Bensheim. Es war vor vier Jahren. Damals hatten die Bensheimer bei der „First Lego League“ im Rahmen des World Festivals drei Auszeichnungen mit nach Hause gebracht: Platz eins für das Mechanical Design – der beste Lego-Roboter der Welt wurde an der Bergstraße zusammengebaut. Mit dem dritten Platz im Robot Game und dem begehrten Coach-Award für Jonathan Blumann war der Triumph komplett. Die Teilnahme in Detroit war die Krönung einer herausragenden Saison, nachdem die Tüftler aus dem Team „Goethe RobotX“ mit dem Europameister-Titel ihr Ticket für die USA gelöst hatten.
Jonathan Blumann ist nach sieben Jahren als Coach noch immer dabei. Allerdings studiert er mittlerweile in Frankfurt für das Lehramt an Grundschulen. Um ihn herum hat sich am Goethe-Gymnasium längst eine neue Generation an Technik- und Informatik-Freaks formiert, die der erfahrene Betreuer sehr erfolgreich begleitet. Der (virtuelle) Regionalwettbewerb in Darmstadt verlief mit zwei ersten (Robot Game und Gesamtwertung) sowie einem zweiten Platz für Design und Forschung exzellent. Damit war die Teilnahme am Halbfinale in Frankfurt perfekt, das im Mai aufgrund der Pandemie ebenfalls online ausgetragen wurde. Danach ging es bereits zum zweiten Mal zum DACH-Final im Präsenz-Format nach Paderborn.
100 Mannschaften, 70 Nationen
Klingt kompliziert, und ist es auch. Doch in der Welt der Robotik sind das alles Stufen nach ganz oben. Und in der Tat hat es das Schulteam aus Bensheim erneut geschafft, wieder auf internationaler Ebene nach den Sternen zu greifen: Im März stand fest, dass es vom 5. bis 8. August nach Brasilien geht, wo die FLL Brazil Open 2022 über die Bühne gehen werden. Der Wettbewerb findet in Rio de Janeiro statt.
Die Bensheimer sind eines von drei deutschen Teams, die sich in einem Feld aus rund 100 Mannschaften aus 70 Nationen behaupten müssen. Die First-Lego-League ist ein weltweiter Robotik-Wettbewerb, der Kinder und Jugendliche für Wissenschaft und moderne Technologien begeistern soll. Auf dem Globus nehmen jährlich mehr als 30 000 Teams teil. Eine riesige Community, und „Goethe RobotX“ gehört ganz vorne mit dazu.
Nach dem USA-Trip musste das Team einen harten Schnitt vornehmen, erläutert Jonathan Blumann. Aufgrund der Altersgrenze von 17 Jahren hatte sich die Gruppe neu organisiert. Damit es einen fließenden Übergang von der alten zur neuen Konstellation geben konnte, hatte der Coach bereits im Vorjahr zwei weitere Nachwuchsteams gegründet. Somit konnte das Goethe-Gymnasium Bensheim schon im Sommer 2018 für die kommende Saison zusätzlich „GGB RobotX“ ins Rennen schicken. Und auch die neue Generation konnte auf regionaler und nationaler Ebene reüssieren. Der Traum vom nächsten internationalen Auftritt geht nun in Erfüllung. Gerade nach zwei Jahren Corona-Distanz freuen sich die Mitglieder enorm, in Brasilien dabei sein zu können.
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„Das vergangene Jahr musste wegen der Pandemie ganz anders organisiert werden. Jetzt geht es endlich wieder in Präsenz weiter, und das auch noch in Rio“, freut sich Luisa Zielinski beim Gespräch in der MINT-Garage des Gymnasiums – ein Container auf em Schulhof, in dem sich die Robotiker regelmäßig treffen können. Manchmal auch bis spät in die Nacht. Denn es ist nicht einfach, das Zeitmanagement von neun Oberstufenschülern im Jahr vor dem Abitur unter einen Hut zu bringen, wie Tobias Beinker betont. Die Robotik-AG läuft ab Klasse 6 bis zum Abitur. Ab Klasse 7 kann man an Wettbewerben teilnehmen.
„Die MINT-Garage ist für uns ein idealer Ort, um zu programmieren und die Mechanik zu optimieren“, sagt Matteo Schönberger, der mit seinen Kollegen seit August 2021 an der aktuellen Aufgabe arbeitet. Mehrere Extraschichten inklusive. Doch beim Bau eines Roboters geht es nicht nur um Mechanik und Programmierung, sondern auch um Kreativität und Strategie.
Beim Forschungsauftrag in diesem Jahr geht es um die Optimierung der Logistik bei der Paketzustellung. Dafür haben die Bensheimer ein erläuterndes Video gedreht. In normalen Zeiten wird diese Aufgabe live und szenisch dargestellt. Für jedes Gebiet gibt es Spezialisten, Teamwork ist oberstes Gebot. Das sehen auch die anderen so: Alex Rössling, Constantin Janz, Fabio Degen, Janos Beckmann, Malte Schröter und Maximilian Rieber. Weiterer Coach und Leiter der anderen Robotik-AGs ist Lehrer Tobias Braumann.
Sponsoren gesucht
Die Vorbereitungen laufen seit Monaten auf Hochtouren, die Erwartungen des Teams an sich selbst sind hoch. Schließlich hat man einen guten Namen und einen Ruf zu verteidigen. Von Druck ist dennoch wenig spürbar: Man bleibt entspannt (zumindest äußerlich) und arbeitet konzentriert an den letzten Details, um im August gelassen in den Flieger steigen zu können.
Auch dieses Jahr wollen die Schüler wieder – wie für den Trip nach Detroit – einen Großteil der Wettbewerbs- und Reisekosten durch Spenden und Sponsorengelder finanzieren. Die Kosten für Rio belaufen sich auf deutlich über 20 000 Euro. Um das stemmen zu können, wurde extra 2000 Flyer gedruckt und verteilt. „Wir würden uns freuen, wenn sich auch Unternehmen melden würden“, so der Coach.
Darüber hinaus hat das Team weitere Aktionen initiiert, um die Kasse zu füllen. Zum Beispiel ein Catering beim Schultheater oder Workshops für Jugendliche, an denen sich auch gewerbliche Unterstützer beteiligen könnten. Auch am Messestand sowie auf den Bannern der Bensheimer sei noch reichlich Platz für Firmenlogos, so Jonathan Blumann vielsagend.
Ein dickes Lob kommt von Lehrer Olaf Harjes, der am Goethe-Gymnasium den MINT-Bereich leitet: „Das Schulteam managt sich vollkommen eigenständig. Das ist vorbildlich.“ Sämtliche Ideen und Projekte werden unter Eigenregie geplant und umgesetzt. „Das ist selbstorganisiertes Lernen in Bestform.“
Von den Brazil Open in Rio de Janeiro werden die Schüler übrigens tagesaktuell über die einschlägigen sozialen Kanäle berichten. Über „Goethe RobotX“ gelangt man direkt zum Team.
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