Bensheim. Vor knapp einem Jahr war Richtfest. Jetzt hat die Sanner Gruppe den neuen Unternehmensstandort im Bensheimer Gewerbepark Stubenwald II offiziell eingeweiht. Auf 30 000 Quadratmetern bündelt Sanner einen hoch modernen Produktionsstandort und ein innovatives Entwicklungs-Center, um seine weltweite Marktführerschaft als Entwickler und Produzent von pharmazeutischen Trockenmittelverpackungen weiter auszubauen. Dafür soll auch der Bereich der Contract Development and Manufacturing Organisation (CDM) stärker fokussiert werden – die Entwicklung und Fertigung individueller Produkte für Kunden. Am Mittwoch wurde der „Green MedTech Park“, wie Sanner das Areal nennt, offiziell eingeweiht.
Vor rund 200 Mitarbeitern und Ehrengästen sprach Geschäftsführer Hans-Willem van Vliet von einem Jahrhundertprojekt für die GmbH, die 1894 als Familienunternehmen in Auerbach gegründet wurde und seit drei Jahren mehrheitlich dem britischen Finanzinvestor GHO Capital Partners gehört. „Hier beginnt heute das Kapitel Sanner 2.0“, so der CEO in der riesigen Lagerhalle an der Bertha-Benz-Straße.
18-monatige Bauzeit ohne Komplikationen
Auf dem Gelände hat Sanner nach eigenen Angaben ideale Bedingungen für die Produktion komplexerer Baugruppen geschaffen. Ein spezielles, 300 Quadratmeter großes Technologie- und Innovationszentrum zur Herstellung von maßgeschneiderten Lösungen und für den Prototypenbau ist Teil des enormen Komplexes, der seit 18 Monaten im Bensheimer Westen entstanden ist. Ohne Komplikationen, wie es aus der Unternehmensgruppe heißt.
Die weiteren Daten hat der Chef im Kopf: Am 14. Oktober ziehen die ersten Maschinen um, am 21. folgt die Verwaltung. Danach sollen bis Ende Januar die Werkzeuge und die Produktion verlagert werden. Dafür werden 40-Tonner zwischen Auerbach und Stubenwald pendeln. Künftig will sich die Gruppe neben dem reinen Verpackungssektor noch stärker auf die kundenspezifische Auftragsentwicklung und Herstellung von Arzneimitteln für Medizintechnik und Pharma konzentrieren.
Die Mitarbeiter werden in eine hochmoderne Fertigungsstätte mit neuem Verwaltungsgebäude und massiv gesteigerten Produktionskapazitäten übersiedeln. Allein die Logistik ist mit einer Fläche von knapp 4000 Quadratmetern und einer Hallenhöhe von 16 Metern mehr als doppelt so groß wie an der Auerbacher Schillerstraße. Im Stubenwald setzt Sanner auf den Ausbau der vollautomatischen Herstellung und Montage von Drug-Delivery-, Diagnostik- und Medizintechnik-Lösungen. Die Zahl der derzeit rund 230 Mitarbeiter soll am Standort weiter wachsen. Hans-Willem van Vliet begrüßte die Beschäftigten in einem „neuen Zuhause mit einer gelungenen Architektur“. Die neue Heimat repräsentiere die Zukunft von Sanner sowohl buchstäblich wie auch symbolisch.
Kleine Windräder, Wärmepumpen und auf dem Dach eine PV-Anlage
Der Green MedTech Park wird einen Teil der benötigten Energie selbst erzeugen. Kleine Windräder neben dem Neubau, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und modernste Wärmeaustauschsysteme sorgen für eine positive Umweltbilanz. Die Windenergie werde unter anderem zum Laden der hauseigenen Elektrofahrzeuge sowie den Energiebedarf der Außenbeleuchtung eingesetzt, heißt es von Sanner. Die Photovoltaikanlage deckt bis zu 20 Prozent des Strombedarfs der Maschinen. Die Haustechnik ist ohne fossile Energieträger konzipiert. Die Wärmeversorgung wird ausschließlich über Luftwärmepumpen erfolgen.
Für Bürgermeisterin Christine Klein ist es ein Vorzeigeprojekt für den Wirtschaftsstandort Bensheim. Sie begrüßte den Umzug innerhalb des Stadtgebietes und die Treue der Firma zur größten Stadt im Kreis Bergstraße. Aus einem kleinen Handwerksbetrieb, der in einer Garage an der Bachgasse als Korkschneiderei begonnen hatte, sei ein Weltunternehmen geworden. Die Gesellschaft hat 770 Mitarbeiter an 13 Standorten in Europa, Asien und Nordamerika. „Tradition und Innovation gehen bei Sanner Hand in Hand“, so Klein.
Landrat Christian Engelhardt sprach von einem klaren Statement der Sanner-Gruppe
Die Bürgermeisterin blickte zuversichtlich auf die weitere Entwicklung des Auerbacher Standorts an den Bahngleisen, wo nach dem Umzug ein neues Wohnquartier entstehen soll. Die sei wertvoll in einer Region, in der es an Wohnraum massiv mangele. Sie dankte insbesondere auch den Gesellschaftern Ute Sanner-Friedrich und Jürgen Sanner für die gute Zusammenarbeit bei diesem Vorhaben.
Landrat Christian Engelhardt sprach von einem klaren Statement der Sanner-Gruppe: Das Unternehmen investiere mutig in die Zukunft und bleibe auf Expansionskurs am ureigenen Standort. Dies sei nicht selbstverständlich in Zeiten, in denen die Wirtschaft eher skeptisch nach vorn blicke. Der Sparkassen-Vertriebsvorstand Sebastian Rösel äußerte sich zuversichtlich, dass Sanner in seiner Branche eine treibende Kraft bleiben wird. Eine Verdoppelung der Produktionsfläche gegenüber Auerbach biete den nötigen Raum für Wachstum. Rösel betonte auch die Standorttreue des Unternehmens, das trotz internationaler Aktivitäten weiterhin von Bensheim aus agieren wird.
Musterprojekt für nachhaltiges und funktionales Bauen
Realisiert wird das Projekt von der Deutschen-Anlagen-Leasing (DAL). Projektmanager Christian Klein kommentierte es als außergewöhnlich, dass sich eine Führungsetage so intensiv und detailliert mit einem Bauprojekt auseinandersetze und sich auch persönlich einbringe. Dies zeige, wie sehr man in der Sanner-Spitze auf das Wohl der Mitarbeiter ausgerichtet sei. Der Neubau sei ein Musterprojekt für nachhaltiges und funktionales Bauen, das auch in puncto Gestaltung Maßstäbe setze.
Markus Püschel vom Bau- und Dienstleistungsunternehmen Goldbeck nannte den Standort ein Fundament für die Zukunft von Sanner. Die klare Vision des Unternehmens habe maßgeblich zum Erfolg des Großprojekts beigetragen. Er verwies darauf, dass man die Gebäude aufstocken und bei Bedarf weiter in die Höhe bauen kann. Als Architekt ist das Konstanzer Büro Krehl-Girke im Boot.
Erster Umzug des Unternehmens vor 100 Jahren
Die Strategie von Sanner, die auf den Säulen Primärverpackungen und CDMO basiert, sei ohne moderne Entwicklungs- und Produktionsbedingungen nicht umsetzbar, so der CEO. Denn das Unternehmen will den globalen Kurs der Gruppe mitgehen, um seine Spitzenposition am Markt behaupten zu können, sagte Hans-Willem van Vliet, der bei der Einweihung nicht nur als Gastgeber, sondern auch als Musiker auftrat. Als Leiter der Big Band Laudenbach ist er unter anderem Komponist, Arrangeur und Saxofonist.
Beim ersten Umzug des Unternehmens vor 100 Jahren gab es wahrscheinlich keine Big Band. Der Transport von der Auerbacher Bachgasse in die Schillerstraße erfolgte mit Pferdefuhrwerken, wie Jürgen Sanner aus der Firmenchronik berichtete. In einer Woche war alles erledigt. Ohne Ablaufplan und Projektmanager. Damals hatte die Firma rund ein Fünfzigstel der Fläche von heute.
Im Stubenwald habe man einen Meilenstein in der Unternehmensbiografie realisiert, so der Gesellschafter. Die Gebäude zeigten nun klare Strukturen, die verwinkelte Bauweise in Auerbach war insbesondere für Transport und Logistik überaus schwierig. Das wertvollste beim Umzug seien aber die Mitarbeiter, so Jürgen Sanner bei der symbolischen Schlüsselübergabe.
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