Bensheim. Nicht nur die Älteren werden sich erinnern: Über die mögliche Ansiedlung einer Bauschuttrecyclinganlage im Gewerbegebiet Riedwiese-Süd hatten die Stadtverordneten im vergangenen Jahr ausgiebig diskutiert. Das Aus war auch nach der Intervention einer Bürgerinitiative beschlossene Sache, nur über den korrekten Verfahrensweg wurde lange gestritten (wir haben berichtet).
Mittlerweile ist Gras über die Sache gewachsen – oder im Fall der Riedwiese: jede Menge Mohnblumen. Das ist hübsch anzuschauen, was sicherlich auch ein Grund dafür ist, dass die Freie Wählergemeinschaft (FWG) in der Stadtverordnetenversammlung das Thema wieder auf die Tagesordnung brachte.
Stoßrichtung: Mit Ausnahme des an die Firma Reckeweg verkauften Grundstücks soll der Magistrat mit der MEGB vereinbaren, dass alle weiteren Vermarktungsaktivitäten eingestellt werden. Stattdessen sollte die Fläche als Biotop ausgewiesen werden.
Untergrund erschwert Bebauung
„Das Gelände ist nur mit erheblichem Aufwand für Bebauung nutzbar, wie die Firma Dr. Reckeweg leidvoll bei der erforderlichen Pfahlgründung erfahren hat“, meinte Rolf Tiemann (FWG). Die Baugrundverhältnisse im Bereich des alten Neckarbetts hätten bereits zu Schäden an der Straße sowie den Außenanlagen des Gartenmarktes und des dort ansässigen Autohauses geführt.
Der weiche Untergrund erschwere eine Bebauung und mache sie teuer, daher sei die Fläche „nur bedingt für Gewerbeansiedlung geeignet“, so Tiemann. Zudem hätte man mit der Ausweisung des neuen Gewerbegebiets nördlich der Schwanheimer Straße (an der A 5) eine Alternative geschaffen, auf der sich vor allem kleine Handwerksbetriebs ansiedeln sollen.
Bei der CDU rannte Tiemann erwartungsgemäß keine offenen Türen mit seiner Forderung ein. „Wir haben uns darüber lange unterhalten und werden ein bestehendes Gewerbegebiet nicht in ein Biotop umwandeln“, betonte Fraktionschef Markus Woißyk. Auch die SPD sah keine Notwendigkeit, das Areal umzuwidmen.
Aufgrund ihrer Lage eigne sich die Riedwiese für eine Nutzung als Gewerbegebiet, meinte auch Wolfram Fendler (GLB). Einziges Manko seien die darüber verlaufende Stromleitung und der Untergrund. „Wie die Firma Reckeweg gezeigt hat, kann man trotzdem selbst ein Hochregallager dort bauen“, bemerkte Fendler.
Bensheim habe einen dringenden Bedarf an Gewerbeflächen. Konkret geht es den Grünen darum, das Fehlheimer Unternehmen Blechschmitt, das seinen Betriebshof bekanntlich mitten im Stadtteil hat, an die Riedwiese zu verlagern. „Die Gespräche dazu laufen unseres Wissens noch“, sagte Fendler. Selbst wenn sich diese Planungen zerschlagen würden, gebe es viele kleinere Betriebe, die auf der Suche sind und denen geholfen werden könnte.
Die von der FWG geforderte Vereinbarung zwischen Magistrat und MEGB wäre keinesfalls kostenlos, die Stadt müsste in einem solchen Fall der städtischen Tochter den Verlust erstatten – zuzüglich der Kosten für den Unterhalt des Biotops. „Wir freuen uns, dass die FWG so viel Geld in ein Biotop investieren will. Wir halten das Geld aber für besser angelegt, wenn damit landwirtschaftliche Fläche mit geringerem Ertragswert angekauft und renaturiert wird.“
Franz Apfel (BfB) erinnerte daran, dass als Ausgleich für die Bebauung der Riedwiese eine Fläche von 2,1 Hektar für das grüne Band im Westen der Stadt festgelegt wurde. Damit sei der Vorgang abgeschlossen. Auch der Fraktionschef der Wählergemeinschaft brachte die Firma Blechschmitt ins Spiel. „Wenn dieser Umzug gelingt, wäre das eine gute Entscheidung für Fehlheim, Schwanheim und Rodau.“ Das Thema Riedwiese sei mausetot und vor über einem Jahr entschieden worden. Grundsätzlich gebe es viel mehr Anfragen für kleine Gewerbeparzellen, als es momentan Flächen gebe. „Die Sache ist beschlossen, dabei sollte es bleiben“, schloss sich Rolf Kahnt (AfD) seinen Vorrednern an. Unterstützung für die Freien Wähler kam allerdings von der FDP. Man sei von Beginn an gegen ein Gewerbegebiet an dieser Stelle gewesen, so Fraktionschef Holger Steinert und verwies erneut auf die steigende Verkehrsbelastung durch Lkw-Verkehr. Außerdem steige der ohnehin schon hohe Flächenverbrauch weiter.
„Nach dem Verkauf an Reckeweg kam nichts mehr nach. Wenn kein Interesse an den Flächen besteht, kann man sie auch ummünzen“, unternahm Rolf Tiemann einen letzten (erfolglosen) Versuch. Lediglich die FDP stimmte mit ihm, die anderen Fraktionen votierten bei einer Enthaltung dagegen.
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