Kommunalpolitik

Sporthallen-Debatte in Bensheim erhitzt die Gemüter

Von 
Dirk Rosenberger
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Auf diesem Grundstück am Berliner Ring wollen TSV Auerbach und SSG Bensheim zwei Sporthallen bauen. © Neu

Bensheim. Der geplante Neubau von zwei Sporthallen am Berliner Ring durch die TSV Auerbach und die SSG Bensheim ist eines von zurzeit (zu) vielen Aufregerthemen in der Stadt. Auch in der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten prallten die unterschiedlichen kommunalpolitischen Sichtweisen aufeinander.

Auslöser war ein Antrag der BfB-Fraktion zur Aktualisierung des Sporthallen-Portfolios. Gesucht werden sollte nach Verbesserungsmöglichkeiten bei den Hallenbelegungen. In einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse und der Sportkommission wollte die Wählergemeinschaft dann klären, ob auf den Bau weiterer Hallen verzichtet werden kann oder bestehende Hallen, in Zusammenarbeit mit dem Kreis, erweitert werden könnten.

Es sei ein Muss, den Neubau zu hinterfragen, weil damit eine enorme Flächenversiegelung verbunden sei, erklärte Ulrike Vogt-Saggau. Ein Ansatz zur Prüfung sei, ob eine Erweiterung oder Aufstockung bestehender Gebäude möglich wäre.

Geringe Belegung?

Außerdem müsse der Frage nachgegangen werden, ob es Kapazitäten in Sporthallen und Dorfgemeinschaftshäusern gibt, „die aufgrund zu geringer Belegung oder keiner Belegung anderweitig vergeben werden können“. Ihrer Fraktion sei bewusst, dass es einen großen Bedarf gebe, aber es gebe nun mal auch nur begrenzt Grünflächen in Bensheim – „und die werden stetig weniger“.

Neben den beiden Hallen sei ein Parkplatz mit 100 Stellplätzen geplant. „Für uns geht das gar nicht“, so Vogt-Saggau. Damit wolle die Stadt wohl ganz nebenbei das Parkplatzproblem der benachbarten Groß-Kita lösen. Der Schutz von Grünflächen sei aktiver Klimaschutz. Es reiche nicht, ein E-Auto zu fahren oder auf das Fahrrad umzusteigen. Es müsse so viel Natur wie möglich erhalten werden.

Natürlich wolle man nicht die Natur gegen den Sport ausspielen. Es gehe vielmehr um ein Miteinander. Es müssten eben andere Lösungsmöglichkeiten anstelle eines Neubaus gefunden werden.

Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung (CDU) zeigte sich nach eigenem Bekunden „enttäuscht davon, wie wenig Vertrauen sie in die Verwaltung haben“. Das sei schon beeindruckend, meinte sie keinesfalls positiv. Rauber-Jung bezog sich auf eine Stellungnahme aus dem Rathaus, wonach der Bedarf für Neubauten durchaus gegeben sei und es in den bestehenden Sporthallen keine freien Kapazitäten gebe.

„Wir brauchen keine weitere Sitzung“, fügte Sibylle Becker (CDU) an. Neue Hallen seien dringend nötig, auch für den Schulsport. Der Kreis selbst sehe hier Handlungsbedarf. Und Aufstockungen seien technisch nicht umsetzbar. Becker kritisierte, dass in der Sitzung des Sozial-, Sport- und Kulturausschusses das Thema Hallenbelegung von ihr auf die Tagesordnung genommen worden sei, es aber keine Redebedarf von Seiten der Fraktionen gab. Stattdessen würde man hier nun mit Diskussionen anfangen.

Sarah Höller erkannte für die Grünen an, dass Sportvereine und die Schulen Hallenzeiten benötigen. Man könne trotzdem prüfen lassen, ob die Auslastung noch wie angenommen ist. Das Sporthallen-Portfolio wurde zuletzt 2017 aktualisiert.

Stefan Stehle, Fraktionsvorsitzender der FDP und Vorsitzender der Handballspielgemeinschaft Bensheim/Auerbach, ließ keinen Zweifel aufkommen, dass ein Ausbau aus seiner Sicht unumgänglich ist. „Wann waren Sie denn das letzte Mal in einer Halle?“, fragte er in Richtung Ulrike Vogt-Saggau. Weil der Schultag immer länger dauere, komme der Nachwuchs immer später zum Vereinssport. In den Abendstunden trainieren aber auch die Erwachsenen. „Und der Hausmeister würde dann gerne auch vor Mitternacht nach Hause gehen.“

Die „schale Kritik“ der BfB sei völlig unangebracht. Auch den Ärger wegen des Parkplatzes konnte er nicht nachvollziehen. „Wäre es ihnen lieber, die Eltern halten auf dem Berliner Ring und lassen ihre Kinder aussteigen?“

Rolf Tiemann (FWG) bezweifelte hingegen, dass der Standort für die beiden Hallen alternativlos ist – wenngleich man das Angebot der beiden Vereine gut und wichtig finde. „Auch im Hinblick auf die Flutkatastrophe sind wir der Meinung, dass weitere Flächenversiegelungen sehr kritisch zu betrachten und möglichst zu vermeiden sind“, bemerkte Tiemann. Der Wunsch von TSV und SSG, in der Nähe des Weiherhausstadions zu bauen, sei nachvollziehbar. Das dürfe aber kein Argument sein, wenn es um die Versiegelung von dieser Fläche gehe. Tiemann sprach sich dafür aus, auf bereits versiegelten Grundstücken nach Alternativen zu schauen.

„Hallen sind ausgelastet“

„Die Sporthallen sind hochausgelastet, das muss man sehen und anerkennen“, verdeutlichte Rolf Kahnt die Position seiner Fraktion „Vernunft und Augenmaß“ (VuA). Wenn die dritte Sportstunde verpflichtend eingeführt werde, „steigt die Nachfrage weiter an“. Zumal Sporthallen gesellschaftlich gesehen einen integrativen Charakter hätten, sie führten Menschen zusammen, die gemeinsam trainieren wollen.

Grünen-Fraktionschef Moritz Müller wies abschließend darauf hin, dass es im Antrag der BfB nicht um den Hallenneubau gehe, sondern um die Belegung. Weil der Vorstoß der „Bürger“ aber keine Mehrheit haben dürfte, schlug er vor, dass die Wählergemeinschaft den Antrag zurückziehen und im Sportausschuss das Thema auf die Tagesordnung genommen werden sollte. „Dann können wir offen darüber reden.“

Dazu kam es allerdings nicht, so dass der Antrag letztlich mit den Stimmen der Koalition aus CDU, SPD und FDP sowie VuA abgelehnt wurde. BfB, FWG und Grüne stimmten dafür. Losgelöst von dieser Debatte dürfte aber allen Beteiligten klar gewesen sein, dass man sich nicht zum letzten Mal mit der Materie befasst hat. Zumal bekanntlich auch die Bürgerinitiative „Rettet Bensheim“ gegen den Neubau Stellung bezogen hat.

TSV und SSG hatten zuletzt im Frühsommer erläutert, dass man mehr als fünf Jahre – mit Unterstützung durch die Verwaltung – vergeblich nach geeigneten Standorten gesucht habe. Unter Berücksichtigung des Flächenbedarfs, der Schulnähe und des Gesamtkonzepts Sportmeile Berliner Ring gebe es für diesen Standort keine Alternative.

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