Bensheim. Schon über zwei Jahrzehnte ist Oliver Hartmann jetzt mit seiner eigenen Band unterwegs. Da passte es, das aktuelle und elfte Album „Twenty times colder“ zu nennen und damit auf Tour zu gehen. Mit der war der Sänger und Gitarrist das erste Mal im Musiktheater Rex zu Gast. Und konnte mit etwa 200 Fans, die seinen Auftritt kräftig feierten, einen schönen Erfolg verzeichnen.
Unter seinem eigenen Namen kennt man den 55-Jährigen eher weniger. Er hat sich in der Vergangenheit aber einen hervorragenden Ruf im deutschen Rock- und Metal-Bereich durch seine Mitarbeit bei „Avantasia“ von Tobias Sammet und bei der Pink-Floyd-Coverband „Echoes“ erarbeitet. Beides ist Geschichte, jetzt gibt es Hartmann pur. Und wie. Sein schnörkelloser Rock, dazu eingängige, massentaugliche AOR-Songs und gefühlvolle Balladen in der alten Güterhalle machen Laune und kommen bestens an.
Seit über 20 Jahren existiert Hartmanns Band in verschiedensten Konstellationen. Zur aktuellen Besetzung gehören neben ihm auch Gründungsmitglied und Bassist Armin Donderer (ex-Freedom Call, ex-Spencer Davies Group), Schlagzeuger Markus Kullmann (John Diva, Voodoo Circle, ex-Glenn Hughes) und seit 2022 Keyboarder Markus Nanz (Pink-Floyd-Coverband Pulse).
Eine kurze Einleitung, dann wird losgerockt, dass das Musiktheater erbebt. Mit seiner vier Oktaven umfassenden Stimme verleiht der Frontmann zudem den Stücken eine besondere Prägung. Hartmann gibt den Gute-Laune-Typen. Was die Band anpackt, hat Hand und Fuß. Auf den Punkt gespielte Rockstücke, ein paar langsamere Songs eingestreut, fetter Sound, dazu ein paar ausgelassene Soli: Die Fans sind begeistert und sparen nicht mit Applaus für den Rüsselsheimer und seine Truppe.
„Simple Man“ kennt man eigentlich von Mr. Big. Mit dessen Frontmann Eric Martin hat Hartmann den Schmusesong aufgenommen. Der lebt vom zweistimmigen Gesang und bekommt auch den verdienten Applaus. Ein wirklich schönes Lied, wie der Rocker auch immer wieder beweist, dass er die ruhigeren Töne genauso beherrscht wie die Kracher. Eindrucksvolle Stimme, gefühlvolles Solo: Hartmann hat diese Dinger mit Gänsehautfaktor für ein paar verschämte feuchte Augen gut drauf.
Im Vordergrund steht natürlich die neue Scheibe. Gleich fünf Stücke, unter anderem den Titelsong, gibt es davon zu hören. Auch ein Vorgänger „Hand on Wheel“ kommt mit drei Liedern zu seinem Recht. Mit dem war der Musiker noch vor Corona schon mal in der „Live Music Hall“ in Mörlenbach-Weiher zu Gast – damals noch vor deutlich weniger Gästen.
Irgendwie meint man, in den prägenden Gitarrenriffs ein Best-of der Musikszene herauszuhören: Iron Maiden, Judas Priest, Def Leppard oder natürlich Avantasia und Edguy, einmal durch den Wolf gedreht und dann als Hartmann‘sche Variante durch die Boxen gejagt. „I won‘t get fooled again“ oder „The sun‘s still rising“, ein 20 Jahre alter Klassiker, sind weitere Beispiele für sein Songwriter-Talent. „Alive again“ und „Out in the cold“ gehen noch weiter in die Zeit zurück.
Elf Veröffentlichungen mit seiner eigenen Band, dazu natürlich die Zusammenarbeit mit Avantasia, die Vorläuferbands „At Vance“, „Center“ und „Empty Tremor“: Dem Wahl-Haibacher wird es bestimmt nicht langweilig. Mit „Echoes“ hatte er bis vergangenes Jahr noch eine gefeierte Pink-Floyd-Coverband laufen, der jetzt mit „Pulse“ ein eigener Ableger folgte, bei dem alte Kollegen wieder dabei sind. Der Sänger und Gitarrist wirkte schon bei „Rock meets Classic“ mit und ist gerne gesehener Gastsänger sowie Gitarrist bei anderen Größen der Szene.
Nach mehr als zwei Stunden handgemachter Rockmusik gibt‘s zum Schluss eine Verbeugung vor ganz Großen der Rockmusik und die einzigen Coversongs des Abends: „Music“ von John Miles und „The Winner takes it all“ von ABBA. Oft gecovert, liefern Hartmann und Konsorten mitreißende Versionen dieser Klassiker ab.
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