Bensheim. Diese Pfefferschote verliert nichts an ihrer Schärfe: Auch mit über 70 Jahren ist der exquisite Jazz-Pianist Jasper van’t Hof mit seinem Projekt Pili Pili eine Referenz in der Funkrock-Szene. Als einer der ersten Europäer hatte er afrikanische Klänge in die westliche Jazz- und Club-Musik integriert. Ein teuflisch gutes Rezept, das nach wie vor eine Menge Feinschmecker anlockt.
Grandioses Konzert
Das Gastspiel im Bensheimer Rex war eher dünn besucht. Doch auch vor kleinem Publikum hielt sich der Niederländer nicht zurück und bot den Gästen ein grandioses Konzert in einem – wenn man so will – sehr exklusiven Rahmen. Laut Chefin Margit Gehrisch kamen am Freitag Fans aus ganz Deutschland nach Bensheim, um die Fusion-Legende bei einem seiner in diesem Jahr eher raren Auftritte zu erleben.
Mit Synthesizern, afrikanischen Trommeln und warmen Frauenstimmen serviert Jasper van’t Hof einen ganz eigenen Sound. Die Besetzung im Rex war erste Sahne: Neben Basswunder Frank Itt, Marlon Klein am Schlagzeug, Dra Diarra (Drums, Percussion) und Posaunistin Annie Whitehead war in Bensheim Sängerin Izaline Calister ein klangvolles Zentrum der Band, die Jasper van’t Hof auf eine kleine Jubiläumstour schickt. Im Rex tanzte die barfüßige Diva wunderschön zwischen karibischen Rhythmen und den donnernden Sounds des Bandleaders.
1984 präsentierte er erstmals das bis heute erfolgreiche Projekt Pili Pili. Eine gleichnamige, über 15-minütige Trance-Produktion mit African Drums machte ihn über Nacht auch in der Clubszene berühmt. In Bensheim spielte die Band viele alte Nummern in einem neuen Look. Und das enorm gekonnt: Die Ursprünglichkeit der Grooves verbündet sich mit der instrumentalen Virtuosität des Jazz. Ein Genre, das van’t Hof mit seiner Formation Association P.C. durch elektronische Klangexperimente bereichert hat.
Mit dem Saxofonisten Charlie Mariano und dem Gitarristen Philipp Catherine hatte der Keyboarder die Grenzen des Jazz-Rock nicht nur ausgelotet, sondern auch erweitert. Parallelen zu Joe Zawinul (Weather Report, Syndicate) sind kein Zufall. Beide haben die Nische maßgeblich geprägt und stilistisch ausformuliert.
Im Rex erlebte man die Klang-Tüfteleien des Tastenmeisters aus der ersten Reihe. Frank Itt – in der Region auch als Dozent an der Mannheimer Popakademie bekannt – ließ die funkigen Funken sprühen und machte mächtig Dampf, unterstützt vom starken Schlagzeuger Marlon Klein und dem äußerst farbenreich hantierenden Percussionisten Dra Diarra. Der Musiker aus Mali ist neben dem Chef selbst der einzige Verbliebene aus den alten Tagen von Pili Pili. Doch das freie Konzept aus afrikanischer Musik in einem kosmopolitischen Geist hat die Zeit überlebt.
Mal treibend, mal leise
Das flächig wirkende Keyboard schwebte über pulsierenden, muskulös sehnigen Läufen, legte den Teppich aus für die warmen Trombonen-Träume von Annie Whitehead und streichelte die betörenden Gesangspassagen von der jazz-affinen Stimme aus Curacao, die als Nachfolgerin von Angélique Kidjo in das Projekt aufgenommen wurde. Der holländische Weltmusik-Pionier hat gezeigt, dass er auch im gereiften Zustand nichts von seiner brillanten musikalischen Energie verloren hat. Im Rex servierte Jasper van’t Hof einen Querschnitt der vergangenen Jahrzehnte. Mal treibend und muskulös, dann wieder fast kammermusikalisch leise und atmosphärisch dicht.
Stücke wie „No Money, No Tolerance“ und „Hotel Babo“ pulsierten zwischen Euro-Jazz und afrikanischer Seele. Die süßliche Sopranstimme von Calister adelt den Song „Libertad“. Titel wie „Easy Braw“, „Marabout“ und „Zana“ gehören zu den meist gespielten Songs der Band, die in Bensheim gezeigt hat, dass mit ihr weiterhin zu rechnen ist. Die Historie von Pili Pili – sie lebt weiter. Das Rex-Publikum hat ein wenig Geschichte geschnuppert.
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