Ortsbegehung

Petitionsausschuss prüft Lösungen an der Heidelberger Straße

Zwei Anwohner der angrenzenden Arminstraße haben Mitte des Jahres eine Petition zur Verkehrsberuhigung eingereicht und erläuterten ihre Ideen vor Ort.

Von 
Anna Meister
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Wer in diesem Bereich die B 3 überqueren möchte, der braucht einerseits Mut, vor allem aber Geduld. Denn viele halten nicht an, um Fußgänger oder Radfahrer an der Querungshilfe passieren zu lassen. © Thomas Zelinger

Bensheim. Der Wind trägt den Lärm der Heidelberger Straße über die Nachbarschaft. Wer an der Bushaltestelle „Hemsberg“ am Ortsausgang von Bensheim wartet, versteht kaum sein eigenes Wort. Autos rauschen vorbei, Reifen quietschen, wenn Verkehrsteilnehmer noch schnell versuchen, sich in den Verkehr auf der B 3 einzufädeln.

An der Ecke Heidelberger Straße/Arminstraße ist schon so einiges passiert – teils schlimme Unfälle, die sich ins Gedächtnis der Anwohner eingeprägt haben. Für Martin Türck und Detlef Römer, die nur wenige Schritte entfernt leben, war es genug: Im Mai dieses Jahres haben sie beim Petitionsausschuss des Hessischen Landtages ihre Forderungen zur Entschärfung der Verkehrssituation an dieser Kreuzung eingereicht.

Detlef Römer (links) und Martin Türck wollen mit ihrer Petition, die sie im Mai dieses Jahres eingereicht haben, eine Beruhigung der Verkehrssituation in der Heidelberger Straße, Bereich Arminstraße, erreichen. Hierzu gab es nun einen Termin vor Ort mit dem Petitionsausschuss des Hessischen Landtages sowie Behördenvertreterinnen und -vertretern. © Thomas Zelinger

Nach eingehender Prüfung gab es nun in der vergangenen Woche einen Termin vor Ort. Gekommen waren neben der Bergsträßer Landtagsabgeordneten Birgit Heitland, die Mitglied des Petitionsausschusses ist, auch Bürgermeisterin Christine Klein sowie Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Behörden und mehrere Anwohner.

Trauriger Anlass für die Petition war ein tödlicher Verkehrsunfall im Mai 2024: Am Ortsausgang von Bensheim war ein 42-jähriger Motorradfahrer im Bereich Arminstraße/Heidelberger Straße mit einem Auto zusammengeprallt. Der Mann hinter dem Steuer hatte ihn übersehen, als aus der verlängerten Arminstraße nach links in die Heidelberger Straße einbiegen wollte. „Leider war das nicht die erste gefährliche Verkehrssituation in diesem Bereich“, erklärt Detlef Römer.

Schon lange wünschen sich nicht nur die Anwohnerinnen und Anwohner der Arminstraße, sondern auch der Kleingärtnerverein, dessen Gelände direkt an der B 3 liegt, eine Beruhigung des Verkehrs. Zwar gibt es an der Bushaltestelle „Hemsberg“ eine Querungshilfe über die vielbefahrene Straße zwischen Bensheim und Heppenheim – „wer dort aber schon einmal mit kleinen Kindern oder einem Hund stehen musste, dem wird es schnell ganz anders“, sagt Martin Türck. Nur selten bremsen die Verkehrsteilnehmer ab, wenn jemand in der Fahrbahnmitte wartet, ganz zu schweigen vom Anhalten.

Petenten kritisieren, wie Daten zur Geschwindigkeit erhoben wurden

Die beiden Petenten genießen einen breiten Rückhalt: Die Bewohner der Arminstraße haben die Petition und deren Forderungen mit über 50 Unterschriften geschlossen unterzeichnet. Türck und Römer machen an der Kreuzung mehrere Gefahrenpunkte aus. „Da ist zum einen die überhöhte Geschwindigkeit: Insbesondere in den Sommermonaten fahren viele Verkehrsteilnehmer in beiden Richtungen regelmäßig zu schnell. Ohne Hindernisse erscheint die Straße ab dem Tegut-Markt wie ein Beschleunigungsstreifen Richtung Heppenheim. Die Lärmbelästigung ist oft unerträglich. Auch die aktuell zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde halten wir angesichts der Bushaltestelle und der beiden Einfahrten für fragwürdig“, fasst Türck die Lage aus seiner Sicht zusammen.

Der Familienvater kritisiert die Art und Weise, wie die Verkehrsdaten beim Ortstermin in der Heidelberger Straße zugrunde gelegten Daten erhoben wurden: „Natürlich fahren die Menschen langsamer, wenn sie sehen, dass ein Blitzer aufgestellt wurde.“ Er und weitere Anwohner halten die Werte nur für bedingt aussagekräftig.

Etwa 11 000 Fahrzeuge fahren täglich auf dem Straßenabschnitt zwischen Bensheim und Heppenheim. Bei mehreren Geschwindigkeitsmessungen vom 10. bis 22. Oktober dieses Jahres wurden rund 290 Überschreitungen um bis zu 10 km/h über dem zulässigen Tempo 50 ermittelt. Darüber hinaus gab es nur wenige Ausreißer, die viel schneller unterwegs waren. „Das spiegelt nicht wider, was wir täglich hier erleben“, sagt Türck. Mit der Petition ist den beiden nicht daran gelegen, jene zu bestrafen, die sich nicht an die Regeln halten. „Vielmehr möchten wir erreichen, dass zeitnah positiv auf die Situation reagiert und niemand mehr gefährdet wird.“

Das passt zumindest in der Theorie zur Vorstellung des Hessischen Verkehrsministeriums: Seit der Erarbeitung des letzten umfassenden Verkehrssicherheitsprogramms für Hessen im Jahr 1993 haben sich sowohl Zielsetzungen als auch technische Möglichkeiten und damit die Herausforderungen für die Verkehrssicherheitsarbeit verändert.

Dieses Konzept wird derzeit erneuert, um die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Bürgerinnen und Bürger in Hessen möglichst sicher am Verkehrsgeschehen teilnehmen können. „Unser Leitbild ,Vision Zero’ zielt darauf ab, dass bis 2035 niemand infolge von Verkehrsunfällen zu Tode kommt oder so schwer verletzt wird, dass sie oder er lebenslange Schäden davonträgt“, so Christian Reuter vom Referat Straßen- und Verkehrswesen im Hessischen Landtag.

In der Praxis ist man davon allerdings noch ein wenig entfernt – nicht zuletzt, weil es in Sachen Verkehrssicherheit neben der Zuständigkeit immer wieder um die Frage der Finanzierung geht. „Wobei unsere Sicherheit damit eigentlich nicht aufgewogen werden dürfte“, kritisiert Römer.

Gefährliches Linksabbiegen und unübersichtliche Lage

Als weiteres Problem nennen die Anwohner das gefährliche Linksabbiegen: „Linksabbieger müssen nicht nur den Verkehr auf der Heidelberger Straße beachten, sondern auch die gegenüberliegende Straße, kreuzende Fahrradfahrer und Fußgänger am Übergang. Zudem wird die Sicht durch Fahrzeuge auf dem Rechtsabbiegestreifen beeinträchtigt“, erklärt Römer der versammelten Runde.

Dazu komme noch die gefährliche Überquerung für Fußgänger und Radfahrer: Obwohl es bei der Bushaltestelle eine Verkehrsinsel gibt, muss der fließende Verkehr generell nicht anhalten. „Eltern mit Kindern, Senioren und Radfahrer, besonders mit Anhängern, stehen oft lange in der Mitte der Straße. Beim Überqueren sind Passanten zudem im Gefahrenbereich der Links- und Rechtsabbieger.“

Im Gespräch mit Heitland und den zuständigen Behördenvertretern brachten die beiden Männer nicht nur die Probleme, sondern auch erste Lösungsansätze vor. Bei der Besichtigung vor Ort machte Birgit Heitland den Petenten wenig Hoffnung darauf, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung weiter heruntergesetzt werden kann. Dafür ist das Verkehrsaufkommen zu hoch, längere Staus sind vorprogrammiert. Dasselbe Problem stelle sich beim Bau eines weiteren Kreisels dar.

„Nicht jede Petition ist in ihrer Gänze erfüllbar. Deswegen sind die Termine mit den Betroffenen vor Ort so wichtig, denn so bekommen wir einen noch besseren Überblick und können gute Kompromisse erarbeiten“, so Heitland.

Welche Ideen könnten eine Verbesserung bringen?

Die Ideen der Anwohnerinnen und Anwohner reichen von der Installation einer Bedarfsampelanlage am Fußgängerüberweg über die Einrichtung eines Zebrastreifens bis zu einem Überholverbot ab dem Tegut-Kreisel bis zum Ortsschild Bensheim. Vorstellen könnten sie sich ebenso gut ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde bis zum Ortsschild, sowie dessen Versetzung bis ans Gemarkungsende der Stadt. Auch die Installation eines festen Blitzers könnte für eine Beruhigung sorgen.

Einige der Vorschläge wurden bereits geprüft, eine endgültige Lösung muss sich aber erst noch finden. Ebenso wie jemand, der für die Umsetzung aufkommen kann. Die Stadtkasse ist bekanntlich leer, eine Bedarfsampel ist wohl eher nicht im Budget. Also muss geprüft darüber hinaus werden, welche Behörden – Straßenbaulastträger der B 3 ist etwa Hessen Mobil – welche Maßnahmen umsetzen könnten. Als einen ersten Kompromiss schlug Heitland vor, man könne die Sicherheit der Menschen verbessern, indem die Querungshilfe verbreitert wird. Dann geht es aber um die Frage, ob Lkws den Streckenabschnitt weiter passieren können. Martin Türck geht dieser Vorschlag nicht weit genug, während andere Anwohner darin immerhin schon einen Anfang sehen würden. „Wenn man schon keinen Zebrastreifen umsetzt, könnte man doch wenigsten ein Schild aufstellen, dass auf querende Fußgänger und Radfahrer hinweist“, schlägt eine Frau vor.

Mit ihren Eindrücken, die die Delegation in der Heidelberger Straße gesammelt hatte, ging es nach dem Ortstermin noch zur nichtöffentlichen Nachbesprechung der Angelegenheit gemeinsam mit den Petenten. „Das Verfahren wird auf jeden Fall weiterlaufen“, sicherte Birgit Heitland den Anwohnerinnen und Anwohnern zu. Wahrscheinlich wird der Petitionsausschuss des Landtages in seiner Dezembersitzung noch einmal über geeignete Lösungen und deren Umsetzbarkeit beraten.

Redaktion

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