Verein Frauenhaus

Sanierung zwingt zur Improvisation

Versammlung mit Neuwahlen und einem Bericht über den Sachstand der Bauarbeiten / Büro-Pavillon wird als provisorische Unterkunft gebraucht

Von 
Jeantte Spielmann
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Der neugewählte Vorstand des Vereins Frauenhaus mit (v.l.) Renate Tietz (Schriftführerin), Maria Heeß (Beisitzerin), Martina Evertz (Vorsitzende), Brigitte Schmitt-Drawitsch (Beisitzerin), Konstanze Hiemenz (zweite Vorsitzende), Anette Seip (Beisitzerin) und Edeltraud Lubda (Rechnerin). © Thomas Neu

Bensheim. Seit zwei Jahren leben und arbeiten Bewohnerinnen und Mitarbeiterinnen des Bergsträßer Frauenhauses auf einer Baustelle und müssen mit Chaos, Dreck und Krach klarkommen. Bis Ende des kommenden Jahres müssen sie das vermutlich noch aushalten, denn dann könnte auch die letzte Sanierungsphase abgeschlossen sein.

Bei der aktuellen Mitgliederversammlung des Vereins Frauenhaus Bergstraße, der als Trägerverein für die gesamte Geschäftsführung zuständig ist, war es der Vorsitzenden Martina Evertz daher wichtig, den Mitarbeiterinnen für ihre herausfordernde Arbeit zu danken und zu hoffen, dass sie auch den letzten Bauabschnitt „gut über die Runden bringen“. Ein besonderer Dank ging an Maria Heeß, die das Sanierungsprojekt im Auge hat und bei der Versammlung über den aktuellen Stand informierte.

Verzögerung und Stillstand

Nach Verzögerungen und zum Teil auch Stillstand aufgrund von fehlendem Baumaterial steht die Sanierung von Haus 4 und 5 vor dem Abschluss und gegen Ende des Monats wird mit dem Einzug in die neuen Räume gerechnet. Allerdings kommen nicht alle Bewohnerinnen in den neuen Räumen unter, so dass vier Frauen übergangsweise in den Pavillon ziehen müssen, da Ersatzquartiere auch mangels Geld nicht angemietet werden konnten.

Da der Pavillon seit seiner Fertigstellung als Büro diente, wurden für das Büro im alten Rathaus Räumlichkeiten angemietet. Da der Büro-Pavillon nicht die Nutzungsanforderungen einer Wohnung erfüllt und nur über eine kleine Teeküche sowie ein WC und Waschbecken verfügt, wurde vom Kreis vor dem Pavillon ein Duschcontainer aufgestellt. Zusätzlich wurden im Sozialraum ein Herd aufgestellt und ein Kühlraum eingerichtet.

In ihrem Tätigkeitsbericht verwies die Vorsitzende auf den Anfang des Jahres abgeschlossenen Vertrag mit dem Kreis Bergstraße zur Finanzierung des Betriebs und der Aufrechterhaltung des Frauenhauses. Danach übernimmt der Kreis 90 Prozent der Kosten. Keine Einigung konnte mit dem Kreis aber bezüglich der Kosten für die Beratungs- und Interventionsstelle erreicht werden. Diese Finanzierung erfolgt ausschließlich mit Hilfe von Landesmitteln und Eigenmitteln des Vereins.

So musste der Verein auch im vergangenen Jahr wieder knapp 60 000 Euro aus Eigenmitteln zur Finanzierung der Arbeit zuschießen, wie von Kassenverwalterin Edeltraud Lubda zu hören war. Prinzipiell hat sich die Finanzsituation des Vereins im Vergleich zum Vorjahr verbessert, das sich die Einnahmen erhöht haben, was insbesondere auf die Verdoppelung bei den Bußgeldern zurückzuführen ist.

Auch die Einnahmen durch das Benefizkonzert mit Rico Bravo und Spenden haben mit zu dem positiven Jahresergebnis beigetragen. Aktuell werde in einigen Kaufhäusern im Kreisgebiet ein Spendentisch für die Küchenausstattung angeboten (wir haben berichtet) und es laufe noch eine Möbelspenden-Aktion.

Bei den anstehenden Wahlen wurden die amtierenden Vorstandsmitglieder einstimmig wiedergewählt. Somit setzt sich der geschäftsführende Vorstand aus der Vorsitzenden Martina Evertz (Bensheim), ihrer Stellvertreterin Konstanze Hiemenz (Einhausen), der Kassenverwalterin Edeltraud Lubda (Bensheim) und der Schriftführerin Renate Tietz (Bensheim) zusammen. Lediglich bei den drei Beisitzerinnen gab es Neuerungen.

Auch als Mitglied ganz neu dazu gestoßen ist Anette Seip, die als Diplom-Mathematikerin ihre Vorruhestandsphase mit etwas anderem als IT ausfüllen möchte. Neu gewählt als Beisitzerin wurde auch Maria Heeß, die das Trio mit der wiedergewählten Brigitte Schmitt-Drawitsch komplettiert. Eine besondere Würdigung in Abwesenheit gab es für die ausgeschiedene Beisitzerin Heidrun Kübler. Sie gehörte als Gründungsmitglied dem geschäftsführenden Vorstand 33 Jahre lang an und war somit mindestens 36 Jahre lang aktiv im Verein engagiert, der im vergangenen Jahr seinen 35. Geburtstag hatte.

„Sie war eine Frau der ersten Stunde und für mich eine tragende Stütze und hilfreiche Ansprechpartnerin“, so Bürgermeisterin Christine Klein im Rückblick auf ihre Anfänge im Verein Frauenhaus Bergstraße, den sie 19 Jahre lang geführt hatte.

Neben den Berichten der Mitarbeiterinnen hatte sich die Versammlung noch mit einer Satzungsänderung zu beschäftigen. Auf Intervention von Christine Klein wurde dabei allerdings von einer vorgesehenen Änderung Abstand genommen, bei der es um die Stimmberechtigung von männlichen Mitgliedern geht, die erlaubt werden soll.

Sie habe seinerzeit lange dafür gekämpft, dass Männer zwar Mitglied im Verein werden können, aber ohne Stimmberechtigung und nur als förderndes Mitglied. Der Verein kämpfe gegen männliche Gewalt und die Gesellschaft sei noch nicht soweit, dass man die frauenpolitische Arbeit aus der Hand geben könnte, sah sich Christine Klein in dieser Auffassung auch angesichts des Ausgangs des Landtagswahl bestätigt.

Die Mehrheit der Mitglieder schloss sich dieser Haltung an und somit bleibt es bei der ausschließlich fördernden Mitgliedschaft von Männern im Verein Frauenhaus Bergstraße. Für den einzigen anwesenden Mann, Rolf Tiemann von der Freien Wählergemeinschaft, war das kein Problem. Er hatte für beide Varianten Verständnis.

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