Einhausen. Die Entscheidung ist gefallen. Der Sport- und Kulturtreff Bürgerhaus soll samt Kellergeschoss komplett abgerissen und neu gebaut werden. Mit großer Mehrheit von CDU, SPD und Teilen der Grünen-Fraktion stimmte die Gemeindevertretung in dieser Woche dafür, die vom Planungsbüro 1100 Architekten vorgelegte Variante 4 weiterzuverfolgen. Wie das Gebäude letztlichaussehen wird, steht hingegen noch nicht fest. Auf Grundlage des jetzt gefassten Beschlusses werden sich Projektleiter Gunter Weyrich und sein Team an die Arbeit machen und entsprechende Entwürfe ausarbeiten.
Von Seiten der Gemeinde gibt es jedoch schon einige Vorgaben und Wünsche zum Klimaschutz und zur räumlichen Aufteilung. Grundsätzlich will man wohl an der Aufteilung mit Vereinsräumen im Keller, einem – allerdings vergrößerten – Saal im Erdgeschoss und multifunktional nutzbaren Räumen im ersten Stock festhalten. Durch den Neubau von Grund auf werde man auf jegliche Stützen verzichten können. Dadurch erreiche man im Saal eine größere Raumkapazität und lasse die Sichtachsen frei, hatte Bürgermeister Helmut Glanzner bei einer Sondersitzung des Bau-, Umwelt- und Gemeindeentwicklungsausschusses erläutert. Das Gremium hatte sich eine Stunde vor der Sitzung der Gemeindevertretung noch einmal zusammengefunden, um eine Beschlussempfehlung abgeben zu können.
Eine Nein-Stimme der Grünen
Nach der Varianten-Vorstellung durch das Planungsbüro Anfang Februar hatte sich zwar schon abgezeichnet, dass es auf die große Lösung hinauslaufen wird. Die BUGA-Mitglieder empfanden den Komplett-Neubau angesichts der vorgebrachten Argumente als die sinnvollste Lösung. Insbesondere bei der SPD und bei den Grünen wollte man das Thema noch einmal in den Fraktionen besprechen, bevor man die die Hand hebt. Und gerade bei den Grünen schien das auch angebracht. Hier überzeugte die Variante offensichtlich nicht jeden. Von den sechs Fraktionsmitgliedern stimmten drei für den Komplett-Neubau, zwei enthielten sich und Hildegard Osterholt votierte als einzige Gemeindevertreterin dagegen. Das Gebäude abzureißen widerspricht ihrer Auffassung nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit. In einem kurzen Statement hatte sie ihre ablehnende Haltung begründet.
„Nicht wie in Bensheim“
Ansonsten sind die meisten Mitglieder des Ortsparlaments jedoch davon überzeugt, dass die große Lösung den meisten Sinn ergibt. Die fällt zwar bei der Endabrechnung mit geschätzten Kosten von 6,8 bis 6,9 Millionen Euro noch einmal bis zu 400 000 Euro teurer aus als die bisher angedachte Planung, bietet nach Einschätzung von Gunter Weyrich jedoch zahlreiche Vorteile. Die zunächst entwickelte Idee, das Gebäude nur oberhalb des in Sandstein gefassten Kellergeschosses abzutragen, bereite nämlich zahlreiche statische Probleme und könne noch während der Bauphase zu unangenehmen Überraschungen führen. „Wir wollen am Ende keine Entwicklung wie in Bensheim“, verwies Daniel Degen (CDU) auf die dortige Bürgerhaus-Sanierung, die sich im Laufe der Zeit immer weiter verteuerte. Bei der Errichtung eines Neubaus auf einem soliden Fundament erwarte man hingegen keine nachträglichen Kostensteigerungen, hatte der Planer bei der Vorstellung der Varianten prognostiziert.
Dass man überhaupt auf die Idee gekommen war, das Gebäude nur bis zur Kellerdecke abzureißen, hing mit den Fördermöglichkeiten für das Projekt zusammen. Die hohen Zuschüsse aus Steuergeldern des Landes und aus dem Stadtumbauprogramm sollten nämlich ursprünglich nur für eine Sanierung der ehemaligen Tabakfabrik nach Einhausen fließen. Und das Abtragen der Obergeschosse wäre da wohl noch als entsprechende Maßnahme anerkannt worden.
Mit den neuen Erkenntnissen der Frankfurter Architekten wurde Bürgermeister Helmut Glanzner noch einmal bei den zuständigen Landesbehörden vorstellig, um abzusichern, dass die bereits zugesagten Gelder auch nach einer Planänderung fließen. Auch dort sehe man den wirtschaftlichen Faktor einer nachhaltigen Lösung als wichtiger an als das Festhalten an der ursprünglichen Vorgabe einer Bestandssanierung, sagte Glanzner bereits Anfang Februar. Die bereits fest zugesicherten Zuschüsse in Höhe von rund 4,9 Millionen Euro aus dem hessischen Investitionspakt zur Förderung von Sportstätten und dem früheren Stadtumbau-Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ sind also nicht gefährdet.
Und auch für die Mehrkosten gegenüber der ersten Schätzung von sechs Millionen Euro erhofft man sich im Rathaus noch einmal eine finanzielle Unterstützung aus Förderprogrammen. Zwei Drittel der zusätzlich benötigten Mittel sollen darüber finanziert werden. Ein Drittel wird die Gemeinde selbst aufbringen müssen.
Austausch mit den Vereinen
„Das Geld ist mehr als gut investiert“, ist Daniel Degen überzeugt. Mit dem jetzt gefassten Variantenbeschluss könne man nun in die konkrete Planung einsteigen. Dazu gehöre auch der Austausch mit den Vereinen, die das Gebäude nutzen. Unter anderem sind das der Schützenverein mit seinem Schießstand und der Vogelschutzverein. Für die Nutzer solle es eine moderne und zeitgemäße Ausstattung geben.
Schließlich sei das Gebäude für die Bürger sehr wichtig, sagte Michaela Wiegand (SPD) bei ihrem Statement bei der Sitzung der Gemeindevertretung. Die bisherige Sanierungsplanung sei nicht sinnvoll gewesen: „Auf einen maroden Grundstock sollte man kein Millionengebäude stellen.“ Für eine nachhaltige Lösung müsse man jetzt eben mehr Geld in die Hand nehmen.
Sven Lautenschläger (Grüne) stimmte ein, dass beim Bürgerhaus „etwas getan werden muss“. Die hohen Kosten bereiteten seiner Fraktion jedoch „schon Kopfschmerzen“. Durch weitere Fördermittel könne man die Variante 4 zwar verwirklichen. Eine Sanierung wäre nach Auffassung der Grünen jedoch „wesentlich ressourcenschonender“. Ausdrücklich „ohne eine Schuldzuweisung“ an aktuelle oder frühere Bürgermeister oder Kommunalpolitiker kritisierte Lautenschläger, dass „in der Vergangenheit vielleicht zu wenig auf die Instandhaltung von kommunalen Gebäuden geachtet wurde“.
Ob damit die selbst gesteckten hohen Vorgaben zur energetischen Ausstattung zu erfüllen wären, ist jedoch die Frage. „Das Bürgerhaus muss auf die Klimaschutzziele der Gemeinde ausgerichtet sein“, hatte Reimund Strauch (SPD) bei der vorgeschalteten Beratung im BUGA betont. Schon alleine deswegen sei es ungünstig, den bestehenden Keller zu erhalten. „Die Sandsteine saugen Wasser auf. Das Klima in den Kellerräumen sei „ungünstig“, betonte Strauch.
Um auch bei der Errichtung des Neubaus möglichst wenig CO2 zu erzeugen, regte Uwe Stellmann (CDU) an, in der Ausschreibung für die Baumaßnahme auch den Einsatz von recycelten Baustoffen zuzulassen. Vonseiten der Verwaltung wird dieser Vorschlag grundsätzlich begrüßt. Nicht immer sei das jedoch möglich, war bei der Ausschusssitzung zu erfahren. So habe man geplant, beim Bau des neuen kommunalen Kindergartens Recyclingmaterial für den Untergrund einzusetzen. Diese Idee sei jedoch am Einspruch der Unteren Wasserbehörde gescheitert.
Sven Lautenschläger regte zusätzlich an, bei den Materialien auch auf „nachwachsende Rohstoffe“ zu setzen, etwa auf natürliche Dämmstoffe. Von Seiten der Verwaltung wurde zugesichert, bei der Ausschreibung von Baumaßnahmen Nachhaltigkeit als Kriterium aufzunehmen.
Planer Gunter Weyrich hatte auf Wunsch des BUGA zudem zugesichert, auch Kostenberechnungen für Bauvarianten zu erstellen, die über dem gesetzlich vorgeschriebenen energetischen Standard liegen.
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