Bensheim. Der Schulverein der Auerbacher Schlossbergschule konnte als Referenten Oberstudienrat Ulli Walther für einen Vortrag zum Thema „Mein Kind und sein Smartphone“ gewinnen. Walther ist Medienschutzberater am Goethe-Gymnasium in Bensheim und freier Referent des Instituts für Medienpädagogik und Kommunikation.
Am Dienstagabend folgten circa 30 Eltern der Einladung des Schulvereins und wurden vom Vorsitzenden des Elternvereins, Hayo Paasche, und der Konrektorin Solveig Konrad zu diesem Informationsabend begrüßt.
Der Referent, der selber Vater zweier Kinder ist, warf zunächst die Frage nach der Zuständigkeit für die Medienerziehung auf. Neben der Schule und der Polizei liege die Hauptverantwortung eindeutig beim Elternhaus, so der Referent. Dort müssten neben den Grundregeln menschlichen Miteinanders auch die Grundregeln der Mediennutzung vermittelt werden. Und das fange schon sehr früh an. Selbst kleine Kinder nehmen das Medienverhalten der Eltern wahr. Mama und Papa seien letztlich auch in diesem Bereich die Vorbilder.
Digitale Kommunikation kann zu Stress führen
Die Online-Welt werde fälschlicherweise oftmals als isolierter Bereich wahrgenommen. Wir alle müssten uns jedoch immer wieder bewusst machen, dass die digitale Welt tatsächlich stets auf die reale Welt ausstrahle und zu einem festen Bestandteil geworden sei.
Bei Eltern bestehe laut Walther häufig die Tendenz zum Überbeschützen in der realen Welt und zum „Unterbeschützen“ in der virtuellen Welt. Kinder dürften dort nicht allein gelassen werden und bräuchten klare Absprachen und Regeln, deren Einhaltung auch überprüft werden müsse.
Ulli Walther ging in seinem Vortrag detailliert auf die unterschiedlichen Apps wie WhatsApp, TikTok, Snapchat und andere ein sowie auf deren Möglichkeiten, vielfältigen Gefahren und Fallstricke. In einer nicht abschließenden Aufzählung werden allein 25 Aspekte benannt, die den Umgang mit WhatsApp für Kinder problematisch erscheinen lassen. Die Nutzung stelle definitiv einen Stressfaktor dar, der mit Aufnahme in eine WhatsApp-Gruppe noch deutlich ansteige. Kinder reagierten oft mit Angst, etwas zu verpassen und mit Konzentrationsproblemen.
Verstärkte digitale Kommunikation führe durch fehlenden Augenkontakt und die nicht wahrnehmbare Gestik und Mimik des Gegenübers sehr oft zu Missverständnissen und zwischenmenschlichem Stress.
Den interessierten Eltern, die sicher viele wertvolle Anregungen mit nach Hause nahmen, wurde darüber hinaus der Umgang mit den sogenannten sozialen Medien dargelegt. Diese seien nicht sozial, sondern gewinnorientiert, führten häufig zu digitalem Exhibitionismus, erzeugten in vielen Fällen erheblichen Gruppendruck und förderten durch ihr unbegrenztes Angebot darüber hinaus Suchtgefahren, betonte der Referent. Forscher forderten daher, die Nutzung dieser Medien erst ab 13 Jahren zu gestatten.
Als Tipp empfahl Walther den Eltern, sich die Zeit zu nehmen und die AGB der jeweiligen App zu lesen. Dort sei als Mindestalter 13 Jahre festgeschrieben, wodurch sich weitere Diskussionen mit dem Nachwuchs erübrigten.
Viele Probleme im Umgang mit digitalen Medien wurden im Verlauf des Vortrages thematisiert, beispielhaft sei hier das Einstellen von Bildern genannt. Selbst bei vielen Erwachsenen gebe es kein Bewusstsein für das Recht am eigenen Bild anderer oder für die Strafbarkeit beim Weiterleiten von Bildern unbekleideter Kinder. Und auch wenn es Kinder sind, die entsprechende Inhalte einstellen oder verbreiten, liegt die Verantwortung bei der Person, die den Handyvertrag abgeschlossen hat. Der Pädagoge stellte die Frage in den Raum: „Würden Sie Ihr Kind mit einem völlig fremden Erwachsenen alleine lassen?“ Ähnlich sei die Szenerie zu bewerten, wenn Kinder ohne Prüfung dem Einfluss von Influencern im Netz ausgesetzt würden.
Auch bei Online-Spielen ergäben sich die unterschiedlichsten Risiken; angefangen beim Kontakt zu Fremden über zusätzliche Kosten, dem teilweise immensen zeitlichen Aufwand bis hin zur möglichen Spielsucht. Eltern sollten sich die Spiele zeigen lassen, sie selbst ausprobieren und mit dem Kind gemeinsam spielen.
Viertklässler sollten noch kein Smartphone haben
Die Frage, ab welchem Alter man einem Kind ein Smartphone überlassen könne, müsse jeder verantwortungsvoll für sich selbst beantworten. Für Viertklässler sei es aus seiner Sicht zu früh und am Besten warte man bis zur sechsten Klasse. In keinem Fall sei es eine gute Idee, ein Smartphone unter den Weihnachtsbaum zu legen und alles weitere dem Kind zu überlassen. Eine empfehlenswerte Variante sei ein gebrauchtes Gerät, dass auf die Werkseinstellung zurückgesetzt wird und dessen Einstellungen in Ruhe und gewissenhaft vorgenommen werden. Die Daten auf dem Smartphone sollten mit Kenntnis des Kindes regelmäßig überprüft werden.
Zum Abschluss nannte Ulli Walther die von ihm kreierte Website „https://t1p.de/KJMSEltern“, über die sich Eltern zu diesem Thema weiter informieren können. Die Zuhörer waren sich am Ende des gut zweistündigen Vortrags einig, viele neue Erkenntnisse gewonnen zu haben. hgd
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Gefahren im Netz: Schutz von Kindern liegt auch in der Verantwortung der Eltern