Bensheim. Jubiläum eines außergewöhnlichen Traditionstreffens: Seit 40 Jahren kommt der musizierende Freundeskreis von Christoph Bergner immer kurz vor den Sommerferien zum Probenwochenende mit anschließendem Orchesterkonzert zusammen. Die zugunsten der Hahnmühle-Stiftung veranstaltete Jubiläumsausgabe mit Werken von Bach, Telemann und Mozart lockte am Sonntagabend weit über 100 Besucher in die Michaelskirche.
Wie schon 2023 und 2024 fungierte der renommierte schwedische Dirigent Ola Rudner (Ex-Chef der Württembergischen Philharmonie Reutlingen) als auch geigerisch aktiver künstlerischer Leiter. Weitere Soloparts übernahmen neben der heute im Philharmonischen Orchester Lübeck wirkenden Bensheimer Bratschistin Caroline Spengler der Wiener Klarinettist Christoph Zimper und Rudners Sohn Jonas am Horn – beide ebenfalls namhafte Vertreter ihres Faches. Dazu gesellten sich Christoph Bergner (Cembalo) und Johanna Tometten (Querflöte).
Ohne Bach geht es bei Bergner und seinem Ensemble bekanntlich nicht: Diesmal stand mit dem ausladenden a-moll-Tripelkonzert BWV 1044 eine echte Rarität auf dem Programm. Bach hat hier zwei Cembalosätze (Präludium und Fuge BWV 894) plus ein Orgelstück (Triosonaten-Mittelsatz BWV 527) so intensiv bearbeitet, dass daraus fast eine Neukomposition wurde. Im transparent-präzisen Zusammenspiel von Solistentrio und Streichquintett kam die selbst für Bach exzeptionelle Dichte der Ecksätze wunderbar plastisch zur Geltung. Christoph Bergners furiose Cembalopassagen, Ola Rudners kraftvolle Geigenakzente und Johanna Tomettens feine Flötenlinien bereiteten dabei ungetrübte Freude. Besonderen Reiz gewann das unbegleitete „Adagio ma non tanto e dolce“ (C-Dur), das kammermusikalische Triokunst par excellence parat hielt.
Vor diesem einzigartigen Bach-Werk war mit Telemanns G-Dur-Bratschenkonzert TWV 51:G9 ein anderer Solitär der Barockzeit erklungen – das wohl erste einschlägige Solostück für Viola nämlich.
Caroline Spengler (Jahrgang 1995/ seit 2024 Mitglied der Lübecker Philharmoniker) blieb ihrem eingängigen Solopart an lyrischer Kantabilität (e-moll-Andante) wie an spielerischer Agilität (Presto-Finale) nichts schuldig. Das 13-köpfige Ensemble lieferte hellwache Unterstützung.
Pures Mozart-Glück boten Ola Rudner und das durch einige Bläserstimmen erweiterte Orchester bei den rahmenden Werken: Das 1783 für Joseph Leutgeb (1732-1811) entstandene Es-Dur-Hornkonzert KV 417 und das 1791 für Anton Stadler (1755-1812) geschriebene A-Dur-Klarinettenkonzert KV 622 erinnerten wieder einmal daran, wie besonders Mozart gerade im Falle freundschaftlicher Inspiration komponiert hat. Jonas Rudner (Jahrgang 1982/ seit 2007 Solohornist des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich) gelang in KV 417 ein Musterbeispiel an Phrasierungseleganz, Klangkultur und Ausdruckswärme – bei jederzeit erfrischend schmiegsamer Orchesterbegleitung.
Gleiches galt für den Wiener Enddreißiger Christoph Zimper (Ex-Mozarteum-Soloklarinettist), der mit seiner wahrhaft programmkrönenden Interpretation des Adagio-Juwels und des Rondo-Finales aus KV 622 zu Recht Begeisterungsstürme auslöste. Angesichts der vor Vitalität und Virtuosität nur so sprühenden Podiumspräsenz dieses vom Ensemble beseelt getragenen Ausnahmemusikers mochte man den probentechnisch bedingten Verzicht auf den Kopfsatz umso schmerzlicher finden. Zimpers nächster Bensheimer Auftritt sollte also allenfalls eine Frage der Zeit sein. Ebenso bleiben natürlich viele weitere Sommerkonzerte des Bergner-Freundeskreises zu wünschen.
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