Stadtentwicklung

Sparkasse Bensheim verzichtet auf Abriss der Hauptstelle

Von 
Dirk Rosenberger
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Das Kundenberatungszentrum der Sparkasse Bensheim steht seit drei Jahren leer. Das Gebäude sollte eigentlich abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Davon ist man im Verwaltungsrat und Vorstand des Geldinstituts aber jetzt abgekommen. Die Hauptstelle soll nun modernisiert werden. © Neu

Bensheim. Kehrtwende in der Führungsetage der Sparkasse Bensheim: Das leerstehende Kundenberatungszentrum an der Bahnhofstraße wird nun doch nicht abgerissen und durch einen kleineren Neubau ersetzt. Das erklärten der seit Juli amtierende Vorstandsvorsitzende Johannes Erich Schulz sowie Verwaltungsratsvorsitzende Christine Klein am Freitagnachmittag im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die Ankündigung kommt durchaus überraschend, allerdings hatte sich in den vergangenen Wochen angedeutet, dass eine Abkehr von den ursprünglichen Planungen im Bereich des Möglichen liegt. Schließlich hätten nach den letzten öffentlichen Verlautbarungen aus dem Vorstand vom Frühjahr 2021 die Abrissbagger längst rollen müssen.

Neun Millionen Euro weniger

Nun wurde der ursprüngliche Beschluss für den Neubau vom Verwaltungsrat unter dem Vorsitz von Christine Klein zurückgenommen. Stattdessen entschied man sich für eine „Revitalisierung des Bestandsgebäudes“, so die Bensheimer Rathauschefin. Konkret bedeutet das: Die Hauptstelle wird modernisiert – und zwar für rund 26 Millionen Euro. Oder wie es bei der Sparkasse heißt: „Verwaltungsrat und Vorstand erwarten Einsparungen in Höhe von rund neun Millionen Euro gegenüber dem aktuellen Budget für Abriss und Neubauplanungen.“ Bekanntlich hatte man dafür die Kosten bei 35 Millionen Euro gedeckelt.

„Meine ersten 100 Tage in Bensheim waren maßgeblich von diesem Thema geprägt“, betonte Schulz. Zunächst wurde der geplante Abriss gestoppt, die Genehmigung lag – wie berichtet – schon vor. Nach sorgfältiger Prüfung des Gesamtprojekts sei die Vorstandsspitze gemeinsam mit externen Gutachtern zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Sanierung im Bestand erheblich kostengünstiger und schneller umsetzbar sei als ein Neubau am gleichen Standort. Die Raumplanung werde den aktuellen Bedürfnissen angepasst.

Bürgermeisterin Christine Klein und Sparkassen-Chef Johannes Erich Schulz präsentierten am Freitag die Pläne für eine Modernisierung der Hauptstelle an der Bahnhofstraße. Abriss und Neubau sind damit vom Tisch. © Neu

Externer Jurist beauftragt

„Wir sparen neun Millionen Euro. Das ist für uns, unsere Kunden und die Bensheimer ein starkes Argument“, verwies der Vorstandsvorsitzende auf eine Entscheidung „auch im Interesse der Bürger“. Auf Nachfrage ließ er offen, ob die bisherigen Protagonisten, die sich vor seinem Amtsantritt unter anderem mit dem Hinweis auf Statik- und Brandschutzprobleme sowie die fehlende Wirtschaftlichkeit immer gegen eine Sanierung ausgesprochen hatten, nicht im Interesse der Bürger und der Sparkasse gehandelt hätten.

„Wir blicken in die Zukunft“, kündigte Schulz an. Mit der Vergangenheit wird sich allerdings ein externer Jurist befassen, der von der Sparkasse mit der Aufarbeitung des Sachverhalts beauftragt wurde. „Das braucht Zeit, es muss einiges betrachtet werden“, kündigte Christine Klein an. Bei der Untersuchung solle alles aufgearbeitet werden, was offenbar nicht ausschließt, dass man gegen frühere Entscheidungsträger juristisch vorgeht, wenn „schuldhafte Pflichtverfehlungen“ ans Licht kommen, wie es am Freitag dazu hieß.

Bürgermeisterin Christine Klein verdeutlichte im Gespräch mit dieser Zeitung, „dass die Stadt Bensheim eine starke Sparkasse braucht, die tief in der Region verwurzelt ist und die wirtschaftliche Entwicklung Bensheims aus einer zentralen Position heraus aktiv gestaltet und mit vorantreibt“. Die nun angedachte Modernisierung bezeichnete sie als „Signal des Aufbruchs“ und als gute Nachricht für alle Bürger und Unternehmen vor Ort. Die Entscheidung setze wichtige Impulse und stärke die Innenstadt.

Die Revitalisierung wird sowohl von Klein als auch von Schulz als richtig angesehen. Angesichts des voraussichtlichen Energieaufwands und des Ressourcenverbrauchs wäre ein Abriss mit Neubau nicht zu rechtfertigen, bemerkte der Vorstandsvorsitzende. „Wir sparen mit der Weichenstellung eine Menge Geld, das wir lieber in die Sanierung auch unter energetischen Gesichtspunkten und in den weiteren Ausbau unserer Geschäftsfelder investieren wollen.“ Das Votum des Verwaltungsrats decke sich nicht nur mit dem Wunsch der allermeisten Bürger, sondern werde auch innerhalb der Sparkassenbelegschaft klar favorisiert.

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Wie geht es nun weiter? Die modernisierte Hauptstelle soll im Frühjahr 2024 eröffnet werden und Platz für 165 Mitarbeiter haben. Nach der Entscheidung des Verwaltungsrats am Freitag will das Geldinstitut in enger Abstimmung mit der Stadt das Projekt zügig vorantreiben. Die Ausschreibung will man im ersten Quartal 2022 abgeschlossen haben, die Bauarbeiten könnten dann im Sommer des selben Jahres beginnen. Eingebunden werden in die Planungen die denkmalgeschützte Villa und die Brachfläche, auf der früher die Baustofffirma Mohr und Fasser stand. Die Sparkasse möchte das Haus wohl nicht selbst nutzen. Denkbar sei, es nach erfolgter Sanierung an die Stadt zu vermieten, damit es von lokalen Vereinen genutzt werden kann.

Das angrenzende Freigelände bietet sich für die Schaffung von Wohnraum in zentraler Lage an. Nach Auskunft von Bürgermeisterin Klein wird dies mittelfristig so kommen. Priorität habe allerdings das Kundenberatungszentrum. „Hier müssen wir zügig vorankommen.“ Sie sprach ebenso wie Johannes Erich Schulz von einer validen Grundlage, auf der man zum neuen Beschluss gekommen sei. Beide gehen deshalb davon aus, dass die Kostenprognose belastbar ist.

Als sichtbares Zeichen für die Aufbruchstimmung, die das Duo vermitteln wollte, wurden am Freitagnachmittag großformatige Aufnahmen aus der Region des Bensheimer Fotografen Thomas Neu an der Außenfassade der Hauptstelle angebracht. Sie zeigen sonnige, lichtdurchflutete Landschaften und dürfen durchaus als Symbol dafür gesehen werden, dass die Entscheidungsträger bemüht sind, die dunklen Wolken, die seit ein paar Jahren über der Sparkasse hängen, zu vertreiben.

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