Schwanheim. Das Allgäu ist ein beliebtes Urlaubsziel – auch für Familie Schweickert aus Schwanheim, die dort schon seit 25 Jahren Ferien macht und viele Bekannte hat. Im vergangenen Jahr, als die hiesige Region im Sommer unter der Hitze und Trockenheit ächzte und die Äcker viel zu wenig Wasser abbekamen, fiel den Schweickerts bei ihrem Aufenthalt im Allgäu besonders deutlich auf, dass Dürre in der Alpenregion kein Thema war. „Alle Wiesen waren satt grün“, erinnert sich Beate Schweickert.
In Schwanheim dagegen hatte die Familie Sorgen, dass der Ertrag auf den Feldern ihres landwirtschaftlichen Betriebs zu gering ausfällt. „Wir mussten viel Winterfutter verfüttern und hatten Angst, dass uns das Futter für die Rinder nicht bis ins Frühjahr reicht“, so die Schweickerts. Und so entstand – auch im Austausch mit den Bekannten in Süddeutschland – die Idee, in diesem Sommer auch mal die Tiere ins Allgäu „in Urlaub zu schicken“ – so könne zum einen Futter gespart werden, andererseits werde ein Beitrag für die Pflege der Almen im Allgäu geleistet. Denn dort mangele es den Alphirten an Rindern, um die abgelegenen Almen abzuweiden.
So kam es, dass 30 Schwanheimer Rinder Mitte Juni in einem Lkw-Anhänger in den Süden transportiert wurden und die Sommermonate auf einer Alm im Allgäu bei Wertach verbrachten – auf circa 1800 Metern über dem Meer konnten die Tiere nicht nur würzige Alpenkräuter und Gräser verspeisen, sondern auch gute Bergluft einatmen.
In der Herde von über 200 Tieren von unterschiedlichen Bauernhöfen war die Schwanheimer Truppe mit 30 Rindern die größte Herde – und sicher die mit der weitesten Anreise. Ein Almhirt, der mit seiner Familie über den Sommer auf einer Almhütte in den Bergen lebt, kümmerte sich um das Vieh, das Tag und Nacht draußen verbrachte – und im Gegensatz zu den Wiesen in Schwanheim erstmals bergiges Gelände unter den Hufen hatte. „Die Rinder haben ganz schön stramme Waden gekriegt“, meint Beate Schweickert und sieht auch positive Auswirkungen auf die spätere Fleischqualität: „Das gibt super Suppenfleisch.“
Während des Sommers machten sich Sohn Christoph Schweickert und dessen Freundin Ina Fleck mehrmals auf dem Weg ins Allgäu, um dort nach dem Rechten zu sehen. Mitte September war es dann Zeit für die Heimreise nach Südhessen – der Viehscheid stand an. Die Schweickerts entschieden sich gegen den großen öffentlichen Almabtrieb, um ihren Rindern nicht all zu viel Stress zuzumuten, und holten die Kühe schon einen Tag früher ins Tal.
Mit zehn Helfern war die Familie im Einsatz, um den Rücktransport zu stemmen – es war für alle ein aufregender Tag. Mit dem Lkw ging es im Rückwärtsgang hinauf auf die Alm, wo die Kühe anhand ihrer Ohrmarken aus der Herde herausgesucht und auf den Transporter verladen wurden.
Wohlbehalten sind alle Tiere wieder in Schwanheim angekommen – und bei der Ankunft war den Rindern durchaus eine gewisse Freude anzumerken, ist Beate Schweickert überzeugt. „Sie sind richtig durch den Stall gesprungen.“
Ob in künftigen Sommern auch wieder Schwanheimer Rinder auf die Alm ziehen, sei noch unklar. „Der Aufwand war schon sehr groß“, gibt Beate Schweickert zu bedenken. „Wir lassen das auf uns zukommen – aber es war auf jeden Fall ein besonderes Erlebnis.“ cim
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