Kerb

Zeller Kerb bei hochsommerlichen Temperaturen

Zell. Mit Wucht und hochsommerlichen Temperaturen kam am Wochenende die Zeller Kerb zurück. Wie sehr das die Zeller freute, machte am Sonntag Kerweparrer Marvin Mößinger zu Beginn seines Kerwespruchs deutlich.

Von 
Jeanette Spielmann
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Zell. Mit Wucht und hochsommerlichen Temperaturen kam am Wochenende die Zeller Kerb zurück. Wie sehr das die Zeller freute, machte am Sonntag auch Kerweparrer Marvin Mößinger zu Beginn seines Kerwespruches deutlich. „Nach Monaten von Lockdown und Quarantäne, Huschde, Schnuppe, Schweiß und Träne – seid ihr alle wieder hier! Die Gläser hoch, das feiern wir! Denn heit kenne mehr mit Stolz verkinde: Corona brachte die Zeller Kerb net zum Sinke!“

Nach zwei stimmungsvolle Musik- und Tanzabenden standen am Sonntag Kerwezug und Kerweredd im Mittelpunkt des Kerwegeschehens. Eingerahmt von zwei Feuerwehrfahrzeugen am Anfang und Ende des bunten Zuges präsentierten sich insgesamt 18 Kerwewagen und Fußgruppen im Ort. Auch wenn das Defilee nach knapp 20 Minuten bereits vorbeigezogen war, dauerte es immerhin gut eineinhalb Stunden, bis der Zug die Strecke vom Oberdorf bis zur Ortsgrenze nach Bensheim bewältigt hatte und die Traditionsfiguren mit Kerwekranz, Kerweborsch und Kerwemädchen in das Festzelt einzogen.

Musik von der Trachtenkapelle

Musikalisch begleitet wurde der Kerwespruch wie immer von der Lindenfelser Trachtenkapelle, die auch beim Kerwezug das musikalische Ambiente lieferte. Das gleich zu Beginn, denn am Ende des Zuges folgten die lautstarken Discowagen der Kerwejugend aus Hambach, Sonderbach, Zell und Balkhausen.

Fehlen durften auch nicht die Pappets, die mit Discowagen und Präsidentengarde die Zeller Fastnacht in Erinnerung riefen. Dass die Zeller Feuerwehr vor allem in der Jugendarbeit besonders stark ist, verdeutlichte der Wagen mit dem Spruch „Wir sichern den Nachwuchs der Zeller und Bensheimer Wehr“. So übernimmt die Zeller Wehr die Betreuung des jüngsten Feuerwehrnachwuchses aus Bensheim, da die Bensheimer Wehr über keine Kindergruppe verfügt.

Was es mit Wagen, der auf die „Villa Z Amore im Meerbachtal“ hinwies, auf sich hatte erschloss sich vermutlich nur Insidern, doch die vom Wagen geworfenen Wasserbomben waren eine willkommene Erfrischung.

Die Kerweborsch waren wieder voll in Aktion, rannten die Straße rauf und runter und in die Höfe und machten auch lautstark auf sich aufmerksam. Das Modell des Hemsbergturms ist wichtiger Bestandteil beim Kerwezug und wurde diesmal von Ortsvorsteher Hans-Peter Ott chauffiert, der mit seinem Fahrzeug nicht nur auf den Hemsbergturmverein, sondern auch gleich auf den im Meerbachtal gegründeten Hilfsverein für das Ahrtal hinwies.

„Eier aus? Ab zum Eier Klaus“ hieß es auf dem Wagen der Zeller Hühnerfarm, wobei mit dem Verteilen der Eier auch gleich Abhilfe geschaffen wurde. Mit Beifall des Kerwepublikums wurden die Zeller Jugendfeuerwehr und der Kerwe- und Heimatverein Hochstädten begleitet, ebenso die Kewemädchen, die den Kerwekranz präsentierten. Zum Schluss grüßten aus dem Cabriolet Kerweparrer Marvin Mößinger und Mundschenk Toni Hiesinger.

In den Kerwespruch von Mößinger hatten es nicht nur einige Unglückraben aus dem Ort geschafft, auch das eine oder andere Ortsgeschehen wurde vom Kerweparre erwähnt. Das betraf unter anderem mit der Pfarrerin und dem Zeller Jäger „die zwa wischtischste Leid im Dorf“, die ihren Dienst quittiert hatten, sowie den Doppelhaus-Neubau, für den die Stadt die Parkplätze am Kirchhof hergeschenkt habe.

Im Kerwespruch Nico und André ging es um einen Bauern, der mit seinem Kumpel seinen leeren Stall mit dem Kauf von Säuen wieder füllen wollte und dafür eine Adresse im Internet ausfindig gemacht hatte. Allerdings hatten sie sich in der Adresse vertan und waren statt nach Worms vergeblich bis fast nach Frankreich in die Pfalz gefahren.

Mit den Folgen einer durchzechten Nacht fand sich auch ein Elektriker aus dem Zell-Bensemer Grenzgebiet in der Kerweredd wieder. Er hatte am Morgen im Badezimmer die Zahnpasta mit der Tube Voltaren forte verwechselt und einen Feuersturm in seinem Mund hervorgerufen: „Mit drei Liter Wasser musst er spiele, um des Feier in de Gosch zu kiehle“. Allerdings hatte das Missgeschick auch etwas Gutes, denn der Elektriker war jetzt hellwach.

Dann gab es noch Olli aus Zell, der nach einer Feier auf dem Kirchberg mit dem Rad nach Hause raste und dabei mit einer Ratte kollidierte, die das nicht überlebte. „Des Vieh is doud, do hilft nix mehr, net e mol die Auerbacher Feierwehr“.

In Zell gibt es nicht nur Geflügel- und Taubenzüchter, sondern auch einen Liebhaber, der sich der Koi-Karpfenzucht widmet. Dafür baute er einen Karpfenweiher, der zu besseren Dichtigkeit mit Harz ausgekleidet wurde. Da in der Trocknungsphase Regenwasser zu vermeiden war, nutzte er kurzerhand das Kerwezelt.

Allerdings nicht nur zum Schutz des Teiches, sondern auch, um abends im Zelt seiner Karaoke-Leidenschaft zu frönen. Vor gut einer Woche musste das Zelt dann aber auf dem Manlay-Platz aufgebaut werden, allerdings mit dem Hinweis vom Kerweparre an die Kerwegäste: „Des is koan Witz, er häbt im erschte Karpfenzüchter-Kerwezelt eiern Sitz“.

Wehrhafte Zeller Gänse

Dass Zeller Gänse durchaus wehrhaft sein können, musste ein Bewohner aus den Euler-Wohnblocks erfahren, die laut Kerweparrer „das Gegenteil von Dorfidylle“ sind. Mit dem Foto war er in Zell unterwegs und „am Bachschisser vorbei do kimmt er ins stocke – was dun dann for liebliche Gänslein do hocke“. Doch die hatten keine Lust, fotografiert zu werden und das machte der Ganter mehr als deutlich: „Die Flieggel uffgespannt un volle Attacke, dut er uf den Fotograf eu hacke“. Ob es Verletzungen gegeben hatte, ist nicht bekannt, aber eine Anzeige hat es wohl gegeben. Auch die Zeller Treibjagd schaffte es in diesem Jahr in die Kerweredd. Es ging um einen Jäger, der seine Munition verschossen hatte und vor einer angeblich großen Wildsau auf den Baum flüchtete. Doch dann kam Christian, „des sin koa Bosse, den Keiler ausm Stond press umgeschosse“. Doch der Riesenkeiler, „jetzt ohne Rumgewackel, wor net graißer als en kloane Dackel“.

Am Ende war dann noch ein junger Landwirt, der mit seinem Drescher die Ernte einfuhr und die Hälfte der Getreideernte wieder verlor, weil er mit dem Rohr seines Mähdreschers an einem Baum hängengeblieben ist und dadurch der Getreidetank aufgerissen ist. „Die wunnerschai Ernte is verdalt uffm Acker, des wors jetzt – wie erklär ich des em Vadder? – Mähdrescher kaputt, Ernte im Arsch, das wars.“

Der zum Abschluss der Kerweredd mit Wein geweihte Kerwekranz wurde anschließend mit vereinten Kräften der Kerweborsch am Giebel des alten Rathauses aufgehängt.

Nachwuchshoffnungen: Die Löschgeister der Zeller Feuerwehr durften beim Festzug natürlich nicht fehlen. © Thomas Neu

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Die Traditionsfiguren grüßen: Mundschenk Toni Hiesinger (links) und Kerweparrer Marvin Mößinger beim Zeller Festzug am Sonntag. © Thomas Neu

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