Evangelischer Helferkreis - Die 85-jährige Christa Sälzer referierte über das Leben des evangelischen Theologen und Arztes Albert Schweitzer

Blick auf das Wirken des Urwalddoktors

Von 
Norbert Weinbach
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Einhausen. Die Mitglieder und Freunde des Helferkreises der evangelischen Kirchengemeinde Einhausen sind an gesellschaftspolitischen und religiösen Themen interessiert. Daher lädt man zu den regelmäßigen Treffen gerne Referenten ein, die immer wieder Interessantes zu berichten wissen. In der vergangenen Woche skizzierte die 85-jährige Christa Sälzer (Bild: Weinbach) im evangelischen Gemeindehaus – natürlich unter Beachtung der Corona-Vorschriften – die Lebensgeschichte von Albert Schweitzer.

Bei einem Besuch in Kaysersberg im Elsass erfuhr sie in seinem Geburtshaus, heute ein Museum, viel über dessen Leben. Der deutsch-französische Arzt, Philosoph, evangelische Theologe, Organist, Musikwissenschaftler und Pazifist ist einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts.

Sohn eines Pfarrers

Er wurde 1875 als Sohn eines Pfarrers geboren, berichtete Christa Sälzer. Gestorben ist er mit 90 Jahren. Begraben wurde er in Lambarene, dem Ort im afrikanischen Gabun, wo er als Urwalddoktor die meiste Zeit seines Lebens als Arzt gewirkt hatte.

„Er hat ein Krankenhaus gebaut. Sein erster OP-Saal war aber ein Hühnerstall“, wusste die Referentin. Es folgten Unterkünfte für die arme Bevölkerung. Unterstützt wurde er von seiner Ehefrau, der Jüdin Helene Bresslau (Hochzeit 1912) und der Tochter Rhena Schweitzer-Miller, die bis 1970 die Stiftung ihres Vaters weiterführte. Beide wurden ebenfalls in Lambarene beerdigt.

In jungen Jahren zog Albert Schweitzer mit seiner Familie nach Günsbach, wo der Vater eine Pfarrstelle hatte. Er war ein schlechter Schüler, musste sich bewähren, weil er eine Freistelle hatte und normalerweise Schulgeld bezahlt werden musste. Erst im Gymnasium, bei einem jungen Lehrer, entwickelte er sich zum besten Schüler (IQ 160). Christa Sälzer berichtete anschaulich von seinem Abitur 1893 in Mülhausen, dem Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Straßburg. Zudem studierte er in Paris Orgel und Klavier.

1899 wurde Schweitzer Dr. phil. und 1902 Doktor in Evangelischer Theologie. In beiden Fällen hatte er sich diese Titel durch Dissertationen über theologisch-kritische Themen erworben, wurde Professor für Theologie in Straßburg und Vikar an der Kirche St. Nikolai.

Schweitzer habe seine Jugend nicht als selbstverständlich angenommen, wollte sein Leben anderen Menschen widmen, nach dem Vorbild von Jesus, erzählte Christa Sälzer. 1905 wurde Schweitzer als Missionar bei der Pariser Missionsgesellschaft wegen seiner allzu liberalen theologischen Ansichten abgelehnt. Von 1905 bis 1913 studierte er dann Medizin in Straßburg, um in Afrika als Missionsarzt tätig zu werden. 1912 wurde er Arzt, 1913 folgte die medizinische Doktorarbeit. Im Alter von 38 Jahren hatte er drei Doktortitel. 1913 ging Schweitzer nach Afrika und gründete am Ogooué, einem Fluss in Gabun, das Urwaldhospital Lambarene.

Im Ersten Weltkrieg wurde das Ehepaar als deutsche Staatsangehörige von der französischen Armee unter Hausarrest gestellt, 1917 festgenommen, nach Frankreich überführt und bis 1918 interniert. Nach dem Kriegsende führte der Weg wieder ins Elsass (Frankreich). Schweitzer wurde französischer Staatsbürger, bezeichnete sich jedoch als Elsässer und „Weltbürger“.

Durch die Hilfe eines schwedischen Bischofs konnte er ab 1920 in Schweden Vorträge halten über seine „Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben“. Mit Orgelkonzerten verdiente er Geld, um seine Schulden zu bezahlen und für die Rückkehr nach Afrika (1924), um dort das Urwaldhospital auszubauen.

Bekannte Autobiografie

Bekannt wurde Albert Schweitzer vor allem durch seine Autobiografie „Zwischen Wasser und Urwald“ (1920). Schweitzer warnte vor den Gefahren des aufkommenden Nationalsozialismus. 1939 kehrte er kurz nach Europa zurück, traf seine Familie aber nicht an. Ehefrau und Tochter hatten sich in der Schweiz in Sicherheit gebracht. Wegen drohender Kriegsgefahr ging er wieder nach Afrika.

Seine Ehefrau litt unter einer Lungenkrankheit und zog in ein Haus im Schwarzwald. Sie starb 1957. Die Nazis hätten ihren Lebenswillen nicht gebrochen, für Albert sei sie lebensnotwendig gewesen, versicherte Christa Sälzer.

Sie hatte auch Fotos aus dem Leben des Urwaldarztes mitgebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Albert Schweitzer viel öffentliche Ehre zuteil. Dazu gehörte 1953 der Friedensnobelpreis für das Jahr 1952, den er 1954 entgegennahm. In seiner Dankesrede warnte er vor Kriegen.

Albert Schweitzer wurde teilweise eine rassistische, kolonialistische Einstellung gegenüber Afrikanern vorgeworfen. Nach der Darstellung von Christa Sälzer habe er aber keine Unterschiede gemacht zwischen armen und reichen oder schwarzen und weißen Menschen. Er veröffentlichte theologische und philosophische Schriften, Arbeiten zur Musik, insbesondere zu Johann Sebastian Bach.

Im Pazifismus sah Schweitzer ein überlebenswichtiges Gegengewicht zur Abschreckung, sprach sich gegen atomare Aufrüstung (Rüstungsspirale) aus. Trotz aller Zweifel riet Schweitzer zu einseitiger Abrüstung und setzte sich auch bei den amerikanischen Präsidenten Eisenhower, Kennedy und dem russischen Präsidenten für seine Ideen ein.

Anne Wörner vom evangelischen Helferkreis bedankte sich mit einem Strauß Blumen bei Referentin Christa Sälzer.

Freier Autor Seit mehr als 40 Jahren als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitungen aktiv, Fotograf und Berichterstatter, im Regelfall waren/sind es Zeitungen die dem BA oder ganz früher, mit dem Echo verbunden waren. Berichterstattung meistens über Lorscher Vereine und Organisationen, früher auch Sport.

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