Kommunalpolitik

„Eine Steg-Sanierung wäre längst fertig“

Die Einhäuser Grünen nehmen bei einem Pressegespräch Stellung zu aktuellen Projekten im Ort und zur angestrebten Klimaneutralität der Gemeinde

Von 
Jörg Keller
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Einhausen. „Wenn wir uns seinerzeit für die Sanierung des bestehenden Schulstegs entschieden hätten, wären wir schon lange fertig und hätten gar nicht erst die Baupreissteigerungen einkalkulieren müssen“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Hanna Blumenschein im Rahmen eines Pressegesprächs mit dieser Zeitung. Ihre Fraktion lehnt bekanntlich den Bau des neuen Weschnitzstegs mit Blick auf die Kosten und Dimensionen ab. Mit dem Stimmen von CDU und SPD hatte die Gemeindevertretung vor den Osterferien – wie berichtet – einer Kostensteigerung auf 657 000 Euro zugestimmt. Aufgrund weitreichender Förderungen aus Steuergeldern von Bund und Land rechnet man im Rathaus mit einem Eigenanteil von nur 148 000 Euro. Und das ist deutlich weniger als die 207 000 Euro, die die Gemeinde heute nach Kalkulationen der Verwaltung für die Sanierung des in die Jahre gekommenen Schulstegs aus eigener Tasche aufbringen müsste. 2018 hatte der Zweckverband KMB für die Instandsetzung der in den 1950er Jahren gebauten Stahlkonstruktion Kosten in Höhe von 131 000 Euro geschätzt. Hätte man die Maßnahme damals gleich umgesetzt, wäre man günstiger weggekommen als mit dem beschlossenen Neubau, rechnen die Grünen vor. „Die Befürworter des neuen Stegs passen ihre Argumente immer wieder schnell den aktuellen Gegebenheiten an“, sagt Gemeindevertreterin Simone Neef mit Blick auf die Planungen, die sich mittlerweile seit fünf Jahren hinziehen. Und weiterhin beharrt man bei der Fraktion darauf, dass es Fördergelder, wenn es schon ein Neubau sein muss, auch für einen weniger breiten Steg gegeben hätte. Man habe entsprechende Informationen dazu vorliegen.

Bürgermeister Helmut Glanzner betonte jedoch zuletzt in einem Gespräche mit dieser Zeitung noch einmal, dass die jetzt vorgesehene Breite von vier Metern unabdingbare Voraussetzung dafür sei, damit die hohe Fördersumme aus dem Programm „Nahmobilität“ nach Einhausen fließen kann. 379 000 Euro wurden bereits im Spätjahr 2022 bewilligt. Nach der Preissteigerung hofft man im Rathaus jetzt auf einen Nachschlag, so dass der Bundeszuschuss letztlich auf 440 000 Euro anwachsen würde.

Die Grünen stören sich aber nicht nur an den finanziellen Aspekten des Vorhabens. Nach Einschätzung von Hanna Blumenschein und Hildegard Osterholt werden auch Gefahrenpunkte entstehen, wenn Radfahrer „über den breiten Steg rasen und dann abrupt abbremsen müssen“. Das bei der Sitzung der Gemeindevertretung von der CDU vorgebrachte Argument, mit dem breiten Steg am Weschnitzdamm Begegnungsverkehr für Lastenräder zu ermöglichen, halten die Grünen für vorgeschoben. „Da ist es fast nirgendwo vier Meter breit“, verweist man beispielsweise auf die Engstelle am Lösermannweg.

„Investition zur falschen Zeit“

Ähnlich kritisch bewerten die Grünen auch die Entwicklung beim Bürgerhaus-Neubau, bei dem die Gemeindevertretung bei ihrer letzten Sitzung ebenfalls mit den Stimmen von CDU und SPD grünes Licht für gestiegene Kosten gegeben hat. Auch hier sei zunächst von einer energetischen Sanierung des Bestandsgebäudes die Rede gewesen. Dann wurde ein Abriss bis zum Untergeschoss favorisiert. Jetzt wird die ehemalige Zigarrenfabrik komplett abgerissen und es entsteht das neue Sport- und Kulturzentrum Bürgerhaus.

„Ein bestehendes Gebäude abzureißen und neu zu bauen, ist nicht nachhaltig. Es braucht 50 Jahre, bis die dadurch entstehend CO2-Emission wieder ausgeglichen ist“, sagt Hildegard Osterholt. Und jetzt machen wir sogar Abstriche bei der energetischen Ausgestaltung der Gebäudetechnik, ärgert sich Hanna Blumenschein mit Verweis auf die Diskussion zur Belüftung des Gebäudes. Lüftungsanlagen soll es nach der zuletzt vorgestellten Planung nur für den Saal, die Schießanlage und die Sanitäranlagen geben. Bei allen anderen Räumen müssen die Fenster geöffnet werden, um frischen Sauerstoff hineinzulassen. So oder so sind die Einhäuser Grünen der Ansicht, dass sich die Gemeinde das Millionenprojekt „in diesen unsicheren Zeiten“ nicht leisten sollte. „Wir lehnen das Projekt nicht grundsätzlich ab, würden es nur gerne verschieben“, sagt Simone Neef. „Man muss auch mal warten können“, ergänzt Hanna Blumenschein. Hildegard Osterholt ist hingegen aus Klimaschutzgründen grundsätzlich dagegen „Und zwar, seitdem der Abriss bis zur Kellerdecke Thema war“, sagt sie.

Letztlich steht für die Einhäuser Grünen das von der Gemeindevertretung beschlossene Ziel der Klimaneutralität bis 2030 ganz oben auf der Agenda, wird beim Pressegespräch betont. Dazu müsse man Ideen entwickeln. „Es gibt auf Einhäuser Dächern jede Menge freie Flächen für Photovoltaikanlagen“, sagt Hildegard Osterholt. Es sei eine Überlegung Wert, eine Art Energiegenossenschaft zu gründen, um entsprechende Projekte zur Erzeugung Erneuerbarer Energie zu beschleunigen.

Dass schon kleinere, leicht umzusetzende Projekte wie die von der SPD beantragte Förderung von Stecker-Photovoltaikanlagen (Balkonkraftwerke) von der CDU abgelehnt werden, kann die Grünen-Gemeindevertreterin nicht nachvollziehen. „Das ärgert mich richtig“, sagt sie. Den Christdemokraten gehe es häufig nicht um die Sache, mutmaßt Simone Neef: „Wenn ein Antrag von SPD oder Grünen kommt, wird er gleich abgelehnt.“

Wohncontainer für Flüchtlinge nicht außerhalb aufstellen

Nachdem nach Angaben von Bürgermeister Helmut Glanzner voraussichtlich für ein Jahr ein zusätzliches Haus zur Unterbringung von neu ankommenden Flüchtlingen zur Verfügung steht, hat die Gemeinde erst einmal Zeit gewonnen.

Wie berichtet sollen im Rahmen der Direktzuweisung durch den Kreis pro Quartal 19 bis 25 geflüchtete Menschen nach Einhausen kommen, die die Gemeinde unterbringen muss.

Im Rathaus plant man mittelfristig daher auch mit Wohncontainern. Wo diese aufgestellt werden sollen, ist jedoch noch nicht klar. Die Einhäuser Grünen sprechen sich auf jeden Fall gegen einen abgelegenen Standort außerhalb der normalen Wohnbebauung aus. Dort sei eine Integration der Menschen nicht möglich. Begrüßt wird von den Grünen die von der Verwaltung initiierte Aktion „Vermiete doch an die Gemeinde“, auf die es bislang jedoch nur wenig Reaktionen gegeben habe. „Wir können nur an die Einhäuser Bürger appellieren, freien Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, sagt Hildegard Osterholt. kel

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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