Bensheim. So geht Fastnacht: Mit viel Witz, mit viel Lokalkolorit, in einer munteren Mischung aus Wortbeiträgen und Gesang. Dazu Tanzdarbietungen - wunderbar! Ebenso zu erleben am Samstagabend im Bensheimer Bürgerhaus. Die Grieseler Rote Funken hatten zu ihrer Premierensitzung der Kampagne eingeladen. Fast vier Stunden, kurz unterbrochen von einer Pause, ging es mit mächtig Tempo und bester Laune durch den Abend.
Gute Laune ist das Markenzeichen der Grieseler Rote Funken
Die Messlatte haben die Funken einmal mehr gewaltig hoch gehängt, und der langanhaltende Applaus des Publikums am Ende, einhergehend mit fröhlichen Eijo-Rufen, war eine Verneigung vor den Akteuren, die gezeigt haben, wie sich traditionelle Saalfastnacht und moderne Show aufs Beste vereinen lassen. Gäbe es einen Orden für Premium-Fastnacht, die Funken hätten ihn sich an diesem Abend allesamt umhängen lassen dürfen. Und dabei sollten nicht nur die Akteure im Rampenlicht, sondern auch all die hinter den Kulissen gewürdigt werden. Denn eine erfolgreiche Sitzung wie hier zu erleben, ist vierfarbbuntes Teamwork. Und es ist ein Miteinander der Generationen, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, allesamt stehen sie für die Fastnacht der Grieseler Rote Funken.
So gesehen muss es der fröhlichen Truppe vor der Zukunft nicht bange sein. Einzig, auch das klang an, die Rahmenbedingungen werden zunehmen schwieriger. Gute Laune ganz oben, klar, das ist Markenzeichen der Funken. Unabwendbare Kosten immer weiter nach oben, das ist das Leid der Saalfastnachter. Und dem gaben sie, selbstredend mit dem ihnen eigenen Humor, auch Ausdruck. So war es Sitzungspräsident Moritz Ambos, der gleich zu Beginn bei seiner Begrüßung in knallrotem Kittel, beklebt mit Etiketten, im bunten Scheinwerferlicht stand und mit Augenzwinkern Sponsorenwerbung präsentierte.
- Elferrat: Dirk Adler, Rainer Bauer, Fabian Berlinghof, Olaf Häusler, Mathias Hoppe, Wolfgang Kindinger, Thorsten Kuhlmann, Klaus Pongratz, Bernhard Ritter, Fabian Ritter, Florian Ritter, Thomas Stockmann, Markus Strauß, Jakob Voos, Thomas Voos, Markus Wingertszahn; Sitzungspräsident: Moritz Ambos
- Vortragende: Moritz Ambos, Robin Bauer, Heinz Burger (Schreiber), René Egetenmeir, Fabian Koller, Stefanie Paul, Maybritt Radünz, Janik Schievelbein, Bernhard Stenger, Corina Tatzel, Sophie Voos, Sibylle Weihrich
- Roten Hosen/Sänger: Elke Opper, Frank Opper, Bernhard Stenger, Roland Weiß; Leitung und Texte: Bernhard Stenger, Frank Opper; Sänger: Rote Hosen, Nadja Strauß, Thomas Becker
- Showballett: Nina Adler, Marisa Bergmann, Anna Marie Emig, Hannah Guth, Selina Mehl, Carolin Sannwald, Janina Schödel, Mara Schubert, Darlyn Steffen, Yasmin Steffen
- Gardeballett: Nina Adler, Marisa Bergmann, Anna Marie Emig, Hannah Guth, Selina Mehl, Carolin Sannwald, Helen Schneider, Janina Schödel, Darlyn Steffen, Yasmin Steffen, Carina Strauß; Trainerin beider Balette: Helen Schneider; Kostüme/Schminken: Nicole Schneider, Lena Hechler
- Mittelballett: Lana Bernschneider, Julia Berdick, Clara Fischer, Georg Kuhlmann, Leni Kuhlmann, Elisabeth Neubauer, Lina Katharina Strauß, Sophie Voos, Jula Weber, Lisa-Marie Wendland; Trainerin: Nadja Strauß; Co-Trainerin: Verena Kuhlmann-Grimm
- Kinderballett: Mey Ambos, Pia Berlinghof, Mia Chierici, Leonie Frey, Theresa Grimm, Marlene Haaf, Leonore Kuschel, Franziska Moradkhani, Leonie Moradkhani, Lotta Recktenwald, Lara Rosenberger, Moritz Stöhr, Aaron Wolf; Trainerin: Anne Rosenberger
- Bühnenbau: Elferrat, Hans Ambos, Elke und Frank Opper, Helmut Reuter, Jan Rill, Patricia Schuchmann, Julius Strauß; Schminken: Vanessa Bernschneider, Verena Kuhlmann-Grimm; Maskenbildnerinnen: Vanessa Bernschneider, Verena Kuhlmann-Grimm, Helen Schneider, Nicole Schneider; Schneiderrinnen/Kostüme: Verena Kuhlmann-Grimm, Mechthild Voos
- Ton und Technik: Moritz Ambos, Jürgen Röhrig, Volker Tanner, Tobias Rohatsch.
Zuvor war, kurz vor dem großen Einmarsch der Akteure, mit einem Beitrag der Jungen Funken der Abend von Janik Schievelbein eröffnet worden. Das Publikum war eingeladen zum Mitmachen. Fastnachtsyoga war angesagt. Die Lust auf Bier, Wein und auf die obligatorischen Eijo-Rufe wurden mit Eijoveda tief verinnerlicht und in fließende Bewegungen aller im Saal gegossen. Wenig später dann, Yoga, Einmarsch, Begrüßung waren absolviert, gab es die Funken-Hymne „Es leben die Funken“. Sodann ging die Show so richtig los. Das Stimmungsbarometer war schon in diesem Moment weit oben.
Beifall, Beifall, Beifall und prächtig viel Ejo gab es für Sophie Voos. Elf Jahre jung, ein Nach-wuchstalent in der Bütt, sie stand dabei den Großen in nichts nach. Als Bensheimer Mädchen verkündete sie stolz, dass sie noch in Bensheim geboren wurde. Dann allerdings wurde der Kreißsaal im Heilig-Geist-Hospital geschlossen. Bis zur Eröffnung des Geburtshauses in der Stadt kamen Bensheimer Kinder andernorts, vielfach im nahen Heppenheim, zur Welt. Was Sophie Voos wie folgt kommentierte: „Die hatten direkt ab der ersten Stunde en Makel in der Geburtsurkunde.“ Alsdann nahm sie sich der Innenstadt an, viel habe die für ihre Generation nicht zu bieten. Statt Heiligenfigur auf der Brücke, wäre ihr eine Harry-Potter-Skulptur lieber, und statt der Lieder des Glockenspiels fänden Taylor-Swift-Melodien eher Gehör. So plauderte sich die junge Fasnachterin in die Herzen des Publikums und strapazierte dessen Lachmuskeln ganz gehörig.
Deutliche Kritik an Extremrechts war zu hören
Nicht anders René Egetenmeir. Als Protokoller nahm er sich durchaus ernster Themen an, prä-sentierte diese mit Witz und Ironie und zeigte, dass auch in Zeiten, in denen die Welt in Teilen aus den Fugen geraten zu sein scheint und in Bensheim der Haussegen ob der Haushaltslage schief hängt, gelacht werden darf, kann und vielleicht auch sollte. Der Protokoller sah auf ein Jahr zurück mit „Doppelwums und Trara“. Deutliche Kritik an Extremrechts war zu hören, Begeisterung für das Aufwärts des deutschen Fußballs und Hoffnung für die nächste Auflage des European Song Contests klangen an. Die erloschene Ampelkoalition wurde kommentiert: „Es war der reinste Kindergarten.“ Schon zuvor nahm sich René Egetenmeir der USA-Politik an: „Die USA-Wahl ist verballert“, um zugleich Donald Trumps Gelüste an fremdem Territorium aufs Korn zu nehmen. Der, so der Protokoller, „kassiert die Bergstraße noch ein, wegen unserem guten Wein.“ Um dann begleitet von einem Augenzwinkern anzufügen, dass die Gefahr vielleicht doch nicht so groß sei. Denn: „Zum Wein gehört Intelligenz.“ So ist das mit der Fastnacht, der Ironie und dem Witz.
Apropos Witz. Zwei Garanten für spritzig-witzig sind auch Fabian Koller und Sibylle Weihrich. Als Enkel und Oma standen sie auf der Bühne und weil die Oma des Enkels Unterstützung beim Kauf eines neuen Handys suchte, kamen sie in ein herrlich freches, teils gar frivoles Gespräch. Mit dem neuen Handy will die Oma nämlich mehr als nur klassische Sozialkontakte pflegen, sie will „parshippen“. Woraus sich ein höchst spaßiger Wortwechsel entwickelt bis hin zur Frage, was denn mit dem Opa sei. Für den gäbe es inzwischen eine Fachpflegekraft, wobei dieser stets „Flachlegekraft“ verstünde. Der Kalauer kam an. Herzliches Lachen.
Mit einem Fastnachts-Rap ging es von der Bühne
Weiter im Programm. Und das ungebremst. Der Sitzungspräsident, der den Abend inmitten des Elferrats hervorragend orchestrierte, stieg höchstpersönlich in die Bütt und unterhielt mit seiner Erzählung von der Fastnachtstherapie. Auch die tat gut, obwohl oder gerade weil sie die Zwerchfelle der Zuhörer gleichfalls mächtig heftig strapazierte. Die eigenen Wehwehchen kamen zur Sprache und die Tatsache, dass die Sparkasse ihren Gebäudekomplex in der Innenstadt nach großer Sanierung in Betrieb genommen hat, was Moritz Amos den Bogen zum Haushaltsdefizit in Bensheim schlagen ließ: „‘ne gute Finanzberatung hat unsere Stadt jetzt bitter nötig.“ Dafür sind die Sitzungen des Stadtparlaments schnell erledigt, streiche man alles, was Geld kostet, von der Tagesordnung - Feierabend. So gab es einiges, was der Präsident in der Bütt zu sagen hatte. Auch hier: viel Beifall und Eijo.
Und dann: Sibylle Weihrich zum Zweiten. Jetzt als Influencerin. Temporeich, schrill, stetig in Bewegung, rief sie in den Saal: „Ich liebe das Internet, es macht mich reich.“ Die Influencerin bringt vieles an den Mann und an die Frau, eigentlich alles, „was keiner will oder braucht“. Letztlich gehe es ja nur um eines: „Hauptsache Klicks“. Und auch die Politik hatte Sibylle Weihrich im Influencer-Fastnachtsblick, was zum Beispiel beim Thema Kanzler hieß: „Olaf Scholz, Mensch ist der lahm, da hat die Aktentasche mehr Charme.“ Anders Sibylle Weihrich selbst. Ganz und gar nicht lahm und mit viel Charme plauderte sie sich mit Turbowitz durch den Auftritt, um alsdann mit einem Fastnachts-Rapp von der Bühne zu gehen. Das Publikum hielt es nicht mehr auf den Stühlen. Stehende Ovationen und Eijo-Rufe begleiteten den Auszug.
Was aber wäre die Saalfastnacht ohne die Ballettformationen, ohne die Garde, ohne die Gesangsgruppen und Gesangsdarbietungen? Es würde viel fehlen. Der Mix macht‘s. Und auch da sind die Grieseler Rote Funken bestens sortiert. Corina Tatzel ist eine der festen Größen. Immer wieder begeistert sie als Margot mit frech-fröhlichen Liedern, begleitet von Bernhard Stenger an der Gitarre. Sie singt vom Feiern bis in die Nacht und den Nachwehen, von Gallenstein-Leiden, vom Grillen und fragt: „Kann denn Grillen Sünde sein?“
Und sie jodelt sich durch ein Almlied. Klar, Zugaberufe hier wie bei allen. Und das gilt auch für die Roten Hosen und die jungen Funken. Sie bringen gleichsam mit ihren Liedern und den Geschichten, die sie damit erzählen, beste Stimmung mit viel Rhythmus in den Saal. Die Roten Hosen zum Beispiel, wenn sie in einem ihrer Songs die ergraute Boomer-Generation besingen, die aber nach wie vor flott unterwegs ist, oder die Jungen Funken, die musikalisch vom Ikea-Einkauf berichten. Themen haben die Funken-Sänger allesamt genug und eingängige Melodien gibt es viele. Das Publikum klatscht im Takt mit. Und das Stimmungsbarometer? Wie eingangs erwähnt: Ganz, ganz oben.
Beim großen Finale kamen nochmal alle Akeure auf der Bühne zusammen
So war es auch bei den Auftritten der Ballettgruppen. Die Kleinsten (Kinderballett) tanzten als Pinguine im Rampenlicht der großen Bühne, die Größeren (Mittelballett) als Cowboys und das Show-ballett war in glitzernden Kostümen als Aliens im schnell wechselnden Scheinwerferlicht. Schau und Show fanden dabei zusammen. Und was bot die Garde? Klar, einen nicht minder flotten Gardetanz. „Das war’s“, sagte Sitzungspräsident Moritz Ambos am Ende des Programms. Aber es war eben nur das Ende eines großartigen Programms, bei dem beim großen Finale noch mal alle Akteure auf der Bühne zusammenfanden. Bis zum Aschermittwoch, dem Ende der Fastnachtszeit, ist es noch eine Weile hin, und bis dahin darf noch munter weitergefeiert werden. Dazu gehört bei den Roten Funken eine weitere große Sitzung am Abend des Fastnachtssamstag (1. März) und die Kinderfastnacht am Nachmittag des Fastnachtssonntag (2. März).
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