Innenstadt

Raritäten, Kuriositäten und Krimskrams

Beim Flohmarkt auf dem Beauner Platz war die Anzahl der Verkäufer überschaubar. Exklusive Hüte, gebrauchte Schuhe und Schleich-Tiere im Angebot.

Von 
Gerlinde Scharf
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Am Samstag fand auf dem Beauner Platz in Bensheim der Innenstadt-Flohmarkt in abgespeckter Form statt. © Thomas Zelinger

Bensheim. Der als „großer Flohmarkt“ angekündigte Markt in der Bensheimer Innenstadt entpuppte sich am Samstag tatsächlich als relativ überschaubare Veranstaltung auf einem großen, freien Platz. Es mag an der Hitze gelegen haben oder an der erstmals erhobenen Standgebühr von 15 Euro, dass sich auch die Anzahl der Trödler und Aussteller, der Familien sowie „Entrümpler und Ordnungsfanatiker“ in Grenzen hielt. Der ganze Trupp hatte sich mitsamt seinen Schätzen, verpackt in Kisten und Kästen, seinen Kleiderständern mitsamt den Lieblingsstücken der vergangenen Saison, den Tischen, Pavillons und kleinen Zelten an den Rändern des Beauner Platzes im Schatten postiert. Der Innenraum blieb komplett frei.

Obwohl die Schnäppchenjäger und Sammler aus allgemein bekannten Gründen in diesem Jahr mit einem abgespeckten Angebot Vorlieb nehmen mussten und die Gelegenheit, zum Stöbern, Feilschen und Entdecken nach Raritäten, Kuriositäten und Krimskrams erheblich eingeschränkt war, zeigten sich die allermeisten zufrieden. Die Meinung der „fliegenden Händler“ indes fiel zwiegespalten aus: Sie reichten von „Klasse“ und „Ich habe schon gute Geschäfte gemacht“ bis zu „Nie wieder“, „Es fehlen Toiletten. Ich kann doch nicht einfach aufs Bahnhofsklo, wer passt dann auf meine Sachen auf?“ und „Einfach schlecht organisiert“.

Mit ein wenig Wehmut blickte eine Lorscherin auf ihr Sammelsurium an Baskenmützen „aus echtem Filz“ und ihr Hüte-Sortiment von Stroh bis Pelz: „Ich bin eine leidenschaftliche Hutträgerin, aber jetzt muss ich mich schweren Herzens von den meisten meiner mehr als 30 Hüte trennen.“ Den Grund für den unfreiwilligen Abschied verriet sie mit einem kleinen, allerdings nicht ganz ernst gemeinten Seufzer: „Ich habe kürzlich geheiratet, und jetzt braucht mein Mann halt den Platz.“

Mit ihrem besten Stück, einem exklusiven schwarzen Hut mit langer Feder, hat sie übrigens eine wählerische Dame glücklich gemacht: „Ich habe ihn quasi für 35 Euro verschenkt.“ Die Frage, wann und wo sie die ausgefallenen Stücke denn getragen habe, beantwortete die Jungverheiratete ebenfalls wie aus der Pistole geschossen. „Ich weiß noch alle Anlässe. Aber ich bin damit auch einfach in Mannheim spazieren gegangen. In Lorsch hätte ich mich das allerdings nicht getraut.“

Ein Ehepaar aus Worms wartete am späten Vormittag hingegen vergebens - aber immer noch bester Laune - auf Kaufwillige. Die zweifachen Eltern hatten weit mehr als 50 Paar Schuhe, von Gummistiefeln bis zu Clogs, vom Fußballschuh bis zum Wunderstiefel fein säuberlich nebeneinander postiert. „Wir haben zwei Jungs, und die brauchten während des Wachstums alle paar Wochen neue Schuhe. Und wir haben15 Jahre lang alle Treter gesammelt. Jetzt sollen sie weg“, sagten sie zur Erklärung.

Ganz andere Sorgen hatte ihr Nachbar aus Pfungstadt. Sein Stand war dauerhaft von Kindern belagert und er kam mit Kassieren kaum nach. „Ich bin der Mann mit Schleich“ ließ der leidenschaftliche Sammler erst gar keinen Zweifel an seiner Passion aufkommen. Angefangen haben Leidenschaft und Liebe zu den authentischen Miniatur-Tierfiguren 1991. Inzwischen hat er sie alle zu Hause sortiert im Regal und in einer Glasvitrine stehen oder in einem Extra-Raum in Kartons verpackt.

Die „Doppelgänger“ – Drachen, Lavaskorpione, Einhörner, Horse-Club, Monster- und Elfenfiguren und die neusten Eldrador-Kreationen – gingen für ein paar Euro über den Ladentisch: „Nur den Kampf-Elefant würde ich niemals hergeben“, versicherte er gut gelaunt („Ich habe nie behauptet, dass ich normal bin“). Dass auch seine bessere Hälfte das Hobby ihres Gatten klaglos akzeptiert, erklärte dieser so: „Sie sammelt Schlümpfe.“

Während die Deutsche Bundesbahn aktuell nur Negativschlagzeilen produziert, frönt ein 80 Jahre alter Heidelberger seit seiner frühsten Jugend unbeirrt seiner Begeisterung für Züge. Allerdings handelt es sich um Modelleisenbahnen aus Blech der berühmten Marken Märklin und Fleischmann. Eine ganze Reihe von Raritäten hatte er auf seinem Tisch vor dem Bürgerhaus aufgebaut – aber bis zum Spätnachmittag trotz einer Reihe von Interessenten und Neugierigen nichts verkauft. Er habe sich kurzfristig zu einer „Entrümplungsaktion“ entschlossen, ausgenommen seinem wertvollsten Stück, einer E-Lok Spur Null aus dem Jahr 1930. Heutiger Wert um die 400 Euro.

Was gab’s ansonsten auf dem Trödelmarkt? Klamotten – vom Cocktailkleid bis zum Pelzmantel- ausgelatschte Schuhe, ausgelesene Bücher, feines Geschirr, Kinderspielzeug, sogar ein antiker Tennisschläger aus Holz, ein Einrad von der sportlichen Tochter, ein Persianer-Muff, ein Konfirmations-Anzug, eine Madonna-Figur aus Holz, Nachthemden Größe 42 bis 48 sowie diverse Boxen mit kostenlosem Inhalt. Eine davon warb mit einem Schild gleich um doppelte Aufmerksamkeit: „Umsonst – zu verschenken.“

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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