„Die Besten der Bergstraße“ - Wilhelm Ringelband ließ eine Einrichtung für kranke Männer schaffen

Nicht nur kulturelles, auch ein soziales Erbe

Von 
Eva Bambach-Horst
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Bensheim. Mit dem Vermögen der „Johanna-, Friedrich Wilhelm- und Will-Ringelband-Stiftung“, so Ringelbands letzter Wille, sollte nicht nur ein Theaterpreis zu Ehren Gertrud Eysoldts geschaffen werden, sondern es war damit auch die Verpflichtung verbunden, eine Einrichtung für kranke, benachteiligte Männer zu schaffen.

Aus diesem Anstoß heraus kam es damals zu einem gemeinsamen Projekt der Stadt und der Caritas: Im selben Jahr wie die erste Preisverleihung wurde in Bensheim eine Wohngruppe für psychisch kranke Männer gegründet, als erste Wohngemeinschaft dieser Art im Kreis Bergstraße. Dieses „Ringelbandhaus“ war zunächst in der Hauptstraße 85 angesiedelt. Dort wurde das ehemalige Altersheim des Heilig-Geist-Hospitals mit dem Stiftungsgeld renoviert und umgebaut.

Umzug in die Klostergasse

Nach gut zwei Jahrzehnten zog die Wohngruppe in die Klostergasse und die direkte Nachbarschaft zum Caritaszentrum Franziskushaus um, wo sie sich noch heute befindet. Anders als von Ringelband ausdrücklich verfügt, werden aber längst auch psychisch kranke Frauen in der Wohngemeinschaft aufgenommen.

„Die Gründung dieser Wohngruppe war sozusagen der Startschuss der Gemeindepsychiatrie im Kreis Bergstraße“, betonte der damalige Caritasdirektor Franz-Josef Kiefer die Bedeutung der von Ringelbands Vermächtnis ausgehenden Wirkung aus Anlass des 30. Jubiläums der Einrichtung 2016. Das Konzept des dort verwirklichten Betreuten Wohnens sieht eine möglichst selbstständige Lebensführung der Betroffenen vor, die von einem Angebot der Unterstützung und Begleitung ergänzt wird – mit dem Ziel, schließlich in einer eigenen Wohnung leben zu können.

Das Grab des Vaters

Mit dem etwas sperrigen Namen seines Vermächtnisses – „Johanna-, Friedrich Wilhelm- und Will-Ringelband-Stiftung“ – sicherte Wilhelm Ringelband auch die Erinnerung an die Eltern. Überraschend kam bei den Recherchen zu diesem Artikel und einem Hinweis von Claudia Sosniak vom Stadtarchiv noch eine ganz andere Wilhelm-Ringelband-Geschichte zu Tage: Das Grab des Vaters des Theaterkritikers Wilhelm Ringelband wird noch heute in Gnadau, einem Ortsteil der Stadt Barby in Sachsen-Anhalt gepflegt. Zwar fiel der Oberstleutnant am 14. April 1945 bei Schönebeck. Zuvor aber war er für die Verteidigung von Gnadau zuständig und die Einwohner dort glauben, dass nur seine mutige Entscheidung den Ort vor der Zerstörung bewahrte. Unter Ringelbands Befehl stand die Gnadauer Flugzeugabwehr mit Flak-Stellungen und einer Scheinwerfer-Abteilung. Während der Stationierung hatte er guten Kontakt zur dortigen Bevölkerung. Er sei ein sympathischer Mann gewesen und „mit seinen 53 Jahren kein fanatischer Heißsporn, der den Krieg noch gewinnen wollte“, erinnern sich Zeitzeugen. Angesichts des Vorrückens der amerikanischen Infanterie entschloss sich Wilhelm Ringelband, den Ort aufzugeben.

Wilhelm Ringelband hatte während der Stationierung die Gottesdienste der Herrnhuter Gemeine besucht, die von der nationalsozialistischen Ortsführung missbilligt und schikaniert wurde. Und er äußerte den Wunsch: „Wenn ich falle, möchte ich in Gnadau beigesetzt werden“.

Doch wurde er zunächst in Schönebeck begraben. Erst nach Kriegsende exhumierte man seine Leiche und gab ihm in Gnadau seine letzte Ruhestätte. Weil die Hinterbliebenen im Westen lebten, wollte man die Grabstelle später einebnen. Doch das wurde von einigen Einwohnern verhindert, die das Grab dann über Jahrzehnte pflegten.

Mit der Aufgabe der Stellung in Gnadau handelte der Oberstleutnant Ringelband gegen die nationalsozialistische Forderung nach „Sieg oder Untergang“, die noch in den letzten Kriegstagen verheerende Todesopfer forderte. Ob die Familie Ringelbands im Westen jemals vom heldenhaften Verhalten des Vaters erfahren hat, müssten weitere Recherchen zeigen. Jedenfalls fällt auf, dass in den biografischen Beschreibungen nur erwähnt wird, dass der Vater am 14. April 1945 verstorben sei, nicht einmal der Begriff „gefallen“ wird verwendet, auch wenn der Familie spätestens im Mai 1946 die Sterbeurkunde mit dem entsprechenden Eintrag vorlag. Doch dürfte der frühe Verlust des Vaters das Leben des jungen Wilhelm Ringelband entscheidend geprägt haben.

Freie Autorin Ich bin als freie Redakteurin im Bereich Kultur und Geschichte unterwegs. Nachdem ich einst Kunstgeschichte und Philosophie studiert habe, war ich lang als Bildredakteurin und Autorin im Sachbuchsektor tätig. Derzeit arbeite ich zunehmend in der digitalen Welt, begeistere mich aber nach wie vor für das lokale Kulturleben und schreibe gern darüber. Viel Spaß macht mir auch mein Blog auf dem Portal von Spektrum der Wissenschaft.

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