Stadtbücherei

Vorlese-Finale mit Puppenspiel in der Bensheimer Stadtbücherei

Von 
Gerlinde Scharf
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Puppenspielerin Heidrun Warmuth in der Stadtbücherei. © Gutschalk

Bensheim. Ziemlich blöd und echt frustrierend, wenn der Hund fürs Nichtstun vom Herrchen hinter den Ohren gekrault und die Miezekatze allein fürs Schnurren von Frauchen ein Schälchen Sahne zur Belohnung bekommt. Und sogar das Vögelchen im Käfig wird fürs Piepsen mit Leckereien gefüttert.

Der arme Esel aber muss auf Streicheleinheiten verzichten und stattdessen malochen. Von Möhren, Äpfeln und heißer Schokolade kann er nur träumen. Ins Haus zu den anderen Tieren darf er auch nicht. Echt ungerecht!

Puppenspielerin Heidrun Warmuth erzählte und spielte die Geschichte vom „Armen Esel Alf“, die das Ehepaar Paul und Nele Maar vom Englischen ins Deutsche übersetzt hat (das Kinderbuch wird heute nicht mehr verlegt), so lebendig, warmherzig, mit so viel Einfühlungsvermögen, Gestik, Mimik und Augenzwinkern, dass die kleinen wie großen Zuhörer ihre wahre Freude daran hatten und mit dem kleinen Kerl mitfühlten.

Schließlich buhlen insbesondere Geschwisterkinder um Aufmerksamkeit und Liebe der Eltern, weil sie sich benachteiligt oder weniger geliebt als das andere fühlen und unter der vermeintlichen Ungerechtigkeit leiden.

Die Stadtbücherei hatte die Künstlerin mit ihren zum Teil selbst modellierten Puppen zum Ende der Vorlesesaison nach Bensheim eingeladen. Auf das übliche Abschlussfest habe man Corona-bedingt bewusst verzichtet, informierte Winnie Lechterbeck die Kinder, darunter Kita-Gruppen von Sankt Albertus und Kappesgärten, und einige Lesepaten. Insbesondere Letzteren galt der Dank der Leiterin, „dass sie uns durch gute und schlechte Zeiten begleitet haben“.

Die Faxen dicke

Eine Kiste, die sich im Laufe der Geschichte in ein Bauernhaus verwandelt, Bauer Hans und seine Frau Helga, Katze, Hund, Vogel und Esel, mehr brauchte Heidrun Warmuth nicht für ihre berührende, aber eben auch lustige Story, die natürlich ein Happy End hat. Zunächst aber versuchte Esel Alf alles, aber auch wirklich alles, um sich die Zuneigung des Bauernpaars zu erkämpfen. Sein Versuch, so glockenrein wie das Vögelchen zu trällern, misslang kläglich. Auch seine Schmuseattacken gingen daneben. „Mit Alf, da stimmt was nicht“, waren sich Bäuerin und Bauer einig, staunten über dessen ungewöhnliches Verhalten und riefen nach dem Tierarzt. Da hatte das Grautier die Faxen nun wirklich dicke und versteckte sich auf dem Hausdach und siehe da, schon nach zwei Tagen wurde er schmerzlich vermisst. Jetzt blieb dem Bauern nichts anderes übrig, als selbst das Gemüse zum Markt zu schleppen – was seiner Hüfte nicht unbedingt guttat. Aufregend und ein klein bisschen dramatisch wurde es auch noch. Als Regen und Hagel auf das Hausdach prasselten, Esel Alf hin und her rumpelte und Helga und Hans an Hexenzauber glaubten.

Schließlich trieben Hunger und Durst das entkräftete Eselchen wieder auf den Boden, wo es mit großem Hallo, heißer Schokolade mit Sahne und Streusel und einer warmen Decke begrüßt wurde. „Ein heimgekehrter Esel zu sein ist viel schöner“, lautete die Erkenntnis des Grautiers, das sich jetzt sicher war, dass man es genauso lieb wie die anderen Tiere hat und seine Arbeit zu schätzen weiß.

Mit kräftigem Applaus bedankte sich das Publikum bei der Puppenspielerin und ihren Darstellern. Dass Heidrun Warmuth ihr Handwerk gelernt hat, zeigt ein Blick in ihre Biografie. Nach ihrer Ausbildung als Puppenspielerin an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin, Engagements am Theater Junge Generation in Dresden, am Theater am Turm in Frankfurt arbeitete sie für Rundfunk und Bühne, führte an der Jungen Württembergischen Landesbühne Regie und war Mitglied im Theater Lakritz.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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