Einhausen. Johannes Dieter ist bislang der einzige Einhäuser, nach dem in seiner Heimatgemeinde offiziell eine Straße benannt wurde: die Bischof-Dieter-Straße. Sie liegt im Wohngebiet zwischen Kirchgartenstraße und Böhlchen.
Und doch ist die Spurensuche nach dem Wirken des bedeutenden Sohnes des Ortes nicht so einfach. Die herausragende Wirkungsstätte des Geistlichen liegt nämlich rund 16 000 Kilometer Luftlinie von der nach ihm benannten Straße entfernt: Die Südseeinsel Samoa, zu deren Bischof er im Jahr 1954 ernannt worden war. 20 Flugstunden benötigt man von Deutschland bis dorthin.
Der Südsee-Staat Samoa
Der Südsee-Staat Samoa liegt mehr als 20 Flugstunden von Deutschland entfernt.
An die Zeit, als West-Samoa deutsches Kolonialgebiet war, erinnern ein deutscher Friedhof und Denkmäler in Apia. Auch tragen viele Einwohner deutsche Namen.
Deutsches Bier gibt es auf Samoa ebenfalls. Das Vailima ist weltbekannt und wird nach deutscher Tradition gebraut.
Bei Touristen sehr bekannt ist das Hotel Aggie Grey´s. Das Haus in Apia hat Kultstatus. Zu den Gästen zählten unter anderem Gary Cooper, Marlon Brando und Königin Elisabeth II.
Auch ein berühmter Schriftsteller war in Samoa daheim: Robert Louis Stevenson, der Autor der „Schatzinsel“. sch
An eine Reise in die Südsee dachte im Jahr 1903 sicherlich noch niemand im damals noch eigenständigen Klein-Hausen. Am damaligen 29. September wurde Johannes Dieter als eines von fünf Kindern von Philipp und Margarete Dieter (geborene Arnold) in Klein-Hausen geboren. Die Familie wohnte in dem Gebäude der heutigen Gaststätte „Zum Engel“. Philipp Dieter war seinerzeit Inhaber und Betreiber der Lokalität.
Mit sechs Jahren begann für Johannes Dieter die Schulzeit. Es folgte eine Kaufmannslehre, die er mit Erfolg abschloss. Schon in dieser Zeit war er durch seine witzige und heitere Art bei den Leuten sehr beliebt. Auch begann er sich schon damals für den Beruf des Seelsorgers zu interessieren. Doch erst als er 17 Jahre alt war, erhielt er von seinen Eltern die Erlaubnis in die Missionsschule der Maristen nach Meppen an der Ems zu gehen.
Die Maristen sind eine von Jean-Claude Colin 1824 gegründete katholische Ordensgemeinschaft. Sie nennt sich „Gesellschaft Mariens“, lateinisch „Societas Mariae“. Gleichzeitig mit der offiziellen Anerkennung durch Papst Gregor XVI. im Jahr 1836 übernahmen die Maristenpatres die Missionen in der westlichen Südsee. Nach erfolgreichem Maturum trat er in die Gesellschaft Mariens ein.
In Holland machte er seine philosophischen und in Fürstenzell bei Passau seine theologischen Studien. Am 29. Juni 1933 wurde er in Passau durch Bischof Erik Müller zum Priester geweiht. In Klein-Hausen wurde das 1934 noch einmal im Kreis von Familie und Freunden gefeiert.
In Meppen wirkte er zunächst als Lehrer. Sein schon damals gehegter Wunsch, in die Mission zu gehen, wurde ihm Ende 1936 erfüllt. Als Missionsfeld wurde ihm Samoa zugewiesen. Samoa war bis 1914 deutsche Kolonie. Drei Wochen nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren die Deutschen von den Neuseeländern vertrieben worden. Dennoch waren viele geblieben und das „deutsche Erbe“ ist noch immer spürbar. Die Hauptstadt Apia liegt auf der Insel Upolu, wo die meisten Einwohner leben. Samoa wurde am 1. Januar 1962 unabhängig von Neuseeland. Die Entfernung nach Neuseeland beträgt knapp 2900 Kilometer, zum nächsten Nachbarn, Tonga, sind es 900 Kilometer.
Johannes Dieter arbeitete in der Schule, in der Seelsorge und am Priesterseminar in Apia. Bald zeichnete ihn eine große Kenntnis der samoanischen Sprache aus, die ihn für das Predigtamt besonders befähigte. Örtliche Ordensschwestern nannten ihn daher auch den „Mann mit der silbernen Zunge“.
Nach der Resignation von Bischof Darna ernannte ihn der Papst Pius der XII zum apostolischen Vikar von Samoa und Titularbischof von Jerafi. Die Verkündigung erfolgte am 30. Januar 1954. Am 9. Mai 1954 erhielt er in Apia die bischöfliche Weihe. Sofort ging er an die Arbeit, unternahm Firmungs- und Visitationsreisen. Das für die Mission so wichtige Schulwesen nahm er ebenfalls in angriff. Mitten aus seinem Schaffenswillen verstarb er am Abend des 27. Juni 1955 nach einer kurzen aber schweren heimtückischen Lungenkrebs-Krankheit in Auckland in Neuseeland. Seine Leiche wurde wieder nach Samoa gebracht. Die Samoaner hielten die Totenwache. Die Fahnen standen auf halbmast.
Große Anteilnahme
Es gab eine feierliche Messe und der Leichnam wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Heldenfriedhof am Priesterseminar in Apia beigesetzt. Vergessen ist er bis heute nicht. Er war der erste weiße Bischof auf Samoa. „Durch seinen Eifer und seine liebenswürdige Art hatte er sich die große Liebe vieler Samoaner erworben“, konnten Besucher aus Deutschland immer wieder feststellen. Im Jahr 1980 war beispielsweise seine Nichte Hedwig Hübner nach Samoa gereist, um sich vor Ort die Wirkungsstätten ihres bekannten Onkels anzusehen.
32 Jahre später hatte sich Hans Schumacher mit 71 Jahren auf den Weg nach Samoa gemacht. 2012 wandelte auch er auf den Spuren seiner Familiengeschichte, die auch ein Stück Heimatgeschichte ist. Seine Mutter Eva Schumacher war eine Schwester des aus Einhausen stammenden Bischofs. Auf Samoa hatte Hans Schumacher mit einem Reiseführer acht Tage lang die Insel erkundet. Dabei besuchte er auch das Priesterseminar (mittlerweile durch einen Neubau ersetzt), in dem sein Onkel einheimische Geistliche ausgebildet hatte. Der Direktor des Theological Colleges in Moamoa zeigte ihm auch das Grab seines Verwandten.
Ausbildung einheimischer Priester
Bischof Dieter kümmerte sich mit großem Einsatz unter anderem um die Ausbildung einheimischer Priester. Der Erste, den er unterrichtete, der spätere Kardinal Pio Taofinu, war 1981 persönlich in Einhausen zu Gast, um den Geburtsort seines Lehrers kennenzulernen. Anlässlich des 25. Todestages war auch der damalige neuseeländische Botschafter in Bonn nach Einhausen gereist.
In Einhausen wird das Andenken an Bischof Dieter nicht nur mit der eigenen Straße gepflegt. In der Kirche St. Michael ist er mit Namen und Wappen im Chorfenster und mit seinem Bischofsring an der Monstranz präsent. Einhäuser haben unter anderem mit einer Spende für die Glocken in Moamoa für einen guten Kontakt nach Samoa gesorgt.
Pfarrer Klaus Rein hatte 2005, zum 50. Todestag des Bischofs, in der Kirche St. Michael einen Gedenkgottesdienst zelebriert. Der 2019 verstorbene Einhäuser Ehrenbürgermeister Hermann Dieter, der auch entfernt mit dem Bischof verwandt war, hielt damals eine Gedenkrede. kel/red
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