Bensheim. Am Ende wurde das „Wie“ mehr diskutiert als das „Was“: Denn beim offenen Jugendforum im Kolpinghaus ließen sich lediglich drei Gäste blicken. Die dürre Resonanz war eine veritable Enttäuschung für die Veranstalter.
Der CDU-Stadtverband und die Junge Union hatten Bensheimer im Alter zwischen 14 und 21 Jahren eingeladen, um gemeinsam mit Vertretern der Kommunal- und Kreispolitik über die Wünsche und Ideen der jungen Generation zu diskutieren: Was fehlt in der Stadt? Wo könnte man Angebote ausbauen? Wie lässt sich Mitbestimmung organisieren?
„Wir sind an Meinungen interessiert“, so Stadtverbandsvorsitzender Carmelo Torre, der gemeinsam mit Fraktionschef Tobias Heinz und anderen Parteikollegen vor Ort war, um mehr zu erfahren über das, was die örtliche Jugend bewegt, ärgert oder motiviert. Für die Kreis- und Landesebene waren Landrat Christian Engelhardt und die Hessische Abgeordnete Birgit Heitland gekommen.
80 Einladungen verschickt
Nach Angaben der Gastgeber wurden rund 80 Einladungen verschickt – vor allem an Schulen und Institutionen sowie an Jugendabteilungen in Vereinen, Organisationen und Verbänden. Auch über die Öffentlichkeit wurde der Termin kommuniziert. „Die Frage lautet heute auch, wie man die Jugend künftig am besten erreichen kann“, so Tobias Heinz angesichts der Leere im großen Saal des Kolpinghauses.
Henry-Axel Bräuer ist Schulsprecher der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) und war am frühen Montagabend einer der drei Teilnehmer, die dem Aufruf gefolgt waren. Er begrüßte das Angebot grundsätzlich, bezweifelte aber, dass die Einladung einer politischen Partei in seiner Generation für große Aufmerksamkeit sorgt.
Bräuer schlug vor, künftig mit solchen Foren dorthin zu gehen, wo sich die Zielgruppe aufhält. Zum Beispiel direkt an die Schulen. Eine solche aufsuchende Strategie sei sicherlich erfolgreicher. Auch Harry Hegenbarth, der im Kolpinghaus die Idee eines Jugendparks an der Taunusanlage vorstellte, ist überzeugt, dass man damit bessere Erfolgschancen habe. Zudem müsse man sich überlegen, ob man die Kommunikation über viel genutzte Netzkanäle wie via Tik Tok nicht deutlich intensivieren sollte.
Die Landtagsabgeordnete Birgit Heitland regte an, den Dialog mit Jugendlichen über ein Gremium mit Politikern aus mehreren Fraktionen oder Fachausschüssen zu forcieren. Eine parteiexklusive Veranstaltung, das habe der Termin gezeigt, sei trotz bester Absichten offenbar nicht der geeignete Weg.
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„Man muss den Boden bereiten, damit Dinge wachsen können“, sagte Hegenbarth im Kolpinghaus über das Ziel, junge Menschen möglichst früh in Prozesse einzubinden, ihnen Freiräume zu bieten und sie so zur Mitarbeit zu motivieren. Wer als Jugendlicher Gehör finde und ernstgenommen wird, der sei auch als Erwachsener eher bereit, sich für die Gemeinschaft zu engagieren, so der Agenturchef (Showmaker) beim Jugendforum, wo er über das Konzept eines Bewegungsparks für Kinder und Jugendliche auf dem ehemaligen Festplatz informierte. Das Projekt wurde bereits im letzten Jahr in den städtischen Gremien vorgestellt und von der Stadtverordnetenversammlung fraktionsübergreifend per Grundsatzbeschluss begrüßt.
Der Bensheimer möchte – wie bereits berichtet – mit Unterstützung von Sponsoren auf dem Gelände eine Skateranlage sowie einen Basketballcourt und ein kleines Fußballfeld bauen, verbunden mit einem entsprechenden Angebot durch Vereine und die Jugendförderung.
MINT-Zentrum mit außerschulischem Lern- und Forschungsangebot
Das Konzept steckt noch in der Findungsphase und soll in enger Abstimmung mit der Zielgruppe, aber auch mit allen anderen relevanten Akteuren (wie Anliegern) umgesetzt werden. Vereine, Stiftungen und Unternehmen seien angesprochen, einen Beitrag zu leisten, um das Freizeitangebot für die Bensheimer Jugend an einem prominent gelegenen Ort deutlich zu verbessern, so Hegenbarth, der mit einem Aufwand in Höhe von 500 000 bis 800 000 Euro rechnet.
Das Geld soll über eine großangelegte Fundrainsing-Aktion eingesammelt werden. Genaue Zahlen seien aber erst kalkulierbar, wenn das Großprojekt in seine entscheidende Phase geht, für das Areal also eine Baugenehmigung vorliege. Harry Hegenbarth möchte die Stadtgesellschaft zum Mitmachen mobilisieren, für ihn wäre die Umsetzung ein wichtiger Baustein auf dem Weg, Bensheim als Schul- und Vereinsstadt mit einem geschärften Profil zu präsentieren.
Ähnliches schwebt dem Landrat – einen Steinwurf entfernt – im Bildungsbereich vor: Das MINT-Zentrum an der Geschwister-Scholl-Schule, das in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium gebaut wird, soll jungen Menschen ein außerschulisches Lern- und Forschungsangebot bieten und in der Südhessen Maßstäbe setzen.
„Wir möchten das Interesse an Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik wecken und ein wissenschaftliches Exzellenzzentrum schaffen“, so Christian Engelhardt. Trotz seines Standorts ist das Projekt nicht der GSS zugehörig, sondern ein offenes Haus für Schüler und Lehrer aller Schulen. Der Baubeginn ist im Herbst vorgesehen, frühestens Ende 2024 könnten sich die Türen öffnen. Die Idee zum lokalen Bildungslabor kam Engelhardt beim Blick auf die Siegerliste des Wettbewerbs „Jugend forscht“: Teilnehmer eines Schülerforschungszentrums aus Kassel schafften es verhältnismäßig häufig auf die oberen Ränge. Mit dem Bensheimer Zentrum will man nun auch das regionale MINT-Potenzial bei den Kindern und Jugendlichen ausschöpfen.
Weitere Themenangebote im Kolpinghaus drehten sich um das lokale ÖPNV-Netz, Maßnahmen zum Klimaschutz und er aktuellen Netzabdeckung für Mobiltelefone. Einen breiteren Rahmen nahm die repräsentative Online-Befragung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren ein, die in Bensheim im Juli vergangenen Jahres durchgeführt wurde. Per Zufallsstichprobe wurden 500 junge Leute ausgewählt, die 25 Fragen rund um die Themen Freizeitgestaltung und städtische Angebote beantworten und eigene Ideen artikulieren konnten.
Die Rücklaufquote betrug 30 Prozent. Aufgrund der dünnen Beteiligung beim CDU-Jugendforum blieb die Gewichtung der einzelnen Punkte ohne Aussagewert.
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