Michaelskirche

Ungewöhnliche Trio-Klänge

Christian Mause, Heri Kang und Friederike Eisenberg mit Rheinberger-Rarität

Von 
Klaus Ross
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Bensheim. Besondere Musik für eine exzeptionelle Trio-Besetzung: Der zweite Abend des neuen Wort-Ton-Formates „Motette in Michael“ präsentierte mit Josef Gabriel Rheinbergers c-moll-Suite für Orgel, Violine und Violoncello opus 149 von 1887 eine kaum je zu erlebende romantische Rarität. Propsteikantor Christian Mause hatte als namhafte Partnerinnen die Geigerin Heri Kang und die Cellistin Friederike Eisenberg aus dem Darmstädter Staatstheater-Orchester gewinnen können. Zwischen den Rheinberger-Sätzen bot Pfarrerin Silke Bienhaus zur reflektierenden Ergänzung neben Bibelauszügen Texte von Friedrich Schiller („Die Worte des Glaubens“/ 1797) und Johann Wolfgang von Goethe („Das Göttliche“/ 1783).

Der gebürtige Liechtensteiner Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901) war als Hofkapellmeister, Hoforganist sowie Professor für Orgel und Kontrapunkt (Spitzname „Fugen-Sepp“) rund ein halbes Jahrhundert lang eine Institution im Münchner Musikleben. Bewundernd charakterisierte ihn etwa sein berühmter Schüler Wilhelm Furtwängler: „Ihm war die Natürlichkeit beim Musizieren oberstes Gesetz: Natürlichkeit der Stimmführung, der Formgebung, des Ausdrucks.“ Brahms anerkannte vor allem Rheinbergers Gespür für Wohlfühlmusik: „Ich mag bekennen, dass ich beim Durchspielen wohl zuweilen etwas seufze. Man empfindet so angenehm die schöne Häuslichkeit, in die Sie leben und schaffen.“

Wie einnehmend Rheinbergers „Natürlichkeit“ und „schöne Häuslichkeit“ in der Tat klingen können, beweisen nicht zuletzt seine besonders entdeckenswerten Chor- und Orgelkompositionen. Über stattliche 20 Solo-Sonaten hinaus hat er die „Königin der Instrumente“ gerade kammermusikalisch einzigartig reich bedacht. Davon zeugt neben den Werken für Violine und Orgel (6 Stücke opus 150, Suite c-moll opus 166) erst recht die mit Geige und Cello besetzte Trio-Suite c-moll opus 149, die zudem in zwei Klavierduo-Fassungen und einer durch Streichorchester ergänzten Version vorliegt. Der sinfonische Anspruch und das klangliche Charisma von Rheinbergers fast 45-minütigem Trio-Solitär kommen freilich schon in der Originalbesetzung sehr effektvoll zur Geltung.

Wenn sich dann noch wie an diesem Abend in der gut besuchten Michaelskirche drei beispielhaft engagierte und versierte Interpreten zusammenfinden, so ist eine veritable Ehrenrettung des notorisch unterschätzten und vernachlässigten Komponisten garantiert. Christian Mause, Heri Kang und Friederike Eisenberg ließen ihren exotischen Instrumentenmix wie die selbstverständlichste Sache der Welt erscheinen. Für die lyrischen Ohrwurm-Qualitäten des Werkes standen neben dem fein bewegten Kopfsatz vor allem die unwiderstehlich schwelgenden Binnensätze: Das wunderbare Variationen-Herzstück (G-Dur) und die innige Sarabande mit ihrem schwärmerischen As-Dur-Trio brauchten Vergleiche mit Mendelssohn oder Brahms nicht zu scheuen.

Bestens abgerundet wurde dieser Rheinberger-Coup durch den feurig beschwingten Finalsatz, in dem endlich auch der stets elegant eingebundene Organist seine herausragend virtuosen Momente hatte. Die lang und herzlich applaudierenden Konzertbesucher in der Michaelskirche bestätigten den Eindruck, dass der wenig bekannte Komponist weitere derart gelungene Entdeckungsreisen unbedingt verdient hat.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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