Bensheim. Eine Mitgliedschaft im Verein Frauenhaus kostet nur 30 Euro im Jahr. Sie setzt ein Zeichen der Solidarität für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder und hilft, ihnen Schutz zu bieten. Wenn auch bei weitem nicht allen: Seit Januar dieses Jahres gab es 92 Frauen mit mehr als 100 Kindern, die im Frauenhaus Bergstraße Schutz suchten. 75 Frauen mit ihren Kindern mussten abgewiesen werden, denn es stehen nur elf Zimmer zur Verfügung.
Weitere Zahlen nannten die Vorsitzende des Vereins Frauenhaus Bergstraße Martina Evertz und Kassenwartin Edeltraud Lubda bei der Mitgliederversammlung in den Räumen des Hospizvereins. 130 Mitglieder hat der Verein derzeit, davon vier Männer. Dazu kommen die drei Gemeinden Bensheim, Heppenheim und Fürth.
84.000 Euro muss der Verein Frauenhaus im Jahr 2025 aufbringen – allein aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Bußgeldern, wobei die Spenden den Löwenanteil ausmachen. Problematisch ist das, wie Martina Evertz anmerkte, weil der Verein sich nicht darauf verlassen kann, dass sie fließen. Bezahlt werden müssen unter anderem Anteile der Gehälter der Angestellten der Beratungsstelle, die gesamten Kosten für die Räume der Geschäfts- und Beratungsstelle samt Büromaterial sowie zehn Prozent der gesamten Kosten für das Frauenhaus, darunter Gehälter und Miete.
Der Rückblick auf das vergangene Jahr machte deutlich, wie viele Aufgaben der Verein zu schultern hat. Im Personalbereich galt es, einige Stellen neu zu besetzen – und es gab eine erfreuliche Zusage des Kreises, der ab Januar 2026 zwei neue halbe Stellen bewilligt hat. Es gab ein Benefizkonzert der Gruppe Mafalda im Zwingenberger Theater Mobile, mehrere Aktivitäten zur Öffentlichkeitsarbeit mit Vorträgen und die Teilnahme an Fachtagungen. Es galt außerdem, den Jahresbericht 2024 zu verfassen.
Der Vorstand sammelte ausrangierten Hausrat für die Ausstattung der sanierten Räume im Frauenhaus, die im Februar endlich bezogen werden konnten. Er organisierte einen Dankeschön-Abend mit Glühwein, Punsch und Würstchen für die am Umbau beteiligten Handwerker – aus Freude über die unproblematische und freundliche Zusammenarbeit, und lieferte Brötchentüten für die Aktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ in den Odenwald.
Die Vorsitzende Martina Evertz warf auch einen Blick auf das im Februar 2025 in Kraft getretene Gewalthilfegesetz des Bundes. Das Gesetz schafft erstmals einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder, der ab dem 1. Januar 2032 gilt. Dafür wird auch von den Frauenhäusern die Erfüllung neuer Qualitätsstandards gefordert – ein insgesamt erfreulicher Schritt, bei dem jedoch vieles unklar bleibe, insbesondere in Hinblick auf die Finanzierung, erklärte Evertz.
Die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses bedauerten, dass viele Frauen abgewiesen werden mussten und dass Anfragen ohnehin nur während der Bürozeit entgegengenommen werden können – ein großer Teil der betroffenen Frauen müsse deshalb weiter in der Gewaltsituation bleiben. Im vergangenen Jahr seien 27 Frauen mit 26 Kindern betreut worden. Dabei seien sowohl bei den Frauen als auch bei den Kindern in erheblichem Maß gestiegene psychische Belastungen festzustellen – ein Trend, der auch in anderen Frauenhäusern festgestellt worden sei. Bei den Kindern tauchten zum Teil ganz neue Störungsbilder auf. Therapieplätze jedoch fehlten. Selbst Kindergartenplätze zu finden sei schwer, da der naturgemäß spontane Ortswechsel ins Frauenhaus eine rechtzeitige Anmeldung verhindere.
Ein kleiner Ausgleich: Die gut gestaltete Umgebung im Frauenhaus und die pädagogische Arbeit der Fachkraft bietet den Kindern Raum zur Entfaltung und anregende Erlebnisse in Form von Aktionen und Ausflügen.
Ein großes Problem für Frauen, die ihren Mann verlassen wollen, ist die Wohnungssuche, wie die beiden Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle berichteten. Insgesamt hatten sie 72 Personen beraten – Betroffene, Angehörige und Fachkräfte, vor Ort, per Telefon und auch per Videokonferenz. So gut wie alle Beratungssuchenden stammten aus dem Kreis Bergstraße. Wie groß das Problem der Gewalt gegen Frauen sei, zeige sich nicht zuletzt daran, dass in Deutschland fast täglich eine Frau von einem Mann ermordet werde, auch in Südhessen, wie die Femizide der jüngeren Vergangenheit in Heppenheim und in Bensheim gezeigt hätten.
Eine untadelige Kassenführung attestierten die Kassenprüferinnen Simone Strehler und Elke Ditter dem Vorstand, der daraufhin einstimmig entlastet wurde. Nach Ablauf der zweijährigen Wahlperiode standen Neuwahlen an. Alle bisherigen Vorstandsmitglieder wurden von den anwesenden zehn stimmberechtigten Mitgliedern einstimmig wiedergewählt: Martina Evertz (Vorsitz) Konstanze Hiemenz (Stellvertreterin), Edeltraud Lubda (Kassenwartin) und Renate Tietz (Schriftführerin). Ebenso einstimmig wurde das Team des erweiterten Vorstands mit Maria Heeß, Brigitte Schmitt-Drawitsch und Anette Seip wiedergewählt. Als vierte Beisitzerin neu hinzukommt, ebenfalls einstimmig gewählt, Evelyn Raab. Die Kasse wird im kommenden Geschäftsjahr wieder von Simone Strehler und Elke Ditter geprüft.
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