Bensheim. Zur Erinnerung an die jüdischen Vorbesitzer des Kaufhauses Ganz und deren Familienmitglieder werden Schülerinnen und Schüler der Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl gemeinsam mit Bürgermeisterin Christine Klein kommenden am Donnerstag (12.) um 18.30 Uhr neun neue Stolpersteine vor der Kaufhauspforte einweihen. Hierzu sind die Bürgerschaft und alle Interessierten willkommen. Vorausgegangen war eine Kooperation zwischen der schulischen Geschichtswerkstatt mit der Stadtverwaltung und der Geschäftsführung des Kaufhauses.
Eines der Arbeitsprodukte der jüngeren Forschungsarbeiten der Geschichtswerkstatt sind tiefgehende Hintergrundinformationen zu allen Familienmitgliedern, welche zunächst im Kaufhaus lebten, bevor sie sich per Flucht ins Ausland vor der Unterdrückungssituation in Nazi-Deutschland in Sicherheit zu bringen versuchten.
„Bei der Erforschung der Hintergründe zum Besitzerwechsel des vormaligen Kaufhauses Zacharias Jacoby in die Hände von Ernst Ganz und Karl Birkenmeier konnten wir herausfinden, dass die Zahl der Familienmitglieder Jacoby-Schwabacher deutlich größer war, als bisher angenommen. Dies weckte bei allen Projektbeteiligten den Ansporn, deren Schicksal näher zu beleuchten“, so Peter Ströbel, einer der beiden Leiter der Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl.
Darum habe man viel Zeit und Arbeit in Archivrecherche investiert. „Letztlich hat uns die Verfolgung dieser Familienspuren recherchetechnisch auf verschiedene Kontinente geführt. Wir konnten dabei erfolgreich die Herkunft sowie das weitere Schicksal all dieser untersuchten Opfer der NS-Zeit klären“.
Künstler Gunter Demnig verlegt die Steine mit Schülern
Zum einen verlegen Schüler unter Begleitung der Schulverantwortlichen schon am Morgen des 12. September um 9 Uhr gemeinsam mit dem Künstler Gunter Demnig sowie Bürgermeisterin Christine Klein die Stolpersteine vor der Kaufhauspforte Ganz.
Zum anderen findet die offizielle Enthüllung und Einweihung der Steine am Abend des 12. September um 18.30 Uhr an gleicher Stelle statt. Auch hierbei wird Bürgermeisterin Klein gemeinsam mit Schülern der Geschichtswerkstatt vor Ort sein. Es werden alle betroffenen Opfer persönlich vorgestellt und in Erinnerung gerufen. Zu beiden Terminen sind Gäste und Öffentlichkeit ausdrücklich erwünscht, heißt es in einer Mitteilung der Geschichtswerkstatt.
Bürgermeisterin Christine Klein und Frank Maus, ebenfalls Leiter der Geschichtswerkstatt, verdeutlichen die Bedeutung der Stolpersteinkultur: „Unsere heimatliche Lebenswelt war mitgeprägt von vielen verschiedenen Menschen, die Opfer der NS-Diktatur wurden. Mit den Stolpersteinen erinnern wir uns bewusst an diese wertvollen Mitbürgerinnen und Mitbürger, geben ihnen Namen und Identität zurück. Es ist dies ein bewusster Akt, um uns für unser heutiges Leben zu sensibilisieren. Denn es gilt, jeden Mensch für sich zu würdigen und wahrzunehmen. Wir stärken so unser verantwortungsbewusstes Miteinander und bestärken unser Grundgesetz in seiner Kernaussage: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Beide Lehrer ergänzen anschließend: „Dass wir hier mit Schülerinnen und Schülern agieren, zeigt, dass wir auch Jugendliche als würdige Partner in der Gesellschaft ernst nehmen und als gestaltende Mitbürger fördern.“
Die umfangreiche Vorstellung des neuen Buches der Geschichtswerkstatt „Gegründet 1936? Das Kaufhaus Ganz in Bensheim und seine jüdische Vorgeschichte“ findet dann einen Tag später, am Freitag, 13. September, um 19 Uhr im Forum (Aula) der GSS statt. red
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