Freizeit

Einhäuser Frauenfrühstück über Leben und Werk Erich Kästners

Pfarrerin Beatrice Northe referierte im Evangelischen Gemeindehaus über den vor allem durch seine Kinderbücher heute noch bekannten Literaten und Kriegsgegner.

Von 
Anneliese Parzinger
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Organisatorin Ulrike Peter (r.) dankte Beatrice Northe für ihren Vortrag. © par

Einhausen. „Endlich wieder Frauenfrühstück“, war zu Beginn der Veranstaltung im Evangelischen Gemeindehaus nach der Sommerpause von einigen Teilnehmern zu hören. Wer etwas zu spät kam, musste sich für das nächste Treffen im Oktober in die schon vorhandene Warteliste eintragen. Ulrike Peter begrüßte die Anwesenden und eröffnete das Frühstücks-Büfett. Als Referentin war Pfarrerin Beatrice Northe eingeladen, die sich mit der Geschichte und den Werken des bekannten Autors, Dichters, Romanciers und Drehbuchautors Erich Kästner auseinandergesetzt hatte.

Erich Kästner, so Beatrice Northe, sei am 23. Februar 1899 in Dresden geboren und in kleinbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen. Zunächst streifte sie die Kindheit und die Familienverhältnisse des später hoch gelobten aber auch in der Nazizeit verschmähten Literaten.

Er wuchs als einziges Kind eines Sattlermeisters auf, dessen Vaterschaft ungewiss und dessen Rolle in der Familie geringfügig gewesen sei. Sein wichtigster Bezugspunkt war seine psychisch labile Mutter, die er mehrfach vom Selbstmord abhalten musste. Er schrieb ihr zeitweise täglich Briefe und Postkarten und blieb ihr bis zu ihrem Tod 1951 eng verbunden. Schon als Kind galt er als aufgeweckter Junge, besuchte die Realschule und anschließend ein Lehrerseminar.

Mit 17 Jahren zum Militärdienst eingezogen, diente Erich Kästner im Ersten Weltkrieg in einem Artillerie-Regiment. In der Weimarer Republik schrieb er gesellschaftskritische und antimilitärische Gedichte, Glossen und Essays. Die Schrecken des Krieges, vor allem in Gestalt eines sadistischen Militärvorgesetzten, schärften die kritische Wahrnehmung des jungen Kästner und führen bei ihm zu einer ausgeprägten Abneigung gegen Nationalismus, Kriegstreiberei und Waffenbegeisterung.

Vom Leipziger Studenten zum Berliner Satiriker

Nach Ende des Ersten Weltkriegs studierte Kästner in Leipzig. Sein Studium finanzierte er sich als Theaterkritiker und Journalist, 1925 promovierte er als Germanist. Von 1927 an lebte Kästner in Berlin und veröffentlichte Gedichte, Lustspiele, Rezensionen, Glossen und Reportagen – teils unter Pseudonym, teils unter seinem echten Namen. Bald wurde er in der Hauptstadt bekannt, er galt als bissiger Satiriker und scharfer Beobachter. 1928 erscheint sein erster Gedichtband „Herz auf Taille“, dem bis 1933 drei weitere Bände folgen.

Doch es ist sein erstes Kinderbuch „Emil und die Detektive“, das ihn 1929 endgültig zum Star der deutschen Literaturszene werden lässt. Weitere Kinderbücher sollten folgen – allesamt zeitlose Klassiker: „Pünktchen und Anton“ (1931), „Das fliegende Klassenzimmer“ (1933) und „Das doppelte Lottchen“ (1949).

Werke wurden verboten und verbrannt

Kästner wurde weltweit nicht nur durch seine Kinderbücher, sondern auch für seine Gedichte und Romane, die die politischen Machenschaften vor allen Dingen während der NS-Zeit anprangerte. Daher wurden seine Werke verboten und verbrannt und er erfuhr Schreibverbote für viele seiner Bücher, darunter der Roman „Fabian“. Sein wachsendes Unbehagen angesichts des wiedererstarkenden Nationalismus drückte er 1928 in seinem Gedicht „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?“ aus. Darin beschreibt der 29-Jährige Deutschland als durch und durch militaristisch geprägtes Land.

Auch Adolf Hitler bekommt von Erich Kästner sein Fett weg. In dem 1930 verfassten Gedicht „Brief an den Weihnachtsmann“. Trotzdem blieb er Deutschland auch während der NS-Zeit treu, während viele andere Künstler ihre Heimat verließen. Sein Motto hieß: „Ich bin Deutscher und stamme aus Dresden in Sachsen.“ Er wollte die NS- und Kriegszeit beobachten, um später als Zeitzeuge darüber zu berichten und wurde zum Chronisten seiner Zeit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zog Kästner nach München. Kästner vergisst zeitlebens nicht seine Herkunft aus einfachen Verhältnissen. In seinen Kinderbüchern stellt er die Unvoreingenommenheit der Kinder dar, die aus armen und reichen Verhältnissen stammen. Im „Fliegenden Klassenzimmer“ helfen reiche Eltern einem Freund ihres im Internat lebenden Sohnes, die in Afrika lebenden Eltern wiederzusehen, indem sie für die ganze Klasse einen Flug nach Afrika ermöglichen.

In München veröffentlichte Kästner zahlreiche Werke und mahnte weiter gegen Nationalismus und Militarismus. Ab 1965 zog er sich weitgehend aus dem Literaturbetrieb zurück und verstarb am 29. Juli 1974.

Das nächste Treffen ist am Mittwoch, 15. Oktober, wie gewohnt ab 9 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus. Wer bei diesem oder einem der nächsten Treffen teilnehmen will, meldet sich bei Lioba Wüst unter der Telefonnummer 06251 / 51863.

Freie Autorin

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