Auerbacher Schlossfestspiele

Spritzige Komödie um Liebe und Lügen auf Schloss Auerbach

Von 
Gerlinde Scharf
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Die Komödie „Die Kaktusblüte“ der Theaterproduktion Hoffmann-Wacker feierte auf Schloss Auerbacheine gelungene Premiere. © Zelinger

Auerbach. Boulevard-Theater vom Feinsten! Alles dreht sich um einen Schwindel aus Liebe, um einen notorischen Heiratsverweigerer und Lebemann und ein Paar wider Willen, das sich in einem dicht gesponnenen Netz aus Lügen verfängt, das – wie es auf der Theaterbühne und auch im wirklichen Leben oftmals so ist – die Zerreißprobe am Ende nicht besteht.

Und doch gibt’s ein Happy End im ständig rotierenden Liebes-Karussell und zwei Pärchen, die erst auf den zweiten beziehungsweise dritten Blick zueinander finden und wunderbar zueinander passen. Eine perfekte Love Story – wenn auch auf Umwegen getreu dem Motto: Das Naheliegende sieht man nicht.

Mit der witzig-spritzigen Komödie „Die Kaktusblüte“ von Pierre Barillet und Jean-Pierre Gredy sind die Auerbacher Schlossfestspiele im Rahmen der Veranstaltungsreihe Kultur-Sommer Südhessen furios in ihre 18. Saison gestartet.

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Nach mageren Corona-Jahren, in denen die Theaterproduktion Hoffmann-Wacker dennoch sowohl 2020 als auch 2021 konstant mit einer stark reduzierten Besetzung auf dem Auerbacher Schloss vertreten war, ist im Festivalsommer 2022 zumindest ein wenig Normalität eingekehrt.

Die Spielfreude und die Begeisterung des gesamten Ensembles darüber, das Publikum endlich wieder ohne größere Einschränkungen unterhalten zu können, waren unübersehbar und präsent.

Theaterleiter und Regisseur Franz Wacker hatte zu Premierenbeginn nicht zu viel versprochen, als er das Stück als dauerhafte Schmunzelunterhaltung bezeichnete. Die hinreißenden Dialoge und treffsicheren, ins Schwarze zielenden Gags machten es den Schauspielern leicht, den Spaß an dem Spiel um Liebe und Lügen, um Beziehungen, Beziehungskiller und einem Möchtegern-Casanova mit Bindungsängsten voll auszukosten. Schon nach einer kurzen, einleitenden Szene schaltete die temperamentvolle Komödie bis zum turbulenten Finale den Turbogang ein.

Auch wenn es ein wenig vermessen ist, einen der Darsteller oder der Darstellerinnen besonders hervorzuheben, so erscheint es in diesem Fall doch legitim. Schließlich spielen Michael Fernbach die dankbare Rolle als Promi-Zahnarzt Julian und eingefleischter Junggeselle mit Schein-Ehefrau und ebensolchen Kindern und Ingrid Hoffmann die der langjährigen Zahnarzthelferin Stephanie, die alles dafür gibt, ihren Chef aus der Liebesfalle zu befreien und sich im Laufe der Geschichte von einer stacheligen „Kaktusblüte“ in einen schönen Schwan verwandelt, mit so viel Witz, Esprit und Situationskomik, dass man sich der Faszination des ungleichen Paares einfach nicht entziehen kann.

Ebenso bravourös agieren Sascha Stegner als erfolgloser Schriftsteller, Paradiesvogel und liebenswerter Adonis-Verschnitt mit unübersehbarem Sixpack, Neuzugang Juliane Krug als blutjunge Geliebte mit gutem Herzen und viel Mitgefühl und Thomas Koob, alias Norbert, der nervige und ziemlich prollige Gebrauchtwagenhändler und Zahnarzt-Freund, der als Lückenbüßer herhalten muss.

Und jetzt zur Handlung – ohne allzu viel zu verraten: Julian, seines Zeichens Zahnarzt und Frauenheld mit Bindungsängsten und angeblicher Ehefrau und angeblichen drei Kindern, will nun doch seine viel jüngere Geliebte Antonia ehelichen, nachdem diese aus Liebeskummer einen Selbstmordversuch unternommen hat und vom Nachbarn, dem schönen Igor, in letzter Minute gerettet wurde. Julian macht Antonia überraschend einen Heiratsantrag, doch diese will nun doch keine Ehezerstörerin sein und zunächst die verlassene Ehefrau kennenlernen. Die es genau sowenig gibt wie die Arztkinder.

Julian muss sich also etwas einfallen lassen und zieht seine Sprechstundenhilfe als scheidungswillige, angeblich untreue Ehefrau („Sie ist eine unbefriedigte Nymphomanin“) aus dem Hut. Doch damit nicht genug. Jetzt verlangt Antonia auch den vermeintlichen Liebhaber der Ex kennen zu treffen, um diesen genau unter die Lupe zu nehmen.

Und Norbert, der übergriffe Autohändler, kommt ebenso ins Spiel wie Lückenbüßer Herr Cochet (Franz Wacker). Warum eine Nerzstola für Verwirrung sorgt und ein Diner in einer abgehalfterten Bar die nahende Katastrophe erahnen lässt, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur so viel: Sekretärin Stephanie verzichtet spontan auf den geplanten Urlaub mit Frau Mama, Hund und Neffen. Sie hat eine bessere Alternative.

Die einzigartige Atmosphäre im Schlosshof Auerbach hervorzuheben, ist beinahe überflüssig. Der schöne Sommerabend tat sein Übriges, ebenso die Kulissen und eingespielten Chansons, inklusive Liebesgestöhn „Je t’aime moi non plus“ von Jane Birkin. Das Premierenpublikum bedankte sich bei den Künstlern mit brausendem Applaus und stehenden Ovationen.

Weitere Aufführungen der „Kaktusblüte“ auf dem Auerbacher Schloss finden statt am Samstag (2.), Sonntag (3.), Sonntag (10.), Freitag (15.), Sonntag (17.) und Samstag (23.). Samstags beginnt das Stück um 20 Uhr, sonntags um 19.30 Uhr. Michael Fernbach lädt im Rahmen der Auerbacher Schlossfestspiele am Sonntag (24.) um 15.30 Uhr zu einem musikalisch-humoristischen Spaziergang durch das „schöne, makabere, charmante und hinterfotzige Wien“ ein.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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