Bensheim. Seit einigen Jahren stellen die Kunstfreunde Bensheim immer im Februar besonders experimentierfreudige Klassikinterpreten mit entsprechend unkonventionellen Programmen jenseits üblicher Genregrenzen vor.
Nach den Gebrüdern Gerassimez, der Formation Elbtonal Percussion, dem Carion-Ensemble und dem Alliage-Quintett war beim sechsten Konzert der aktuellen Saison im fast ausverkauften Parktheater das 2013 gegründete Janoska-Ensemble zu Gast – bestehend aus drei in Bratislava beheimateten Janoska-Brüdern (Ondrej und Roman an den Geigen, Frantisek am Klavier) sowie ihrem ungarischen Schwager Julius Darvas am Kontrabass.
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Der inzwischen weltweit gefeierte „Janoska Style“ bietet eine einzigartige Verschmelzung von Klassik, Jazz, Pop, Folklore, Salonmusik und höchst individueller Improvisationskunst.
Letztere entspringt langer Familientradition, über die der Pianist und der später zusätzlich als Moderator auftretende Kontrabassist im entspannten Gespräch mit Hans Hachmann bei der bereits sehr gut besuchten Einführung im Eysoldt-Foyer Auskunft gaben.
Satt leuchtender Sound
Große Improvisatoren waren auch jene Komponisten, denen die vier klassisch ausgebildeten Musiker mit ihrem Bensheimer Programm „The Big B’s“ huldigten. Brahms’ 1.
Ungarischer Tanz versammelte gleich zum Auftakt alle charakteristischen Janoska-Qualitäten: elementarer rhythmischer Drive, satt leuchtender Sound, traumwandlerisch sicheres Tempogefühl, untrügliches Ensembleverständnis, dazu immer wieder rauschhaft entfesselte Virtuosität.
Die Musiker
Aparte Piazzolla-Einflüsse verriet Frantisek Janoskas schmiegsame Beethoven-Hommage „Souvenir pour Elise“, in der vor allem Romans feurig jazzende Soli für spektakuläre Momente sorgten.
Rumänische Volkstänze
Vom jüngeren Janoska-Geiger selbst stammte der ebenso lustvoll auf argentinischen Tangopfaden wandelnde und seinem eigenen Sohn gewidmete Reißer „Buenos Dias, Marco“, dessen pianistische Bravourpassagen besonders aufhorchen ließen.
Mit ihrer vor Improvisationslaune nur so sprühenden Version von Bartóks Sechserreihe rumänischer Volkstänze (Klavier-Urfassung 1915) gelang den Gästen dann nichts weniger als eine authentische Rückkehr zu den folkloristischen Wurzeln dieser Musik, bei der lyrische Verzückung und ekstatischer Furor perfekt zusammenfanden. Dass hier endlich auch der famose Kontrabassist sein großes Solo haben durfte, war Ehrensache.
Als herausragend originelles Janoska-Paradestück folgte nach der Pause Frantiseks herrlich buntes Lieblingsthemen-Potpourri „9 Symphonies in 9 Minutes“ mit zündenden Überraschungen wie etwa einer Latin-Fünften, einer Blues-Pastorale oder einer Tango-Achten. Selbst skeptische Beethoven-Puristen dürften da überwältigt gewesen sein.
Dave Brubecks vor allem von Roman und Frantisek Janoska sensationell virtuos zelebrierter Jazzstandard „Blue Rondo a la Turk“ (1959) bündelte schier exemplarisch die unerschöpfliche Live-Inspiration des Ensembles, das seine Konzertdarbietungen im Vergleich zu den jeweiligen Plattenversionen oft deutlich ausweitet.
Euphorisierte Fans im Parktheater
Das krönende Finale gehörte Bachs ebenfalls kongenial adaptiertem d-Moll-Konzert BWV 1043, bei dem man trotz der elektrisierend rasanten Ecksätze als geigerischen Duo-Höhepunkt das wahrhaft seelenvoll ausgeschmückte Largo-Herzstück hervorheben möchte.
Ihre euphorisierten Fans im Parktheater feierten die vier Janoska-Virtuosen mit stehenden Ovationen. Noch einen drauf setzte das Ensemble mit dem pointenreich zugegebenen Monti-Csárdás (als Geburtstagsgruß für Ondrej) und dem vom Auditorium zuletzt lautstark mitgesungenen Beatles-Klassiker „Hey Jude“.
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