Einhausen. Die Corona-Pandemie machte vielen großen und beliebten Veranstaltungen in den letzten Jahren einen Strich durch die Rechnung. Umso begeisterter zeigt sich das Publikum, wenn diese endlich wieder stattfinden können. So war es auch in Einhausen, als der Verein zur Erhaltung der Tradition (VzEdT) zu den traditionellen Narrengiggel-Sitzungen erstmals in die neue Einhäuser Mehrzweckhalle eingeladen hatte. Viele Einhäuserinnen und Einhäuser nahmen die Einladung gerne an und sorgten für voll besetzte Tische in der Halle.
Knapp 400 Besucher tummelten sich in den verschiedensten Kostümen in der Halle, ehe die Sitzung dann um – wie sollte es bei einem Verein, der das Wort „Tradition“ im Namen trägt auch anders sein? – 20.11 Uhr losging.
Lachyoga zum Auftakt
Die „Wiehlmeis“ hatten sich auf der Bühne eingefunden und begannen den Abend mit einer Aufwärmübung für die Lachmuskeln. Schließlich habe es „Lachveranstaltungen“ nun schon länger nicht mehr gegeben und man wolle daher vorher kurz üben. Im Rahmen eines Lachyoga-Kurses wurde das Publikum zum Lachen und gleichzeitigen Klatschen angeleitet, ehe der Elferrat unter musikalischer Begleitung des Musikcorps der Freiwilligen Feuerwehr Einhausen unter Leitung von Andreas Schumacher in die Halle einzog. Dort nahmen sie ihren Platz am langen Tisch auf der Bühne ein, um von dort den Abend zu leiten und die zahlreichen Programmpunkte anzukündigen.
Sitzungspräsident Kristof Glanzner demonstrierte nach seiner Begrüßung erst einmal eindrucksvoll die Licht- und Tonanlage der 2020 eingeweihten, aber noch nie für die Fastnacht genutzten Mehrzweckhalle. Als Ehrengästin des Freitagabends hatte sich auch die Ur-Einhäuserin und neue Sitzungspräsidentin der hessischen Weiberfastnacht im hr-Fernsehen, Michaela Hartnagel-Keil, eingefunden.
Der erste Auftritt des Abends gebührte dann dem neugegründeten Nachwuchsballett, den Konfetti-Kids. Unter Anleitung von Trainerin Andrea Glanzner hatten diese eine schwungvolle Choreographie vorbereitet.
Als verschiedene Tiere verkleidet übernahmen sie die Bühne, tanzten, hüpften und rannten mit einer Leichtigkeit und Ausdauer umher, wie wohl nur Kinder sie haben können. Dabei legten sie ein Tempo und akrobatische Einlagen vor, bei denen man manche erwachsene Tanzgruppenmitglieder förmlich schlucken hören konnte.
Das Publikum belohnte die Energie der jungen Tänzerinnen und Tänzer mit donnerndem Applaus und ließ für die „Konfetti-Kids“ die erste „Rakete“ des Abends steigen. Kurz darauf zogen die Mädchen und Jungen bei der Zugabe das Tempo noch einmal an und zeigten, dass „müde“ an diesem Abend für sie ein Fremdwort war.
Protokoller Daniel Degen blickte auf das Jahr 2022 zurück. Die verschiedensten Themen hatte er in Verse gepackt. Nicht fehlen durften inhaltlich Pandemie und Impfungen. Aber auch die Probleme, mit denen der Planet zu kämpfen hat, wie die Verschmutzung der Meere und der ins Leere gelaufene Klimagipfel.
Mit den Zeilen „Z-Promis der Resterampe, verzehren hier die Ekelpampe“ beschrieb er das „Dschungelcamp“ bei RTL. Doch auch in den näheren Umkreis fiel der Blick des Chronisten, der sich sowohl dem Nachbarort Lorsch als auch der Weschnitzgemeinde selbst zuwandte.
So sei die neue Mehrzweckhalle „wie gemacht für den Verein“. Dank gelte dabei vor allem dem Kreis Bergstraße und dem Bürgermeister Helmut „Helle“ Glanzner – solange der Verein nicht für die Nutzung der Halle zu Kasse gebeten wird.
Nach dem Rückblick betraten die zwei „Lästerschwestern“ Nadine Hedderich und Sabrina Gratzer die Bühne. Thematisch widmeten sich diese den Schwierigkeiten des Eltern- und Ehe-Lebens. Etwa, wenn die Tochter vor der Abfahrt zur Klassenfahrt bittet: „Mama, du bist heute aber nicht peinlich, ja?“.
Die eindeutige Antwort ist ein riesiges Banner mit der Aufschrift: „Mama liebt dich und dein Teddy ist im Kofferraum.“ Unbezahlbare Blicke erhalte man, wenn man sich im Erwachsenenalter in das Ikea-Bällebad setzt und den anderen Kindern unter Tränen erzählt, dass man vor 40 Jahren hier abgesetzt und vergessen worden sei.
Und auch, welche neuen Probleme die Pandemie ins Eheleben brachte, wussten die beiden: Dann nämlich, wenn nach dem gemeinsamen Einkauf zuhause die Masken abgesetzt wurden und sich herausstellte: Der falsche Mann wurde mitgenommen.
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Die Tanzgruppe „Ruck Zuck Dormelisch“, die unter Leitung von Sandra Lück und Nina Pobloth fleißig trainiert hatte, sorgte dann mit ihrem angeleiteten Zumba-Workout für tosende Stimmung im Saal. Als die Musik dann zu Van Halens Hit „Jump“ überging und die Mitglieder der Tanzgruppe den Titel wörtlich nahmen, füllten tosende Jubelrufe die Halle. Schließlich hatten sich die Tänzer dazu ihrer Jacken entledigt und zeigten sich nun in sportlichen Einteilern und mit Stirnbändern. Den Zugaberufen kamen sie natürlich nach und präsentierten dabei eine Choreographie, bei der leuchtende Umhänge, Hula-Hoop-Reifen, Bälle und wehende Bänder zum Einsatz kamen.
Gelungene Bühnenpremiere
Eine Bühnenpremiere stand für Joachim Schwöbel an. Eines Abends sah er ein Stand-Up-Comedy-Programm und dachte sich: „Das kannst du auch.“ Und der Rest sei Geschichte. Nicht berücksichtigt habe er dabei das Problem, dass er nicht gut vor Menschenmengen sprechen könne, was schon bei Gruppen von mehr als zwei Personen der Fall sei.
Dagegen helfen soll bekanntermaßen, sich das Publikum nackt vorzustellen. Eine Maßnahme, der Schwöbel nach einem Blick in die Halle „beim besten Willen nicht“ nachkommen wollte. Die angebliche Nervosität sorgte dafür, dass so mache Pointe schon vor dem eigentlichen Witz genannt wurde. Die wiederholten Erzählversuche wurden dann aber mit viel Applaus und Gelächter quittiert. So auch das Wortspiel, dass der Post-Service in Einhausen zuvor eher „rau“ gewesen sei, mittlerweile jedoch so spitze, dass es für drei reichen würde.
Umbaupausen auf der Bühne wurden gewohnt souverän von Jean Diehl musikalisch überbrückt. Er war nicht nur „der Mann am Tusch“, sondern auch für die begeistert aufgenommenen Schunkelrunden, sowie für die musikalische Untermalung bis in die frühen Morgenstunden verantwortlich.
Musikalisch ging es weiter, als die Chicken Girls, das Vereinsballett des VzEdT, dem Saal mit ihrem Disco-Medley ordentlich einheizten. In silber-glitzernden Kleidern wirbelten sie über die Bühne und sorgten für große Augen, eifriges Mitklatschen, ekstatische Zwischenrufe und am Schluss für begeisterten Applaus. Die lautstark eingeforderte Zugabe war keinesfalls weniger energiereich und zeigte erneut, weshalb „die Chicken Girls für den Verein ganz unentbehrlich“ sind. Das fleißige Training unter Leitung von Alexandra Hartmann und Josefine Bickel hatte sich erneut ausgezahlt.
Daran etwas auszusetzen hatten als Einzige im Saal Daniel Degen und Christopher Hiemenz, die auf der Bühne in die Rolle der Hausmeister geschlüpft waren und mit Schrecken feststellten, dass das Tanzen in Stöckelschuhen für Dellen im neuen Boden der Bühne gesorgt hatte. Der Ärger war dann wieder vergessen, als sie über den Tanz selbst zum Thema Sport kamen.
So machen sie sehr gerne Sport. Aber nicht so oft, schließlich soll es etwas Besonderes bleiben. Außerdem sei man noch kaputt vom Crossfit am Morgen. Dass die korrekte Aussprache der morgendlichen Betätigung „Croissant“ und nicht Crossfit ist, konnte den Stolz über 13 verdrückte Gebäckteile jedoch nicht mindern. So könne man jetzt auch im Fitnessstudio arbeiten.
Zwar lediglich als Gewicht, aber immerhin. Sportliche Erfolge seien dennoch zu verzeichnen. „Ich habe drei Kilo abgenommen. Sieht man schon, oder?“ Die rhetorische Gegenfrage, ob es auffalle, wenn man eine Seite aus einem Telefonbuch herausreißt, blieb unbeantwortet.
Nach der zweimal elf Minuten langen Pause traten dann die „Wiehlmeis“ auf die Bühne. Mit ihrem längst zur Tradition der Narrengiggelsitzungen gehörendem Programm – immerhin sind die „Wiehlmeis“ seit 40 Jahren fester Teil der Sitzungen – sorgten sie für lautstarkes Lachen in der gesamten Halle. Um allerlei Kuriositäten des alltäglichen Lebens in Einhausen drehten sich ihre Lieder und kleinen Sketche.
Der geplante Neubau in der Peterstraße, gegen den sich manche Anwohner wehrten, Schäden durch kalkhaltiges Wasser an Grabsteinen, der trommelnde Lorscher Bürgermeisterkandidat oder Einhausens ungenutzte Mitfahrerbank waren nur einige der Themen, denen sich die Truppe widmete. Ihr Ende fanden die Geschichten stets in der Strophe: „Das kann doch nur Einhausen sein, von dem wir hier jetzt singen“, welche das Publikum euphorisch mitsang.
Die Reggeatons sorgten danach – nur mit knallengen Hosen und Westen bekleidet – für Stimmung, als sie ihre kraftvolle Choreographie präsentierten, die dem Publikum wohl schon beim Zuschauen den Schweiß auf die Stirn trieb. Der Spaß an der Bewegung war den Tänzerinnen und Tänzern um Trainer Pedro Blas anzusehen. Entlohnt wurde die Anstrengung mit Beifall und frenetischem Jubel.
Ein Kanalreiniger aus Lorsch
„Die Weschnitzschnouge“ erzählten von den Schikanen, die der Lorscher Kanalreiniger bei einer Inspektion in Einhausen wortwörtlich auf sich ergehen lassen musste, als er mit einem Gemeindemitarbeiter unterirdisch von Haus zu Haus zog und dabei diverse bekannte Orte Einhausens abklapperte. Die dortigen Begegnungen endeten stets damit, dass sich die Einhäuser nicht davon abhalten ließen, die Spülung zu betätigen. Die Information, dass die Gemeinde seit fünf Jahren über eine Kanalreinigungsmaschine verfügt, wurde dem Reiniger aus der Nachbarstadt selbstverständlich vorenthalten.
Das zweite Vereinsballett des VzEdT, die Dancing Chicks, nahmen das Publikum dann mit auf eine Zeitreise ins alte Ägypten. In stilistisch passenden Kleidern und mit langen Tüchern behangen traten sie auf die Bühne. Auch Mumien hatten sich unter die Tänzerinnen gemischt. Von den ersten Intro-Tönen des Klassikers „Walk Like an Egyptian“ bis hin zum mit Gold-Konfetti untermalten Finale des Tanzes sorgten sie für ausgelassen Stimmung in der Einhäuser Mehrzweckhalle. Ihren ersten Auftritt hatten die Dancing Chicks vor zehn Jahren, erinnert Sitzungspräsident Kristof Glanzner, als die Trainerinnen Eva Freudenberger und Sabrina Vu auf die Bühne traten.
Zum großen Finale fanden sich alle teilnehmenden Gruppen des Abends auf der Bühne ein, ehe sie die Halle tanzend und singend verließen und der offizielle Teil des Abends um Viertel vor eins sein Ende fand. Ein Ende war für die Feiernden in der Halle dann allerdings noch nicht in Sicht.
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