privileg, Gerhard und Karin als beste Freunde zu betrachten während dieser ganzen Zeit. Wir sind mehr als Freunde – wir sind Familie“.

Als Walt Nail jetzt in Einhausen bei der Familie Gärtner weilte, hatte er auch das Heckenfest besucht. Dort wurde ihm von Andrea Mizera und Andreas Schumacher ein Erinnerungsteller mit dem Wappen von Einhausen überreicht. Walt Nail hatte zwei bunte Teller mit den Flaggen von Deutschland und den USA mitgebracht. Es waren Erinnerungsteller an die 50 Jahre Freundschaft zwischen den beiden Musikbands und vor allem – der persönlichen Verbindung zur Familie Gärtner, die ihn als jungen GI in ihrer Familie Willkommen geheißen hatten. Gemeinsam mit Gerhard Gärtner durfte er dann die Tombola-Lose ziehen und an die Gewinner übergeben.

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red/Bild: Gutschalk
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Walt Nail ist inzwischen wieder wohlbehalten in Augusta/Georgia angekommen. Bevor er in seine amerikanische Heimat zurückreiste, verabschiedete er sich noch von einigen Bekannten. Dazu gehörte auch Bürgermeister Helmut Glanzner, der dem Gast zwei Badetücher mit dem „Giggel“ als Erinnerung überreichte.

Auch, wenn er jetzt Einhausen wieder verlasse, versicherte Nail, „wird die Freundschaft aber bleiben“. Vielleicht treffen sich die Freunde Nail und Gärtner im Jahr 2026 wieder, um gemeinsam ihren 85. Geburtstag zu feiern.

Freier Autor Seit mehr als 40 Jahren als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitungen aktiv, Fotograf und Berichterstatter, im Regelfall waren/sind es Zeitungen die dem BA oder ganz früher, mit dem Echo verbunden waren. Berichterstattung meistens über Lorscher Vereine und Organisationen, früher auch Sport.

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